JETHRO TULL - Curious Ruminant
Mehr über Jethro Tull
- Genre:
- Folk Rock
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Inside Out Music / Sony
- Release:
- 07.03.2025
- Puppet And Puppet Master
- Curious Ruminant
- Dunsinane Hill
- The Tipu House
- Savannah Of Paddington Green
- Stygian Hand
- Over Jerusalem
- Drink From The Same Well
- Interim Sleep
Ist das noch JETHRO TULL? Oh ja!
Es ist sicherlich nichts Verkehrtes dabei, dass Ian Anderson das JETHRO TULL-Logo immer noch für seine neuen Releases verwendet, immerhin war er über mehr als 50 Jahre der Chefdenker der britischen Prog-Rock-Legende und hat auch in jüngeren Zeiten den größten Teil des Materials im Alleingang ausgearbeitet. Dass die heutige Besetzung daher auch nicht mehr viel mit dem zu tun hat, was der Kenner sich unter JETHRO TULL vorstellt, ist daher weitestgehend geschenkt, zumal die stilistische Bandbreite nach wie vor auf die beiden Komponenten Prog und Folk spezialisiert ist und die Prioritäten sich hier von Album zu Album immer wieder mal verschoben haben.
Dennoch ist es recht überraschend, wie Anderson und seine Hintermannschaft an ihren dritten Silberling in immerhin vier Jahren herangegangen sind, denn man kann getrost behaupten, dass Folklore auf keinem der letzten Alben so stark im Mittelpunkt gestanden hat wie auf "Curious Ruminant" - und das sicher nicht nur, weil der Mastermind seine Flöte wieder häufiger auspackt. Die neun Songs sind vollgepackt mit abgewandelten Traditionals, mittelalterlich geprägten Balladen, eher relaxten klassischen Fragmenten und nur sehr, sehr selten auch mit rockigen Gitarren. Natürlich ist die Handschrift dennoch unverkennbar, und selbstredend hat man Andersons Stimme auch schon nach der ersten Strophe als die seine ausgemacht, und trotzdem fällt es mir schwer, bei "Curious Ruminant" von einem klassischen TULL-Album zu sprechen, so dass man die Diskussionen doch wieder aufmachen darf, ob man die eher experimentelle Vorgehensweise nicht besser unter dem Solobanner des Frontmanns hätte laufen lassen sollen.
Nach etwas längerem Abwägen komme ich aber zu dem Schluss, dass man hier nicht mehr zerfleischen sollte als zwingend notwendig, denn über die tatsächliche Klasse der Songs sagt die stilistische Ausrichtung rein gar nichts aus. Dass Anderson Folk kann und hier auch eine ewig lange Geschichte mitbringt, spielt Nummern wie 'Puppet And The Puppet Master', 'The Tipu House' und 'Over Jerusalem' zweifellos in die Karten. Hinzu kommt mit dem knapp 17-minütigen 'Drink From The Same Well' einer dieser epochalen Longtracks, wie sie wohl wirklich nur JETHRO TULL mit dieser versteckten Detailfülle einspielen kann. Hier wird dann auch das Instrumentarium noch mal ausgeweitet, um eine Brücke zu frühenren Glanzzeiten zu schlagen und diese einmalige Melange, für die diese Band immer gestanden hat, wieder ans Licht zu bringen. Was ein fantastischer Moment in der nimmer endenden Laufbahn dieser Kapelle, aber eben auch nicht der einzige Anlass, "Curious Ruminant" alsbald lieb zu gewinnen!
Unterm Strich ist nämlich die gesamte Platte eine wunderschöne, harmonische, manchmal gar besinnliche Folk-Story mit zahlreichen Nebenschauplätzen und diesem ganz besonderen Charisma des Aushängeschilds und Flötisten Anderson. JETHRO TULL lebt in vielen varianten, vor allem aber lebt die Band weiter, und das darf sich dank solcher Veröffentlichungen wie "Curious Ruminant" auch nicht ändern. Einfach toll!
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Björn Backes