ISOLATION PROCESS, THE - The Isolation Process
Mehr über Isolation Process, The
- Genre:
- Doom / Alternative
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Version Studio Records
- Release:
- 10.01.2014
- A Simple Gesture
- Visions
- Underneath It All
- Inhale
- Victims Of The Masses
- The Dead End
- Exhale
- It Will Burn
- Nothing To Collect
Die Faszination der Einsamkeit
Und schon wieder eine Band aus Schweden, bei der mir streckenweise die Spucke weg bleibt! Nein, kein Göteborg Death mehr, auch keiner der aktuell so angesagten Vertreter der modernen Death-Thrash-Mixtur. Mit ihrem Debüt "The Isolation Process" sorgt eine blutjunge Formation gleichen Namens Anfang 2014 für ein echtes Schmankerl in Sachen Doom und Alternative Metal.
Unerfahren sind die drei Herren aus Stockholm mitnichten, haben sie in den Jahren zuvor ja schon bei den ähnlich gearteten Formationen LINGUA und COME SLEEP Erfahrung gesammelt. Diese bündeln sie jetzt in ein getragenes Werk musikalischer Trauerarbeit, welches meinerseits allerdings in erster Linie für Freudentränen sorgt. Die Grundrezeptur ist schnell umrissen: Schwergewichtiger Doom mit Indie-Einflüssen Marke PELICAN und KYLESA trifft auf eingängigen, simpel strukturierten Alternative Rock (vor allem die ebenso raue wie einfühlsame Stimme von Sänger und Gitarrist Thomas Henriksson, aber auch die melodischen Gitarrenlicks erinnern verblüffend an die guten alten STAIND). Das klingt auf dem Papier nicht sonderlich spektakulär, und in der Tat ist das musikalische Ergebnis eher schlichter Natur: Fette, verschleppte Grooves und emotionaler, klagend bis wütender Gesang transportieren melancholische Ohrwurmmelodien, teilweise am Rande zur Stoner-Paralysiertheit. Doch dieser gnadenlos drückende Antrieb, diese malmenden Gitarren, diese mitreißenden Refrains, die bei aller Schwermut jedesmal aufs Neue die Sonne aufgehen lassen, all das sorgt, eingebettet in eine druckvolle, großartig ausbalancierte Produktion, für Euphorie und Ergriffenheit. Die DEFTONES zählen im Übrigen zu den wichtigsten musikalischen Einflüssen der drei Skandinavier, und vielleicht sind die atmosphärischen Einflüsse der Kalifornier ja genau dieses zusätzliche Element, das THE ISOLATION PROCESS von vergleichbaren Bands abhebt. Die Strukturen sind nachvollziehbarer als bei den Nu-Metal-Pionieren, doch die Verwendung der Gitarren als atmosphärisches Stilmittel ist beiden Bands gemein.
Schon dem tonnenschweren Opener 'A Simple Gesture' zu widerstehen ist ein Ding der Unmöglichkeit – das 50-Zentner-Riff knallt einem den Schädel immer wieder in SlowMotion gen Erdboden, während sich der ergreifende Gänsehaut-Chorus gnadenlos im Gehörgang festbeißt. Die Rezeptur wird über alle neun Tracks hinweg praktisch beibehalten, das Tempo höchstens in eingeschränktem Maße variiert – hier etwas mehr CROWBAR, dort (zum Beispiel bei 'Visions') mehr STAIND, also etwas gelöster, flotter, knackiger. Die bedrückte Grundstimmung wird zwar durchweg beibehalten, unerklärlicherweise aber ohne dem Hörer damit auf die Nerven zu gehen. Sicher wird "The Isolation Process" nicht zum Partysoundtrack für die Sommersaison 2014 avancieren, aber das ist gewiss auch kein Makel, den man der Band ankreiden müsste.
Wenn ein Ensemble über neun Tracks hinweg mit überschaubarem Abwechslungsgrad ein und dasselbe Schema zelebriert, müssen die einzelnen Songs für sich stark genug sein, um den Hörer nicht bis zur Mitte des Albums schon eingeschläfert zu haben. Und auch wenn THE ISOLATION PROCESS das Rad keineswegs neu erfindet, liefern die Schweden tatsächlich neun durchweg starke Kompositionen ab, die tief unter die Haut gehen, und das Publikum aufwühlen und mitnehmen auf eine faszinierende Reise in die Einsamkeit. Wenn nach einer dreiviertel Stunde das fast zehn minütige 'Nothing To Collect' dieses großartige Debüt verklingen lässt, bleibt der Hörer zurück, in einer eigentümlichen Mischung aus euphorischer Begeisterung und nachdenklicher Ergriffenheit.
Anspieltipps: A Simple Gesture, Victims Of The Masses, Visions
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Timon Krause