LORNA SHORE - …And I Return To Nothingness
Mehr über Lorna Shore
- Genre:
- Deathcore / Black Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Century Media
- Release:
- 13.08.2021
- To The Hellfire
- Of The Abyss
- …And I Return To Nothingness
Black Metal 2.0
Manchmal muss man sich eingestehen, dass ein Hype auch durchaus berechtigt sein kann. Oder um es mit einen abgewandelten Stephen-King-Zitat zu sagen: "Ich habe die Zukunft des Black Metals gehört, sie heißt LORNA SHORE".
Denn das was die Jungs aus New Jersey 2021 abfeuern, ist nicht nur ein persönlicher Quantensprung zu ihrem letzten Album "Immortal", sondern ein Versprechen an die Zukunft, welches diese Band realistisch betrachtet gar nicht mehr einlösen kann. Aber beschäftigen wir uns mit dem Hier und Jetzt, und mit der Antwort auf die Frage, warum die drei Göttergaben der neuen EP "…And I Return To Nothingness" dieses Jahr das Maß aller Dinge sind.
Dafür gibt es neben einer Vielzahl von kleinen Stellschrauben, welche jeweils eine phantastische Wirkung erzielen, drei Hauptpunkte, welche ich gerne im Detail aufzeige:
1) Will Ramos kommt direkt aus der Hölle!
Die Tatsache, dass sich die Band kurz vor Veröffentlichung des Vorgängers von ihrem bisherigen Sänger CJ McCreery trennen musste, kann in der Retrospektive nur als Geschenk der Hölle selbst beurteilt werden. Was Will Ramos auf Platte und live (checkt bitte Youtube) abliefert, ist nicht von dieser Welt. Wie ein Schweizer Uhrwerk pendelt er zwischen allen Extremen, welche die harte Musik so zu bieten hat. Mal klingt er wie ein wahnsinniger Psychopath im Blutrausch und manchmal wie eine gequälte Seele kurz vor dem Exitus, nur um in einem Bruchteil einer Sekunde zu einem abartigen Monster zu werden, welches nur die krassesten Alpträume veredelt.
Normalerweise könnte ProSieben die Suche nach TheVoice direkt einstellen. Ich jedenfalls habe meine Stimme des Jahres gefunden. Was für eine Entdeckung!
2) Die perfekte Symbiose aus Tradition und Moderne!
Im Gegensatz zu den Vorgängern klingt die Gruppe aktuell deutlich mehr nach traditionellem Black Metal als jemals zuvor. Die Deathcore-Elemente werden eher partiell eingesetzt und werten die Songs deutlich auf. Diese Breakdowns haben echt das Potential, jemanden aus dem Sessel zu fegen, während das Blastbeat-Inferno alleine schon ein Grund zum Niederknien ist. Hinzu kommt eine Produktion, die deutlich glatter und steriler klingt, als man es aus dem schwarzmetallischen Bereich gewohnt ist. Das wirkt hier aber gar nicht deplatziert, sondern ist genau der Kniff, der diese Platte so herausragend macht.
Es erinnert mich an ein Album was eine ähnliche Herangehensweise hatte, und zwar "Legend" von WITCHCRAFT, welches auch den Classic Rock deutlich moderner präsentierte, als es der Hörer gewohnt war. Durch diesen Klang strahlen auch die symphonischen Elemente deutlich stärker und schaffen es somit bei all dem "Krach" die Melodien passend einzubinden.
3) LORNA SHORE schreibt Hits!
Es kommt tatsächlich nicht so häufig vor, dass im Black-Metal-Bereich mal von Hits gesprochen wird. Meistens wird auf Atmosphäre gesetzt und dadurch ein entsprechender Sog über Albumlänge erzeugt. Ab und zu gibt es aber trotzdem Lieder, welche es schaffen, für sich alleine zu stehen und den Spagat aus Anspruch, Eingängigkeit und Szene-Säulen meistern. Das kommt aber tatsächlich selbst bei den Schwergewichten nicht so häufig vor und würde einem Album in der Regel auch nicht gut tun. Bei LORNA SHORE sind aber alle drei Songs Hits und es funktioniert auch in Summe. Vielleicht liegt das an der Tatsache, dass man mit 'To The Hellfire' und 'Of The Abyss' zwei absolute Knaller in petto hat und mit dem Titeltrack einen absoluten Überhit raushaut. Meiner Meinung nach sprechen wir hier von der Kategorie 'Progenies Of The Great Apocalypse' von DIMMU BORGIR oder 'Malfeitor' von WATAIN. Also das ganz obere Regal.
Der Einstieg ist von der Melodie her absolutes GHOST-Niveau und serviert einen fantastischen Refrain, welcher absoluten Mitsing-Charakter hat. Dass sowas in 99% der Fälle eine Bruchlandung ergeben muss, versteht sich von selbst. Aber hier funktioniert diese Eingängigkeit der Hooks mit dem leichten Trance-Unterbau abnormal. Könnte direkt schon wieder mitsingen:"Bursting into flames..."
Da auch das Cover Artwork überragend ist und den Sound der Platte kongenial widerspiegelt, bin ich geneigt die Höchstnote zu ziehen. Im Endeffekt bleibe ich aber knapp drunter, da es eben dann doch nur knapp 18 Minuten sind, und ich mir den Puffer gerne für das nächste Album zurückhalten möchte. Klar, guter Sex muss auch nicht länger als 18 Minuten gehen, aber bei Musik darf es für mich schon ein wenig länger sein.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Stefan Rosenthal