JääPORTIT - Uumenissa
Mehr über Jääportit
- Genre:
- Atmospheric Electronic Ambient
- Label:
- FireBox
- Release:
- 11.10.2004
- Tulien Tuli
- Luomaan Lunta
- Maa Pirstaleista
- Ilmaan Kylmään
- Unisena
- Vuoksen
- Huuruportaali
- Pisaroi Puusta Pitkälle
- Vaka Vanha
- Tajuni Uumenta Taa
JÄÄPORTIT ist das Projekt des Künstlers Tuomas M. Mäkelä, der erklärtermaßen am liebsten auf Solopfaden wandelt. Wie unschwer an sämtlichen Bezeichnungen auf der CD zu erkennen ist, handelt es sich um ein Werk aus finnischen Landen, genauer aus Oulu, einer verschlafenen, aber aufgrund der Industrie manchmal nach Scheiße stinkenden Stadt – so sagt jedenfalls der Künstler selbst. Da wäre es eine gute Alternative, mitten im Wald zu wohnen. Da dies aber für Tuomas M. Mäkelä aus verschiedensten Gründen nicht möglich ist, erschafft er Musik, die mitten in die Schönheit der Natur versetzt und den Hörer an den längst vergessenen Quell im Herzen des Waldes entführt. Sofern er sich darauf einlässt ... Immerhin ist die Musik von JÄÄPORTIT nicht unbedingt das, was die Masse hört, sondern wohl eher ein Trip für einzelne Liebhaber, für besondere Menschen eben, die in die verträumten repetativen Soundkathedralen eintauchen wollen.
JÄÄPORTIT bedeutet "Tore aus Eis" und Uumenissa "Unter der Tiefe". Diese Tore des Eises sollen das Portal bilden für den Weg ins Innere des einzelnen Menschen oder einen Weg zu einem stillen Platz in seinen Träumen. Dabei repräsentieren die Tore auch eine Grenzlinie, die zwei Welten erscheinen lässt: einmal unsere normale Welt auf der einen Seite und auf der anderen Seite die Anderswelt, das Unbekannte und Vergessene, das was selbst noch "unter der Tiefe" liegt – eine Welt, die sich nur in Andeutungen beschreiben lässt. Nicht umsonst zählt Tuomas M. Mäkelä die Bilder von Salvadore Dali, die Filme von David Lynch, die Geschichten von H. P. Lovecraft oder Philip K. Dick, alte Mythologien, Träume, die Dinge jenseits des menschlichen Bewusstseins sowie die Sphären von Raum und Zeit zu seinen Einflüssen.
"Uumenissa" ist das erste reguläre Album, dem aber limitierte Veröffentlichungen auf CD-R und Kassette vorangingen. Diese ersten musikalischen Versuche waren noch stark dem harscheren Dark Ambient verpflichtet, der sich aber auf "Uumenissa" zu harmonischeren Klangbildern gewandelt hat. Dark Ambient könnte man die Musik nachwievor nennen, denn die Stimmung der Tracks liegt zumeist im düsteren, traurigen und melancholischen Bereich, wobei sie allerdings auch immer Momente des Fallenlassens und Friedens vermitteln. Es stehen eben weniger kalte Abgründe und dumpf hallende Grüfte im Vordergrund, sondern Naturlandschaften und geheimnisvolle Regionen im Menschen selbst. Insofern siedelt JÄÄPORTIT nicht in der Nähe von beispielsweise LUSTMORD, ENDURA oder den Projekten des Cold-Meat-Industry-Labels, sondern eher bei den spacigen TANGERINE-DREAM-Werken aus den Siebzigern und vor allem dem Altmeister des spirituell-rituellen Ambientsounds, STEVE ROACH. Als Vergleich fallen mir sonst nur noch Künstler ein, deren Scheiben hierzulande leider nicht erhältlich sind und die daher kaum jemand kennen dürfte: - ich meine solche Sachen wie SPACECRAFT, IAN BODDY, ZERO OHMS oder THOM BRENNAN.
