MADDER MORTEM - Red In Tooth And Claw
Mehr über Madder Mortem
- Genre:
- Progressive Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Dark Essence / Karisma
- Release:
- 28.10.2016
- Blood On The Sand
- If I Could
- Fallow Season
- Pitfalls
- All The Giants Are Dead
- Returning To The End Of The World
- Parasites
- Stones For Eyes
- The Whole Where Your Heart Belongs
- Underdogs
Musik wie ein neues Leben!
Seit 2002 verfolge ich MADDER MORTEM und schätze die Truppe als eine der eigenständigsten und kreativsten Prog-Metal-Bands. Dabei war Sängerin Agnete stets eine Garantie für große, meist dunkle Emotionen. Doch obwohl ich alle fünf Studioalben ("Mercury", "Deadlands", "All Flesh Is Grass", "Desiderata" und "Eight Ways") als exzellent einstufe, habe ich die Norweger während ihrer sechsjährigen Bandpause doch aus den Augen verloren. Das wird mir nach "Red In Tooth And Claw" aber garantiert nicht mehr passieren, um nichts auf dieser Welt! Denn was dieses Album mit mir anstellt ist vergleichbar zu meinen absoluten Lieblings-Longplayern und hat mich erstmal eine ganze Zeit lang sprachlos gemacht, ja macht es immer noch.
Mit 'Blood On The Sand' bekommt man gleich nach zehn Sekunden MADDER MORTEM pur. Schwere Riffs und Breaks, ungewöhnliche Song-Strukturen und ein gar unerschöpfliches Reservoir an wechselnden Emotionen. Dafür ist natürlich wie immer Agnete Kirkevaag verantwortlich, die von zart bis schrill alles kann. Man ist sofort völlig im Bann der Musik, die sich schnell in einen Rausch spielt und Rausch verursacht. Der verzweifelte Ausruf 'Wait For Me' am Ende des Songs geht so dermaßen in Mark und Bein, dass es einem ganz anders wird im aufkommenden Föhnwind, und wenn Agnete zärtlich die Strophen ansingt, muss ich winseln wie ein neugeborener Welpe, der gerade das Licht der Welt sieht und das erste Mal seine warme Milch saugen darf. Dann kommt dieser wehmütig-romantisch-schöne Refrain, und diese poetischen Lyrics über eine verlorene Freunschaft (oder Liebe)..."seufz". Liebe Agnete, was auch immer Du angestellt hast oder anstellen wirst, mit diesem Song ist alles, aber auch alles vergeben und vergessen. Ein Meisterwerk der Bandgeschichte!
Die Norweger machen nach diesem Höhenflug genau das Richtige und bringen den Hörer mit einem groovigen Metal-Song ('Fallow Season') wieder zurück zur Erde. Doch natürlich ohne auch hier mit eingängigen Melodien zu geizen. Ja, genau, das ist vielleicht das Neue bei "Red In Tooth And Claw". Es sitzt einfach jede Gesangs-Melodie einwandfrei im Ohr, fräst sich ins Hirn, verfolgt gar bis in die Träume und dort in den hintersten Winkel.
'Pitfalls' ist trotz des sperrig-schrägen Anfangs der wohl bislang lockerste, harmonischste und zuversichtlichste Song der Band. Der Refrain erinnert mich entfernt aber entschieden and A-HAs 'Take On Me', doch vielleicht ist diese so wahrgenommene Parallele auch einfach nur die von mir so geliebte norwegische Tonkunst. Ganz wunderbar.
'All Giants Are Dead' beweist, dass MADDER MORTEM auch ein ganz tolles Doom-Album einspielen könnte, doch nur ein Stil ist für diese Band einfach viel zu wenig. 'Returning To The End Of The World' beginnt mit einem rostig-schroffen Metal-Riff und wechselt von diesem immer wieder in softe, jazzige Passagen. Agnete zeigt hier alles was sie kann, von süßlicher Nancy Sinatra bis zur schrillen Metal-Sirene ist alles drin. Courtney Swain kommt mir in den Sinn und MADDER MORTEM als die metallische Ausgabe von BENT KNEE zu bezeichnen, finde ich mit jedem Durchgang logischer. Aber auch NEVERMORE zur Glanzphase Ende der 90iger/Anfang der 00er kommt mir in den Sinn. Agnete jongliert ähnlich intensiv mit Stimmungen wie Meister Warrel Dane und hat oftmals ein ähnlich massives Instrumentarium hinter sich. Und ich wiederhole mich, Agnete trifft heuer immer voll in den Torwinkel. Wenn man jetzt an der Lead-Gitarre noch einen Mann vom Kaliber Jeff Loomis engagieren würde, stünde am Ende des Reviews wohl mit Sicherheit die Zehn.
Dass diese Note aber schon fast erreicht wird, dafür sorgen die beiden letzen Songs. Dazu nochmal zurück zum Stichwort NEVERMORE: Die Amis beherrschten die Königs-Disziplin Ballade wirklich kaiserlich. 'The Sanity Assassin', 'Dreaming Neon Black', 'The Heart Collector' und und und. Und MADDER MORTEMS 'The Whole Where Your Heart Belongs’ deutet nicht nur vom Titel her Tiefgängiges an, nein, der reiht sich schon jetzt für mich unter die ganz großen NEVERMORE-Balladen, musikalisch zart und doch kraftvoll zupackend, dazu an der Seele kratzende Lyrics, und eine leidende Traurigkeit, die jedoch immer wieder von eine unbeschreiblichen Größe überspült wird. Stoff also, der jedes Metaller-Herz zum Pochen bringen sollte.
Wer danach noch nicht am Ende sein sollte, für den hat MADDER MORTEM noch 'Underdogs' parat, und es ist wirklich kaum zu glauben, aber die Krönung des genialen Album ist tatsächlich erst dieser Song. Er erinnert mich von der Rhythums/Bass-Arbeit ein wenig an die RED HOT CHILI PEPPERS, dazu der fluffige Rhythmus und eine Agnete, die am Ende nochmal ihr Allerbestes aus ihren Lungen presst. Nicht eine Sekunde ist hier zuviel, die Energie geht bis in die Fingerkuppen und Agnete singt sich mit dem Schluss-Sermon wahrhaft in den Metal-Himmel. The Music Of The Underdogs... Underdog hin oder her, "Red In Tooth And Claw" ist wie ein neues Leben!
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Thomas Becker