KATATONIA - City Burials
Auch im Soundcheck: Soundcheck 04/2020
Mehr über Katatonia
- Genre:
- Dark / Progressive Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Peaceville
- Release:
- 24.04.2020
- Heart Set To Divide
- Behind The Blood
- Lacquer
- Rein
- The Winter Of Our Passing
- Vanishers
- City Glaciers
- Flicker
- Lachesis
- Neon Epitaph
- Untrodden
Transformation zu einem zeitgemäßen Modern-Prog-Act vollbracht!?<br />
Ich kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass KATATONIAs eine der wenigen Bands ist, die mich schon seit Langem begleitet. Vor allem in der Phase zwischen "Tonight's Decision" (1999) bis "Dead End Kings" (2012) war KATATONIA omnipräsent für mich, tolle Musik, die mich immer wieder sehr berühren konnte. Und danach? Nun, Menschen ändern sich, Bands ändern sich und mein Bezug zu KATATONIA ging ein wenig verloren. Bei KATATONIA setzte eine Entwicklung ein, die ich zuerst als genau richtig empfand, der ich nun aber etwas skeptisch entgegen stehe. Denn KATATONIA wird immer mehr in eine moderne Prog-Band à la TOOL, SOEN oder LEPROUS mit New Artrock-Einschlag transformiert. Im Line-Up ist dabei musikalischer Hochglanz wichtiger als Stabilität. Und so wurde es bei "The Fall Of Hearts" tatsächlich ein Album, das mich zwar anfangs erneut begeistern konnte, zu dem ich aber - trotz Traumnote im Review - langfristig nicht den Draht finden konnte wie zu den Vorgängern. Und "City Burials"?
Nun, erstmal zur Bestandsaufnahme. Natürlich ist auch dieses Album - nach der ersten längeren Pause in der Bandgeschichte - optisch, klanglich und performance-technisch wieder vom Edelsten. Und es lässt sich stark an. 'Heart Set To Divide' wartet mit den wichtigsten KATATONIA-Trademarks auf, nämlich tief liegenden, warmen, die Ohren einkreisenden Riffs und natürlich mit Jonas Renkses einfühlsamer Stimme. Doch wer hätte gedacht, dass KATATONIA jemals mit so komplexen Rhythmen hantieren würde? Und auch was sich da Klanglich alles im Hintergrund tut, ist extrem vielfältig. Es folgt 'Behind The Blood', von dem es heisst, dass die Band hier ihre 80er-Metal-Wurzeln zeigt. Nun, das hätte ich ohne den expliziten Hinweis wohl niemals so aufgefasst, obwohl die Gitarrenriffs hier tatsächlich etwas weniger diffizil ausfallen. Das gesagt, stelle ich fest, dass KATATONIAs Gitarrensounds schon einmal auffälliger ins Szene gesetzt wurden. Es wirkt alles ein wenig zu abgerundet, zu flächig und zu gestutzt. Das ist zwar definitiv Geschmackssache, aber es macht den Zugang für mich etwas schwerer. Zudem bringt KATATONIA nach dem Eröffnungsdoppel ziemlich viele ruhige, auf den ersten Hör eher unscheinbare Tracks, die teils mit dezenten Elektronik-Einsprengseln, teils auch ziemlich räumlich angelegt sind und alles in allem schon sehr "artsy" erscheinen. Doch keiner der Tracks hat solch prägnante Melodien wie damals noch 'The Future Of Speech', 'Lethean' oder 'My Twin'. Ich könnte auch nach zwanzig Durchläufen nicht sagen, was nun der "Hit" des Albums ist.
Und was machen wir jetzt damit? Ich empfehle, "City Burials" unter dem Kopfhörer zu hören. Die Musik aus einer beobachtenden Weise anzugehen. Auf die zahlreichen Details zu achten. Die Sounds wirken zu lassen. Erst dann entfaltet sich KATATONIAs neue Stärke. Das geht zwar nicht mehr so sehr unter die Haut, spricht auch nicht mehr so sehr Seele an, sondern eher den Intellekt, doch ich finde bei KATATONIA schließlich dann doch wieder etwas Besonderes. Und wer weiß, eventuell entzündet sich das große Feuer ja bei Vorlage des fertigen Produkts, mit Booklet, Texten und allem, was für den Rundum-Genuss notwenig ist. Fakt ist aber auch: nach der Transformation zu einem zeitgemäßen Modern-Prog-Act ist KATATONIA-Musik mehr Hörarbeit als je zuvor, und deshalb ist meine Note zum jetzigen Zeitpunkt wirklich das allerhöchste der Gefühle.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Thomas Becker