Zur Erzeung der Klänge verwendet Tuomas M. Mäkelä in erster Linie elektronische Soundquellen: Synthesizer, Sequenzer, Sampler, Orgel, Piano, Mellotron und eigene Aufnahmen aus unbewohnten Landschaften Finnlands. Gleich der erste Track 'Tulien Tuli' lässt mit seinem mehr als feisten Bass meine Zimmerfenster heftig klirren. Der Bass steht hier wirklich schon hart an der Grenze zum noch Erträglichen, schafft aber damit einen sehr körperlichen Raum, in dem die synthetischen Sounds an- und abschwellen können. Die Sounds sind sehr dicht und eng aneinandergefügt, während einzelne Töne in diesem Teppich aufblitzen und wieder verlöschen. Mal befindet man sich in einem winterlichen, dann wieder in einem sommerlichen Naturpanorama, mal in einem friedvollen Innenraum der Psyche, dann wieder draußen auf einem weiten Feld, während sich die Kuppel eines grandiosen Sternenhimmels über einem wölbt.
Die Stücke kommen gänzlich ohne Rhythmik aus, sondern schweben im freien Raum. Eine Ausnahme bildet nur das abschließende 'Tajuni Uumenta Taa', das einen leichten elekronischen Beat zum Einsatz bringt. Der Track soll damit wahrscheinlich die Rückkehr auf die Erde nach dem sechzigminütigen Trip ins Nirgendwo einleiten. Mit modernen technoiden Chillout-Klängen hat die Musik von JÄÄPORTIT im Übrigen nichts zu tun. Die verwendeten Sounds weisen ganz eindeutig auf ein anderes Klangerbe, das eine wesentlich surrealere und zeitlosere Färbung besitzt. Die Soundmuster sind mystischer und tiefschürfender als beim handelsüblichen Chillout, der ein weniger konzentriertes Zuhören verlangt.
Einzelne Stücke herauszuheben, bringt eigentlich nicht viel bei dieser Art von Musik. Die klingende Schönheit des Albums sollte in ihrer Gesamtheit vom Hörer aufgenommen werden. Trotzdem sei an dieser Stelle besonders 'Vuoksen' mit seinen feinen Orgel- und Mellotronklängen erwähnt, das zur Betrachtung des Sternenhimmels einlädt. Mit dem nachfolgenden 'Huuruportaali' und seinen spacigen Sequenzen lässt sich dann hervorragend in den Weltraum reisen. Schöne harmonische Melodiebögen zaubert 'Maa Pirstaleista', die bei mir die Vorstellung eines tiefen Sees erzeugen, an dessem Ufer eine Gestalt kauert, die in wehmütige Gedanken versunken scheint. Winterliche Stürme fegen in 'Ilmaan Kylmään' über eine schneebedeckte Grotte hinweg. Die Assoziationen zur Musik dürften aber bei vielen Hörern ganz andere sein. Auf jeden Fall eignen sich die Kompositionen hervorragend, um die hellen oder düsteren Grotten der eigenen Psyche zu erforschen.
Für mich stellt dieses Album eine schöne Ergänzung zum vor kurzem erschienenen Meisterwerk "Mystic Sounds & Sacred Spaces" von STEVE ROACH dar. An dessen Klasse reicht JÄÄPORTIT noch nicht ganz heran, aber dieser Vergleich ist auch etwas ungerecht, den ROACH komponiert solche Musik schon einige Jahre länger. Hervorzuheben ist zudem der Mut des finnischen Labels FireBox, neben seinen (meist sehr guten) Metal-Veröffentlichungen ungewöhnliche experimentelle Musik zu unterstützen. Das Digipack wird wohl auch sehr ansprechend gestaltet sein, so dass sich der Kauf dieser mystischen Klänge allemal lohnt.
Anspieltipps: Tulien Tuli, Maa Pirstaleista, Ilmaan Kylmään, Vuoksen, Huuruportaali
- Redakteur:
- Jörg Scholz