LABYRINTH - 6 Days To Nowhere
Mehr über Labyrinth
- Genre:
- Progressive Metal
- Label:
- Scarlet Records / SPV
- Release:
- 26.02.2007
- Crossroads
- There Is A Way
- Lost
- Mother Earth
- Waiting Tomorrow
- Come Together
- Just One Day
- What???
- Coldness
- Rusty Nail
- Out Of Control
- Wolves'n'Lambs
- Smoke And Dreams
- Piece Of Time (2007)
Auch wenn es dort draußen Leute geben mag, die LABYRINTH immer noch gerne in die Italo-Metal-Klischee-Schublade packen würden: diese Band ist ein einzigartiges Phänomen. Mit dem fantastischen Album "Return To Heaven Denied" (1998) und dem fast ebenbürtigen Nachfolger "Sons Of Thunder" (2001) schoss das Quintett um Gitarrist Andrea Cantarelli, der inzwischen das einzig verbliebene Gründungsmitglied ist, den bombastisch-symphonischen Keyboard-Speed-Metal in neue Dimensionen. Als 2002 Andreas kreativer Partner-In-Crime, Gitarrist Carlo Andrea Magnani, die Band verließ, um in Zukunft mit VISION DIVINE Musik zu machen, hatten viele LABYRINTH bereits vorschnell abgeschrieben. Doch die verbliebenen Irrgärtner dachten nicht ans Aufgeben. Kurzerhand wurden die zugegebenermaßen recht albernen Pseudonyme abgelegt und gerade mal ein Jahr später lag mit "Labyrinth" bereits ein äußerst energisches, kraftvolles und knallhartes Power-Metal-Album vor, das deutlich weniger Bombast-Ballast an Bord hatte. Trotzdem ging der Century-Media-Deal flöten, und LABYRINTH fanden bei Arise Records ein neues Zuhause. Pier Gonella stieß als zweiter Gitarrist zur Band und mit ihm kamen deutlich modernere, dunklere, experimentellere und aggressivere Klangfarben, nachzuhören auf dem sehr intensiven, emotionalen Album "Freeman" (2005). Stellte sich also die Frage, was als Nächstes kommen würde.
Nun, egal, was sich der eine oder andere ausgemalt hat: Ich bin mir sicher, dass so ziemlich alle überrascht sein werden von "6 Days To Nowhere", das dieser Tage bei Scarlet Records erscheint. Die zornige, düstere Schlagseite fehlt dem neuen Album fast völlig. Schöne, betörende und fast schon verträumte Melodien gibt es dafür an allen Ecken und Enden. Dabei klingt der Gesang von Roberto Tiranti einfühlsamer und sanfter als je zuvor. Die Grundgerüste der Songs liegen irgendwo zwischen Melodic-Sounds und viel trockenem Progressive Metal. Oftmals drängt sich einem ganz massiv der Eindruck auf, als hätten LABYRINTH in letzter Zeit ziemlich viel FATES WARNING gehört, vor allem die Alben von "Perfect Symmetry" (1989) bis "Inside Out" (1994). Stilistische Tabus scheint es inzwischen aber gar keine mehr zu geben. Da kann durchaus mal auf einen elegant-raffinierten Prog-Metal-Opener wie 'Crossroads' zunächst eine Melodic-Rock-lastige Nummer wie 'There Is A Way' und dann ein mit keyboardschwangeren Blastbeats versehener, völlig entrückt wirkender Song wie 'Lost' folgen. Eine positive Überraschung ist auch die sehr gelungene Version des BEATLES-Klassikers 'Come Together'.
So stark und vielseitig die erste Hälfte von "6 Days To Nowhere" auch ist, im Verlauf der Platte schleichen sich immer mehr Songs ein, die zwar auch sehr hübsch und professionell gemacht sind, aber irgendwie zu unauffällig und im schlimmsten Falle gar austauschbar wirken. Was mir zum Beispiel 'Rusty Nail' mit seinen ALICE IN CHAINS-artigen Strophen und dem völlig gesichtslosen Chorus sagen soll, habe ich auch nach dem achten Durchlauf noch nicht verstanden. Löbliche Ausnahme ist das ebenso schräge wie schwer geile 'Wolves'n'Lambs', in dem wütend grollende Gitarren auf einen LETHAL/HEIR APPARENT-mäßigen Chorus und einen knackharten, vertrackten Mittelteil treffen. Besonders interessant für Fans der ersten Stunde wird der letzte Song sein, ein Remake von 'Piece Of Time', dem Titeltrack der Debüt-EP aus dem Jahre 1995, das die enorme Entwicklung der Band auch im erwachseneren Soundgewand mehr als deutlich macht.
Insgesamt also wiederum eine interessante Platte aus dem Hause LABYRINTH, allerdings phasenweise ein eher zweifelhaftes Vergnügen, da ein signifikanter Teil des Materials einfach zu introvertiert und halbherzig daher kommt. Zudem ist der Sound ein wenig seltsam geraten: Während das Schlagzeug sehr im Vordergrund steht, könnten die Gitarren ruhig ein wenig lauter sein. Da Cantarelli & Co. natürlich weiterhin großartige Musiker sind, kann man Prog-Metal-Fans und mutigen, scheuklappenfreien Melodic Metallern "6 Day To Nowhere" trotz aller Kritik für eine Probefahrt durchaus ans Herz legen.
- Redakteur:
- Martin van der Laan