LASTING TRACES - You + Me
Mehr über Lasting Traces
- Genre:
- Post Hardcore / Melodic Hardcore
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Redfield Digital
- Release:
- 04.09.2015
- Wildlife
- Dark Matter
- Golden Cage
- Lone Wolf
- Castles In The Sky
- Memento
- Attraction-Affection
- Suffer
- Summer Dress
- Sentenced To Live
Überraschung! Abwechslungsreicher, mitreißender Melodic Hardcore!
LASTING TRACES aus Freiburg genießt zumindest bei einschlägigen Kritikern einen hervorragenden Ruf, spätestens seit die Südbadener mit ihrem Erstling "Old Hearts Break In Isolation" frischen Wind in die tränenreiche Eintönigkeit der melodischen Post-Hardcore-Szene gebracht haben. Und wenn es selbst mir, einem erklärten Verächter von übertriebenem Emo-Rock-Gesäusel, nicht gelingt, auf dem Nachfolgewerk "You + Me" ein Haar in der schmackhaften Suppe unserer Landsleute zu finden, spricht dies im Prinzip schon Bände.
Wie oft habe ich mich schon ausgekotzt über den seit Äonen abgenutzten Wechsel aus nölendem Schreigesang und melodischer Weinerlichkeiten, habe ich die Eindimensionalität der Weiter- bzw. Rückentwicklung des Hardcores kritisiert, die meisten musikalischen Beiträge der entsprechenden Genrevertreter der Belanglosigkeit zugeschrieben. Nun kommt dieser Fünfer aus dem Südwesten Deutschlands daher und bringt mich dazu, entgegen meiner zum reinen Prinzip erstarrten Voreingenommenheit zu "You + Me" zufrieden mit dem Kopf zu nicken, die treibenden Grooves mitzuklopfen, die eingängigen, oftmals süßlichen, aber niemals kitschigen Melodien nachzusummen. "You + Me" ist das Album, das es gebraucht hat, Freunde unmenschlich harter Klänge auf den Boden der menschlichen Tatsachen zurückzubringen. Mit der fetzenden Eröffnung 'Wildlife' und weiteren punkigen Geschwindigkeitsüberschreitungen wie 'Golden Cage' oder 'Attraction-Affection' wird der Köder ausgelegt, mit wunderbar gefühlvollen Melodien, die alle zehn Songs des Albums durchziehen, der Sack zugemacht. Anfangs wehre ich mich noch gegen die Einnahme durch diese hochgradig emotionale Darbietung, murmele etwas in der Art von "okay, jetzt schreit er wieder, danach heult er wieder rum, hatten wir alles schon tausendmal" – aber letztlich kann ich mich der Dynamik, der Eingängigkeit und der erfrischenden Unbefangenheit dieses Fünfers nicht widersetzen. Wo es zahllose andere Post Hardcorler immer wieder schaffen, ihre energieintensiven Darbietungen mit nervigen extrovertierten Selbsttherapien zu verhunzen, macht LASTING TRACES nur eines: nämlich zehn abwechslungsreiche, unwiderstehliche Rockboliden zusammen zu zimmern, mit bärenstarken Hooks und zahlreichen gewitzten Details zu versehen und der Hörerschaft mit Nachdruck und einer entwaffnenden Ehrlichkeit um die Ohren zu hauen. Das was ich textlich heraus höre klingt zudem reif, nachdenklich und tiefschürfend. Die Mischung passt also.
Meine Herren, ich ziehe den Hut vor dieser Leistung. "You + Me" stellt heuer die Referenz eines in meinen Ohren hoffnungslos festgefahrenen Genres dar. Emo-Rock- und Post-Hardcore-Fans dürfen hier locker noch einen fetten Pluspunkt addieren; ich kann mir nicht vorstellen dass es noch etwas vergleichbar Reifes, Frisches, Überzeugendes in dieser Sparte zu hören gibt. Für mich selbst ist "You + Me" jedenfalls stark genug, um meine Vorverurteilung punkiger Emo-/Hardcore-Klänge zu Grabe zu tragen und dieser bislang stark unterrepräsentierten Sparte Platz in meinem Plattenregal zu schaffen.
Anspieltipps: Golden Cage, Sentenced To Live
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Timon Krause