JESS AND THE ANCIENT ONES - Second Psychedelic Coming: The Aquarius Tapes
Auch im Soundcheck: Soundcheck 12/2015
Mehr über Jess And The Ancient Ones
- Genre:
- Psychedelic Rock
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Svart (Cargo)
- Release:
- 04.12.2015
- Samhain
- The Flying Man
- In Levitating Secret Dreams
- The Equinox Death Trip
- Wolves Inside My Head
- Crossroad Lightning
Psychedelische Schokoladenfabrik.
Nach dem großartigen selbstbetitelten Debüt vor drei Jahren gab es von JESS AND THE ANCIENT ONES leider nur eine EP und eine Single zu vermelden; die zweite Full Length ließ bis diesen Dezember auf sich warten. Doch wer die Muße besaß, im Dschungel der Retro/Psychedelic-Bands immer wieder Newcomer anzuhören und dann auf solche Juwelen wie eben "Jess And The Ancient Ones" zu stoßen, weiß, dass sich das Warten lohnt. Mit 'Sulfur Giants' hatte das Debüt einen der besten Songs des ganzen Jahres zu bieten, der "Rest" des Albums bewegte sich ebenfalls auf sehr, sehr hohem Niveau.
Dementsprechend waren meine Erwartungen an "Second Psychedelic Coming: The Aquarius Tapes" hoch und es hat kaum den ersten Durchgang gedauert, sie mehr als erfüllt zu sehen. Dabei ist das Material der neuen Scheibe etwas sperriger ausgefallen, die Bandbreite musikalischen Ausdrucks größer und der Mut zu verschiedensten Klängen größer denn je. 'Samhain' ist mit seinem treibenden Groove und unwiderstehlichen Hooks der perfekte Opener, bei dem man schon mit diversen Körperteilen zuckt, ehe man sich mental auf das Album eingestellt hat. Im weiteren Verlauf gibt es dann in jeder Minute Tolles zu entdecken, was in einem Review aber schnell zur Detailanalyse ausarten kann. 66 Minuten markieren eben eine üppige Spielzeit. Umso toller, wenn es wie hier keine Längen oder Füllmaterial zu sichten gibt.
Genau das Gegenteil ist der Fall, wir haben es mit einer Ansammlung von Hits zu tun. Wo der erwähnte Opener ohrwurmig beginnt, stehen dem Granaten wie das furiose 'The Lovers' in nichts nach. Die Gitarre feuert hier an vorderster Front aus allen Hookline-Kanonen, wird aber vom beschwörenden Gesang, dem immer toll orchestrierten Schlagzeug und den dezenten, aber nicht weniger essentiellen Keyboards vervollständigt und bringt in 3:29 Minuten so ziemlich alles unter, was einen Single-Hit im Psychedelic Rock so ausmacht. Dass es aber nicht nur kurz und knackig, sondern auch ausufernden und langsam richtig gut passt, zeigt unter anderem 'Crossroad Lightning'. Das Arrangement der verschiedenen Gesangsstimmen besorgt fast im Alleingang die Atmosphäre, doch je tiefer man sich in die über acht Minuten eingräbt, umso mehr helfen die Facetten der anderen Bandmitglieder bei der Veredelung.
Mit den ersten acht Songs und 44 Minuten würde ich mich jederzeit zufrieden geben, doch der anspruchsvollste Teil des Albums kommt erst noch. 'Goodbye To Virgin Grounds Forever' bringt es auf über 22 Minuten, die jeden Zweifel an einer Platzierung auf dem Jahres-Treppchen ausräumen. Beinahe eine ganze "normale" Songlänge dauert es, ehe aus dem Intro mit nonverbalem Gesang ein verträumter Trip wird, bei dem Querflöte und E-Gitarre sich wie zwei Liebende mal umgarnen, mal dominieren wollen. Eintönigkeit kommt auch in den ausgedehnten Passagen dieses Longtracks nie auf, denn der Song ist mit Verzierungen und Details gespickt, die vor allem das Wort geschmackvoll verdienen. Richtig erfrischend sind dann die immer wieder verlangsamenden, trippigen Einschübe, die vor dem letzten Rock-Finale noch einmal die psychedelische Seite von JESS AND THE ANCIENT ONES mit Schokolade überziehen.
"Second Psychedelic Coming: The Aquarius Tapes" ist eines der vielschichtigsten und interessantesten Alben der ganzen Retro/Psychedelic-Schiene der letzten Jahre und knüpft qualitativ ganz locker an seinen Vorgänger an. Hier stimmt wirklich alles, eine Note in der absoluten Spitzengruppe ist also Pflicht. Dass man dieses Album unbedingt in die eigene Sammlung holen sollte, muss eigentlich nicht noch einmal erwähnt werden, oder?
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Nils Macher