KILLING JOKE - Pylon
Mehr über Killing Joke
- Genre:
- Industrial Rock / Postpunk / Wave
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Spinefarm Records
- Release:
- 23.10.2015
- Autonomous Zone
- Dawn Of The Hive
- New Cold War
- Euphoria
- New Jerusalem
- War On Freedom
- Big Buzz
- Delete
- I Am The Virus
- Into The Unknown
Mit Verve gegen den Ruhestand!
Im Camp der Briten ist alles im Lot. Das ist die Quintessenz nach mehreren Durchgängen von "Pylon", dem mittlerweile sechzehnten Studioalbum von KILLING JOKE und dem dritten nach der Wiedervereinigung in der alten Besetzung Coleman, Glover, Walker und Ferguson. Niemand, der die Band kennt, wird von ihr erwarten, dass sich stilistisch viel ändert. Zwar waren in der Geschichte der Briten durchaus Unterschiede zu hören, mal hin zu elektronischeren Sounds wie auf "Pandemonium" und dem leider schwächelnden "Democracy", mal wurde heftiger gerockt wie auf dem selbstbetitelten 2003er Werk, aber im Grund blieb und bleibt natürlich der grundlegende Charakter immer bestehen. Das wurzelt in zwei Dingen: da sind zu ersten die rockenden Songs mit den abrundenden Keyboards, wie Stacheldraht in Watte, tanzbar und dunkel, bedrohlich und doch so animierend in die Beine gehend, dass kein Fuß ruhig bleibt. Das andere ist natürlich Jaz Colemans Stimme. Sphärisch, entrückt, unbeteiligt und kalt schwebt sie über den Liedern, mit viel Hall und charakteristischen Effekten. Das ist KILLING JOKE. Das ist einfach großartig.
Auf "Pylon" ist daher zuerst einmal nichts neu, und das ist auch gut so. Mittlerweile möchte ich meine KILLING JOKE so genießen, wie ich auch eine neue Scheibe von MOTÖRHEAD oder AC/DC genieße: pur. Oder in diesem Fall wohl eher dann doch on the rocks, denn die entrückte Atmosphäre der coolen, alten Säue ist wie der Eiswürfel im Rockdrink, nur ist das Klingeln durch Samples ersetzt und das Glas gleißt im Schein der Neonlampen, während die Massen sich orgiastisch im Licht des Stroboskops wiegen. Elektronische Schlaglichter mit Metalattitüde. Ja, das geht. Und wie.
Trotzdem muss ich jetzt versuchen, das Album für die Kenner ein wenig in die Bandhistorie einzuordnen. Ich würde sagen, es ist etwas elektronischer, 'Dawn Of The Hive' erinnert sogar ein wenig an das besagte "Pandemonium", es ist im Gegensatz zum Vorgänger länger, betont auf eine gewisse Monotonie setzend, wo "MMXII" weitgehend direkter auf den Punkt kam. Auf "Pylon" dürfen die Lieder mal wieder länger dauern, und die Größe der Band zeigt sich darin, dass selbst dann keiner der Songs zu lang wirkt. Erwähnenswert ist der KILLING JOKE-trifft-THE CURE-Song 'Big Buzz', der eigentlich genau das richtige Futter für die Tanztempel der Nation wäre. Ich hoffe, die DJs der Republik erkennen das auch. Außerdem muss 'New Jerusalem’ erwähnt werden, jedoch nicht, weil er so herausragt, sondern ausschließlich, weil er den einzigen Ruhepunkt in einem ansonsten sehr schnell gehaltenen Album darstellt, das eine Band aus Mittfünzigern mit einem ungeheuren Drive zeigt.
"Pylon" rockt, "Pylon" beeindruckt, "Pylon" ist unnahbar und entzieht sich der Umarmung, "Pylon" ist ein typisches, starkes Album einer wirklich einzigartigen Band. Sicher nicht ihr insgesamt bestes, sicher kein überraschendes, dafür ist es dann doch zu gleichförmig, aber ebenso sicher ein sehr befriedigendes Album, das bei mir in Dauerrotation läuft und sich ganz langsam in meinem Ansehen in der Diskographie hocharbeitet.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Frank Jaeger