LEMOUCHI & HIS ENEMIES, SELIM - Mens Animus Corpus (EP)
Mehr über Lemouchi & His Enemies, Selim
- Genre:
- Psychedelic
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Ván (Soulfood)
- Release:
- 06.06.2013
- Eschaton
- Thistle
- Your Way Down
Klang-Antikosmos?
Die Schimmelflecken auf dem Leichnam THE DEVIL'S BLOODs zeigen nicht bloß dem forensisch vorgebildeten Musikhörer, dass Selim Lemouchi sich in Zukunft nicht mehr in das musikalische Korsett quetschen mag, das er selbst entworfen hat. Umso gespannter war die Anhängerschaft, was denn wohl als nächstes aus seiner Feder fließen würde. Jetzt haben wir mit "Mens Animus Corpus" endlich eine Antwort. Unter dem Namen SELIM LEMOUCHI & HIS ENEMIES gibt es vorerst eine Three-Track-EP, die in vielerlei Hinsicht äußerst aufschlussreich ist.
Wirft man einen Blick auf das Artwork, erkennt man einen offensichtlich aus dem Wasser emporkommenden nackten Mann. Taufe? Wiedergeburt? Auch der Titel "Mens Animus Corpus" lässt erkennen, dass S.L. weiterhin für sehr spirituelle Musik steht. Selbige kann sich auf dieser EP noch mehr entfalten, als dies bei THE DEVIL'S BLOOD der Fall war. In dieser Hinsicht gibt der Opener 'Eschaton' ein deutliches Statement ab. Eingängige Riffs, doppelläufige Lead-Gitarren oder das pulsierende Flair manch eines TDB-Hits findet man hier nicht. Dafür aber eine spirituelle Psychedelic-Mediation, die jedem Ton viel Raum gibt und gerade deswegen das Potenzial hat, den Hörer in Gefangenschaft zu nehmen. Ob das gleich beim ersten Anhören geschieht, lässt sich wohl nicht pauschalisieren. Bei mir hat es schon seine Zeit gedauert, bis ich mich ganz mit dieser Musik zusammen fallen lassen konnte.
Ist man bereit, sich darauf einzulassen, wächst "Mens Animus Corpus" mehr als zu erwarten war. Der knapp neunminütige Jam wird schließlich von 'Thistle' abgelöst, das bereits seit einer Weile als Appetizer im Internet verfügbar ist. Die Nummer ist zwar noch eine Spur schräger als 'Eschaton', hat mit den treibenden Drums und Vocals (der Opener ist instrumental) jedoch ein paar starke Kontraste zu bieten. Klangästhetisch könnten einige Passagen auch von STEVEN WILSON stammen, wenngleich man bei ihm nicht so schnell das Gefühl bekommt, es mit spiritueller Musik zu tun zu haben. Es ist einfach toll, auf welche unterschiedliche Arten und Weisen hier die gleiche hypnotisierende Stimmung generiert wird, obwohl im Unterschied zu 'Eschaton' oft der Raum fehlt, dieser Song lebt zu großen Teilen von seiner Enge, seinem verklärenden Charakter.
Mit 14 Minuten nimmt der letzte Track 'Your Way Down' etwa die Hälfte der Spielzeit der EP ein und siehe da: Dieser Song schmeckt nach Teufelsblut. Mit allerlei analogen Synthie-Sounds garniert, drückt sich die Nummer gleich mal in die Ecke "schwer verdaulich". Repetitive Muster wie im Black Metal sind ein ganz wesentliches Merkmal, verschleiern oder verpacken sie doch hier die feine Gitarrenarbeit, die während der ersten Minuten immer wieder flüchtig durch Grundrauschen bricht. 'Your Way Down' verlangt ebenfalls nach viel Aufmerksamkeit, da man sich nach dem Hören erst einmal die Knoten aus den Ohren entfernen und das soeben Aufgenommene auseinanderfriemeln muss. Gar keine leichte Aufgabe, ich bin mir aber ziemlich sicher, dass sich der Aufwand lohnt. So nachvollziehbar und strukturiert wie 'Thistle' ist hier zum Schein nichts. Kein Gesang, bloß ein sich über viele viele Minuten aufbäumender Klangreigen, der immer wieder in sich zusammenfällt, ehe er sich erneut aufrichtet.
Nach dieser halben Stunde, die sich zu meiner Freude beliebig oft wiederholen lässt, freue ich mich auf eine richtige LP aus dem Hause Lemouchi. Wenn die musikalische Reise also hierhin führen soll, gerne. "Mens Animus Corpus" klingt in meinen Ohren deutlich durchdachter und mehr gewachsen als "Tabula Rasa...". Dass auch das Label hinter dem wandlungswütigen Selim Lemouchi steht, zeigt, dass es über ein bestimmtes Produkt hinaus existierende Bindungen zu einem Künstler geben kann. Hinsichtlich der Bewertung sowohl der letzten THE DEVIL'S BLOOD-Platte als auch des neugeborenen SELIM LEMOUCHI & HIS ENEMIES darf man gerne streiten, ich halte die Anschaffung dieser EP für deutlich lohnenswerter.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Nils Macher