KAMPFAR - Kvass
Mehr über Kampfar
- Genre:
- Pagan Metal / Black Metal
- Label:
- Napalm Records / SPV
- Release:
- 05.05.2006
- Lyktemenn
- Til Siste Mann
- Ravenheart
- Ildverden
- Hat Og Avind
- Gaman Av Drømmer
Vor sieben Jahren ist eine von Norwegens größten Black-/Viking-Metal-Hoffnungen aus heiterem Himmel im Eis verschollen. Das letzte Lebenszeichen "Fra Underverdenen" war zwar nicht ganz so unumstritten wie der Genre-Meilenstein "Mellom Skogkledde Aaser", aber dennoch anerkanntermaßen ein starkes Stück schwarzen Norwegerstahls. Um so bedauerlicher war das plötzliche Verschwinden und die beängstigende Stille um KAMPFAR, die sich bereits kurz danach ausbreitete.
Doch nun hat das Schweigen ein Ende: Vordenker Dolk ist mit neuer Mannschaft zurück und hat uns in Gestalt von "Kvass" ein Album eingetütet, das klingt als wäre die Truppe nie weg gewesen. Viel mehr noch. Es klingt als schrieben wir das Jahr 1998 und hielten gerade den logischen Nachfolger zum mächtigen Debütalbum in Händen. Wie damals enthält sich die norwegische Band konsequent jeglicher Art von modernen Einflüssen, sondern verbindet in althergebrachter Manier und im traditionellen Soundgewand die klirrende Kälte des frühen Norweger-Stils mit einer überdeutlichen Folk-Schlagseite in Sachen Melodieführung und dem rabenhaften Krächzen von Meister Dolk. Das Waffenarsenal KAMPFARs ist dabei rein metallisch und kommt ohne traditionelle Instrumente aus, doch spürt man in allen Stücken die Präsenz der nordischen Folklore in Atmosphäre und Melodien, sowie in der düsteren Epik, die das Werk von Anfang bis Ende durchzieht. Das verstärken einige wohl dosierte Keyboard-Sounds und Effekte, die aber keineswegs die Dominanz des metallischen Grundgerüstes durchbrechen. Dazu kommt, dass die Band zwar durchaus des Öfteren das Tempo verschärft, aber nie in wirklich unkontrollierte Raserei verfällt. Dennoch sind die sorgsam eingesetzten Wutausbrüche wie etwa bei 'Ildverden' eindrucksvoll und bilden einen sehr schönen Kontrast zu den sich anschließenden melodischeren Sequenzen. Auch ohne wirklich zähe Zeitlupenpassagen ist es in gewisser Weise eine doomige Epik, die den Kompositionen KAMPFARs innewohnt und sie so schroff, eindrucksvoll und majestätisch erscheinen lässt wie die Steilküsten der Fjorde und die Gletscher Jotunheimens. Besonders toll ist das bei 'Til Siste Mann' gelungen.
Die sechs Stücke bringen es auf eine Spielzeit von einer Dreiviertelstunde, und sind somit durchaus als ausladend zu bezeichnen. Trotz dieser epischen Breite wirken Stücke wie der sehr starke Opener 'Lyktemenn' oder der mächtige Zehnminüter 'Ildverden' nicht eintönig. Klar, eine gewisse Perseveration durch wiederkehrende folkloristische oder metallische Motive ist vorhanden, doch unterstreicht diese eher die Mächtigkeit der nordischen Natur, als dass sie gepflegte Langeweile verbreiten würde. Eine Ausnahmeposition nimmt das hymnische 'Ravenheart' ein, handelt es sich dabei doch um den bisher einzigen KAMPFAR-Song in englischer Sprache. Dabei hat er locker das Zeug zu einer der künftigen Pagan-Hymnen zu werden. 'Hat Og Avind' verbindet eindringliche Schwarzkunst mit majestätischen Backing-Chören und einem extrem einprägsamen Hauptriff, während der Rausschmeißer 'Gaman Av Drømmer' etwas verspielter und rockiger rüberkommt, ohne das stilistische Konzept der Band zu sprengen.
Wer den heidnischen Norweger-Sound aus der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrzehnts so sehr vermisst hat wie ich, der wird in "Kvass" genau die Zeitmaschine finden, die er in den letzten paar Jahren so verzweifelt gesucht hat. KAMPFAR sind nach wie vor eine typisch norwegische, aber dabei trotzdem absolut einzigartige Band, die damals zu den Mitbegründern des nordischen Pagan-Sounds gezählt hat und nun genau dort weitermacht, wo sie einst viel zu früh aufgehört hat. Wer früher schon Fan von KAMPFAR war, der weiß was ihn erwartet. Den Nachwuchs-Wikingern unter euch sei gesagt, dass ihr es mit einer sehr eigenständigen Band zu tun habt, die sich eigentlich nicht direkt mit anderen Künstlern vergleichen lässt. Da die Truppe aber so lange weg vom Fenster war, sei euch durch Nennung von Namen wie BATHORY, FALKENBACH und ARCKANUM ein grober Anhaltspunkt gegeben, was euch auf "Kvass" erwartet. Junge wie alte Pagan- und Viking-Metal-Fans dürfen sich derweil auf die eindrucksvolle Rückkehr einer kleinen Legende freuen und seien bei der Gelegenheit auch auf die zeitgleich erscheinenden Re-Releases von "Mellom Skogkledde Aaser" und "Fra Underverdenen" (Letzteres mit Bonustracks von der "Norse"-EP) hingewiesen.
Anspieltipps: Ravenheart, Ildverden, Til Siste Mann
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle