LUNATIC SOUL - Walking On A Flashlight Beam
Mehr über Lunatic Soul
- Genre:
- Ambient/Electronic/Art/Prog Rock
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Kscope/Edel
- Release:
- 17.10.2014
- Shutting Out The Sun
- Cold
- Gutter
- Stars Sellotaped
- The Fear Within
- Treehouse
- Pygmalion's Ladder
- Sky Drawn In Crayon
- Walking On A Flashlight Beam
Der Cyborg aus Elektronik und Rock erreicht eine neue Evolutionsstufe, Widerstand ist zwecklos!
Sie ist wirklich absolut fantastisch geworden, die neue LUNATIC SOUL! Wer es noch nicht weiß, LUNATIC SOUL ist die zweite Seele von RIVERSIDE-Boss Mariusz Duda, die er seit 2008 ("Lunatic Soul I") auslebt. LUNATIC SOUL fungiert hier als Plattform für meist recht düstere Sound-Experimente, und klang bislang im Vergleich zu RIVERSIDE deutlich ambienter und in sich gekehrter, dabei aber auch immer ein Stück progressiver. Was Duda allerdings auf "Walking On A Flashlight Beam" auf Band zaubert, sprengt die Grenze des bisherigen LUNATIC SOUL-Konzepts und ist - hier lege ich mich fest - das bislang beste LUNATIC SOUL-Album. Und ein weiterer Beweis, dass auch "ruhige" Musik eine gewaltige Sogkraft entfalten kann.
Es geht los mit 'Shutting Out The Sun', und nicht nur wegen des Titels muss ich anfangs an OSIs Opus 'Shutdown' (vom Debüt mit Steven Wilson an den Vocals - zum Review) denken. Wellenrauschen, undefinierbare, nachhallende Sound-Effekte, unheimlich anmutende Vierklänge: Man taucht ein in die dunkle, großräumige Kopfwelt von Mariusz Duda - und fühlt sich erst einsam, verloren im Zwischenraum schwebend, bis nach einigen Minuten eine Song-Struktur zum Vorschein kommt: Akustik-Gitarre und später eine leicht verzerrte, mechanisch klingende Gitarre erscheinen, die Synthies türmen sich auf. Ich erwarte nun einen straighten synthetisch-organischen Drumbeat (so würde ARCHIVE es jetzt machen), doch Duda heisst nicht Griffith-Keeler und steigert den Song anders: Solche komplexen tribal-artigen Rhythmen kennt man in der Tat auch schon von RIVERSIDE. Richtig geil gemacht! Die Stärke von 'Cold' ist dann ein sich unlöslich im Ohr festsetzender Synthie-Loop, der stoisch über sieben Minuten hinweg ausgearbeitet wird. Mariusz' Stimme ist gleichzeitig kalt und doch warm und veredelt das Arrangement, das gegen Ende, wenn die echten Drums einsetzen, wieder ein wenig in Richtung OSI schielt. Bei 'Gutter' wird dann überdeutlich, welches Instrument dem Herrn Duda das Liebste ist: Der Bass! Wo in der ersten Hälfte noch ein art-poppiger Refrain (und was für einer!) regiert, ist die zweite Hälfte eine Sternstunde für die Kombination von Percussion und Bass. Sagte ich was von ruhiger Musik? Das groovt wie Höllensau! Und erscheint durch die verspulte Leadgitarre im Hintergrund dennoch ambient.
Allerlei Klangexperimente stehen dann im Mittelteil des Albums im Vordergrund. Was bei 'Stars Sellopated' und 'The Fear Within' alles passiert, ist mit rockmusikalischem Vokabular kaum zu beschreiben. Aber es ist absolut spannende, detailverliebte elektronische Musik. Einiges hört sich fernöstlich an, doch auch in einem Planetarium könnte diese Musik zur Beschreibung der Geburt eines Sternes gewählt werden. 'Treehouse' ist dagegen eine sehr eingängige, melancholische Pop-Rock-Nummer, die in anderem Klanggewand auch ein RIVERSIDE-Track sein könnte. Keine schlechter Schachzug, einen solchen eher konventionellen Song einzustreuen, um die Hörer wieder zu erden. Aber nur kurzzeitig. Der Zwölfminüter 'Pygmalion's Ladder' ist wieder so ein hypnotischer Track, der sich anfangs sehr viel Zeit lässt und dann immer mehr zu einem Strudel wird.
Der Cyborg aus Elektronik und Rock erreicht eine neue Evolutionsstufe, Widerstand ist zwecklos. Und auch vor den letzten beiden Stücken wird wohl kaum einer, der bis dahin noch nicht assimiliert wurde, davonkommen. Åkerfeldt? Wilson? Duda!!!
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Thomas Becker