JORN - Live In America (DVD)
Mehr über Jorn
- Genre:
- Hard Rock / Old School Heavy Metal
- Label:
- Frontiers Records
- Release:
- 23.01.2009
- We Brought The Angels Down
- Blacksong
- Duke Of Love
- Are You Ready
- Cold Sweat
- Drum Solo
- Out To Every Nation
- Guitar Solo
- Straight Through The Heart
- Godless And Wicked
- Soulburn
- Devilbird
- Perfect Strangers
- Gonna Find The Sun
- Whitesnake-Medley
<strong>Nicht nur renommierte Tadler und Nörgler der Kunst haben ein Anrecht darauf das Zepter angrifflustiger Polemik und kritizistischer Empörung zu schwingen, denn dem "Phänomen des Bullshits" auf die Schliche zu kommen, obliegt im Grunde genommen jedermann, der stichfest Salz in offene Wunden zu streuen fähig ist…</strong><br />
"Das ist einfach nur Mist, großer Mist! Weg damit!", sind die Worte eines in Deutschland allseits bekannten Literaturkritikers, der nicht unbedingt jedermanns Sache ist. Marcel Reich-Ranicki. Ein koboldhaft-grotesker, scharfzüngiger und gnadenloser Vernichter schriftstellerischer Arbeiten. Aber irgendwo hat der gute Mann schon Recht. Was scheiße ist, ist einfach nur scheiße. Gerade damit muss ich mich als schwermetallischer Gonzojournalist in besonderem Maße anfreunden, denn wie kann es sein, dass man durch das Anschauen einer DVD an die gesamte Rockkultur als solches zu zweifeln beginnt und fast schon in depressive Zustände gerät? Das kann definitiv nicht mit rechten Dingen zugehen und muss der Öffentlichkeit mitgeteilt werden. "Live In America" von JORN liegt mir vor und ich muss sagen, ich habe mich unendlich gequält die kinematographische Dokumentation dieses billigen, unauthentischen, der Rockmusik im Allgemeinen hohnsprechenden und beleidigenden Klischeepakets anzuschauen…
Sex, Drugs and Rock 'n' Roll… wohl war… aber was ist, wenn diese auf Rebellion, Hedonismus und Lebensfreude konzentrierte Phrase nicht mehr die Luft des Lebens atmet und von Gründern und nachfolgenden Generationen getragen wird (ich spreche von der Quintessenz, von der Radikalität und dem Lebensgefühl und nicht von dauererrigierten, kopflosen Drogenabhängigen oder Alkoholleichen, die drei Akkorde spielen können) sondern eben zu einer bloßen Phrase verkommt und alles nur noch in eine witzlose und inhaltslose Scharade mündet?
Zugegeben, der Herr Jorn Lande hat eine wirklich gute, kraftvolle Stimme. Aber mehr auch nicht. Mehr ist an diesem zwischen der Evokation von Langeweile und Depression befindlichem Live-Desaster nicht zu finden. Ich bedauere es mittlerweile zutiefst mir die Band auf dem Rock Hard Festival 2008 angetan zu haben, denn wäre ich damals klareren Geistes gewesen, so wäre mir die Überflüssigkeit und "Wegwerfbarkeit" dieser Truppe aufs Flagranteste aufgefallen. Ich kann mir beim besten Willen keinen Reim auf diesen professionellen Reduktionismus machen! Rock und Metal: diese beiden sind kein Handwerk, keine bloßen Professionen, wofür man jeweils eine dreijährige Ausbildung macht und danach sein Gesellenstück abliefert! Als ob danach Schluss wäre?!
Für Herrn Jorn Lande anscheinend schon. Das kann doch wirklich nicht wahr sein. Ich glaube nicht im Geringsten die Weisheit Gottes mit dem Löffel gefressen zu haben, doch als einigermaßen feinfühliges und für harte Töne sehr sensibilisiertes Individuum, bleibt mir nichts anderes übrig als die Außenwelt vor diesem Schrott zu bewahren! Konsumenten, lasst die Finger davon! An "Live In America" ist wirklich gar nichts gut. Wenn ihr euch allen Ernstes das Trauerspiel um die Leidenschaftslosigkeit, Passivität und Hoffnungslosigkeit um die Egozentrik eines längst überholten Sängers antun möchtet, bitte!
Es ist ja nicht so, dass die Band ihre Instrumente nicht beherrscht oder gar klägliche und peinliche Fehler zu entdecken sind, aber das Gesamtpaket wirkt einfach so zutiefst gestelzt und energielos, dass man in Scham um seine eigene geliebte Musik versinkt. Das ist nicht mehr lustig. Ehrlich nicht. Egal, ob man das (vielleicht vor dreißig Jahren ergiebige) krampfhaft dargebotene Drum- oder Gitarrensolo, die mehr als stereotypischen, vorhersehbaren und ohne Entschlossenheit oder Inbrunst vorgetragenen Ansagen oder die gekünstelte Gesamtperformance (die scheinbar mit den sophlokischen Theaterstücken der ganz großen Götter und Halbgötter aus über dreißig Jahren Hard-Rock- und Heavy-Metal-Geschichte mithalten will; was soll 'Out To Every Nation' eigentlich? Friede, Freude, Eierkuchen? Hilfe!) nimmt – alles ist mistig. Das ist Bullshit! Selbst das WHITESNAKE-Medley bestehend aus 'Come On', 'Sweet Talker', 'Crying In The Rain', 'Here I Go Again', 'Give Me All Your Love' ist allenfalls allerunterster Durchschnitt. Der Herr Lande ist zwar ohne Einschränkungen im Stande das Original, namentlich den Altmeister David Coverdale zu imitieren, aber der Rest ist bloß gekünsteltes, „scheinrockhaftes Gestammel“... Gleichermaßen tut es mir wiederum Leid den ehrlichen Arbeitsethos von Rockmusikern – der im zunehmenden Maße die archaische Energie abzulösen scheint – angreife, aber hier geht es einfach nicht anders. Tut mir Leid. Irgendwo hört die Augenwischerei auf.
- Redakteur:
- Markus Sievers