LANTERN - Dimensions
Auch im Soundcheck: Soundcheck 07/2020
Mehr über Lantern
- Genre:
- Death Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Dark Descent Records / Soulfood
- Release:
- 10.07.2020
- Strange Nebula
- Beings
- Portraits
- Cauldron Of Souls
- Shrine Of Revelation
- Monolith Abyssal Dimensions
Brachiales Meisterwerk
LANTERN aus Finnland spielt Death Metal und wer sich jetzt fragt, warum ausgerechnet ich das dritte Album "Dimensions" der Truppe rezensiere, hat allen Grund dazu denn Death Metal ist ja nun wirklich nicht mein Lieblingsgenre. Doch bleibt bei mir und ich werde erklären, warum meine Begeisterung für LANTERN und meine sonstige Abneigung gegen weite Teile des Genres zwei Seiten der gleichen Medaille sind. In meinen ungeübten Ohren ist aktueller Death Metal zu einem großen Teil Musik für andere Musiker, die sich darüber freuen können, welch technische Kabinettstückchen die Musiker aufführen und denen zu weiten Teilen der Gesang recht egal ist. Denn allzu viele aktuelle Death-Metal-Sänger klingen in meinen Ohren gleich, man hat Gesangstechniken fürs Growlen entwickelt und damit war dann auch Schlus für Individualisten, die den Genreanfang prägten und schlicht so brachial wie möglich drauflos brüllten. Klar gibt es Ausnahmen, klar gibt es betont alten, muffigen Death Metal junger Bands und letztendlich hat das Genre wie alle anderen auch unzählige Facetten, die man nur als langjähriger Hörer erkennt, das ist mir bewußt, aber ich habe bei wenigen Genres den Eindruck, dass es mir als oberflächlichem Hörer so leicht gemacht wird, eine ganze Spielart abzuurteilen wie hier. Und dann kommt eben eine Band wie LANTERN daher und spielt abwechslungsreiche Musik mit variablem Gesang deren Songs auch für Nicht-Musiker direkt spannend sind und deren Album ich auch nach mehreren Dutzend Hördurchgängen noch immer gerne auflege, weil ich neue Facetten entdecken kann.
Das hatten zuletzt die finnischen Landsmänner von KRYPTS und CONVULSE geschafft, auch Bands, denen es gelingt, innerhalb des Genres bereits beim Erstkontakt herauszustechen und im Gedächtnis zu bleiben. Einzigartigkeit ist ein hohes Gut, aber auch für ausgemachte Nicht-Experten direkt wiedererkennbar zu sein, das schaffen die allerwenigsten und LANTERN gehört dazu. Dabei macht es sich die Band gar nicht mal leicht, die knapp 40 Minuten Spielzeit werden auf nur sechs Stücke verteilt und das Album wird mit dem Siebenminüter 'Strange Nebula' maximal sperrig eröffnet. Doch was gleich auffällt ist der herrliche Sound, der es auch dem wenig erfahrenen Hörer sehr leicht macht, Details herauszuhören, denn hier wurde nichts in der Produktion zugeballert, für extremen Metal klingen alle Instrumente erstaunlich natürlich. Dazu gibt es starke Riffs, herrlich fiese Melodien und ein variables Drumming, das dem ganzen Massaker Struktur gibt. Darüber röhrt Sänger Necrophilos angenehm variabel und in einer Stimmfarbe, die eher an frühen schwedischen Death Metal erinnert, als an neueren Einheitsbrüllbrei.
Wer sich eine weniger bombastische, aufgelockerte Version der letzten SULPHUR AEON-Platte vorstellen kann, erahnt, was LANTERN hier leistet: Songs, die einem Schiff in einem Sturm gleichend hin und her geschleudert werden, ruhige Passagen wie zu Beginn des kurzen 'Portraits', die sofort wieder von einem brachialen Break mit fiesem Riff unterbrochen werden und so ein meisterlicher Spannungsaufbau, der dann im nächsten Abriss namens 'Cauldron Of Souls' mündet. Doch klarer Höhepunkt des Albums ist der knapp viertelstündige Rausschmeißer 'Monolith Abyssal Dimensions', der nochmal alles aufbietet, was LANTERN so großartig macht und "Dimensions" zum bisher besten Death-Metal-Album des Jahres: Ein gelungener Balanceakt zwischen Old School und Moderne, fiese Melodien, effektive und massive Riffs, komplexe Songs, die dennoch eingängig sind und eine Atmosphäre von Bosheit und Gewalttätigkeit, die zu keiner Sekunde künstlich aufgeblasen wirkt. "Dimensions" überrollt dich als Hörer, zieht dich in einen Maelstrom hinab und spuckt dich am Schluss wieder aus, dazwischen gibt es knapp 40 Minuten lang einen Trip durch die Abgründe des Bösen. Ganz großes Kino und wer auch nur ansatzweise etwas mit Death Metal anfangen kann, braucht dieses Album.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Raphael Päbst