KAMPFAR - Heimgang
Mehr über Kampfar
- Genre:
- Pagan Metal
- Label:
- Napalm/SPV
- Release:
- 26.09.2008
- Vantro
- Inferno
- Dødens Vee
- Skogens Dyp
- Antvort
- Vansinn
- Mareham
- Feigdarvarsel
- Vettekult
- Vandring
Klangliches Inferno oder müdes Flackern? Die Entscheidung fällt schwer und die Suche führt nach Norwegen
Während im Sommer ja hauptsächlich fröhlich dreinblickende, Met-gluckernde und Wikinger-besingende Trolle nach Deutschland gekommen sind, schicken sich nun im Herbst wiederum deren große Brüder mit dem ernsten und intensiven Blick an, ihre Fühler in den Süden auszustrecken. Genannt werden die düsteren Krawall-Brüder KAMPFAR. Voller Bösartigkeit und mit tiefster Grimmigkeit wird der seit 1994 beschriebene Weg auch im Jahr 2008 nicht durch Gängiges beeinflusst oder von modern-obligatorischem abgelenkt.
Im Prinzip beginnt "Heimgang" dort, wo "Kvass" 2006 endete. Nahtlos schallen die gewohnten musikalischen Statements der KAMPFAR-Kampftruppen aus den moosbewachsenen Boxen. Dadurch macht sich sofort das wohlige Gefühl des Gewohnten breit. Mit einem hohen Ton beginnt das Reigen, 'Inferno' ist nicht nur Songtitel, sondern auch Programm. Eingängiges Riffing und ein präzise rumpelndes Schlagzeug untermalen die harsche, kalte Düsternis des norwegischen Waldes, kurz bevor er mit einem Puffen in Flammen aufgeht. Insgesamt fällt auf, dass auf dem neuesten Output ein stärkerer Fokus auf folkig-melodiösen Gitarren-Leads liegt. Das schafft einerseits eine interessante Erweiterung des musikalischen Spektrums, wandelt aber auch auf der Grenze zu dudeligen Arrangements ohne Seele. Und so ganz für eine Richtung kann sich das ganze Album nicht entscheiden, es scheint permanent in der Schwebe zu hängen. Vielleicht ändert sich das mit der Zeit, doch nach widerholtem Hören konnte ich mich noch nicht final entscheiden, ob es gefällt oder eher belanglos wirkt.
Ein gleichermaßen sehnsuchtsvolles wie großartiges Riffing, wie man es bei 'Til Siste Mann' auf "Kvass" gefunden hat, das aus dem restlichen Material heraus sticht, fehlt bei "Heimgang". Am ehesten in Sachen Klasse kommt da 'Vettekult' ran, verliert aber im Refrain den Kampf um diese Krone klar. Dass es auf "Heimgang" keinen Übersong gibt, mag aber auch einfach daran liegen, dass das Riffing auf der gesamten Scheibe durchaus auf einem guten Niveau zu gefallen weiß. Das bedeutet auf der Haben-Seite eine grundsolide Gitarrenarbeit, verbucht aber in gleichem Maß das Gefühl der Gleichförmigkeit – irgendwo fehlt es dem Ohr an kleinen Ecken und Kanten, an dem es sich reiben und beißen kann, die aber eben auch zum Harren einladen, um sie zumindest dem Gefühl nach abzuschleifen und begreifbarer machen zu können. Im Gegensatz dazu kommt die Epik und das Majestätische, das man z.B. von 'Ravenheart' kennt und das sowieso schon seit jeher Aushängeschild der Norweger war, immer wieder in den Vordergrund und packt einen beim Hören. Natürlich dürfen auch atmosphärische Songs nicht fehlen: 'Vansinn' glänzt dabei durch eine fast schamvolle Zurückhaltung und ein frech pointiertes Schlagzeug, während das Schlussstück 'Vandring' – durchweg im langsameren Midtempo gehalten – durch eine gewisse Mantrenhaftigkeit bestechen kann.
Und dennoch kann sich bei mir einfach keine Begeisterung für dieses Album einer geschichtsträchtigen Band entfalten. Die Frische und Unbekümmertheit, die man noch auf "Kampfar" oder "Mellon Skogkledde Aaser" finden konnte, weicht in der Gegenwart einer deutlicheren Abgeklärtheit und – man traut es sich fast nicht zu schreiben – Konventionalität. Doch gerade im Angesicht jüngerer Veröffentlichungen wie "Vertebrae" von ENSLAVED oder auch "Wiedergang" von HELFAHRT zwingt sich diese Kritik einfach auf. Denn wo bei den genannten Bands interessante Kompositionen und selbst-dekonstruierende Elemente für eine Veränderung und Innovation im Klanggerüst sorgen, bleiben KAMPFAR schlicht und ergreifend stehen, ganz wie der Fels in der Brandung. Natürlich mag eine gewisse Stagnation nicht unbedingt schlecht sein – siehe SATYRICON – doch zumindest ein paar Stellen, an denen man sich seine Zähne ausbeißen kann, sollte ein Album dann halt doch haben.
Fazit: Fans der KAMPFARen werden der Scheibe auf jeden Fall etwas abgewinnen können. Wahrscheinlich wird sie sogar gefallen, denn das, was die Trolle ausmacht, steckt auch in dem kleinen Silberling drin. Doch lediglich bei einem Blick in die Vergangenheit sollte es nie bleiben: bei aller Wurzel-Liebe sollte auch ein wenig Lust an Neuem und Anderem vorhanden sein. Und die fehlt bei "Heimgang" leider.
Anspieltipps: Inferno, Antvort, Vandring
- Redakteur:
- Julian Rohrer