MAGENTA (UK) - The Twenty Seven Club
Mehr über Magenta (UK)
- Genre:
- Progressive Rock
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Tigermoth / Just For Kicks
- Release:
- 20.09.2013
- The Lizard King
- Ladyland Blues
- Pearl
- Stoned
- The Gift
- The Devil At The Crossroads
Eine kleine Geschichtsstunde über den "berühmten" Club 27.
Mein Progressive Rock Highlight 2013 kommt aus Wales. Die Band um Sängerin Christina Booth legt mit "The Twenty Seven Club" zudem ein interessantes "Konzept"-Album vor. Die Songs befassen sich in irgendeiner Form mit jenem "Club", der sämtliche Musiker zusammenfasst, die im jungen Alter von 27 gestorben sind, wie JIMI HENDRIX, JANIS JOPLIN und Co. Im Progressive Rock Genre geht MAGENTA leider immer irgendwie unter. Man spricht von den Großen wie DREAM THEATER (eher Progressive Metal, aber nungut), STEVEN WILSON bzw. PORCUPINE TREE oder mittlerweile auch HAKEN. Besonders letztere Band hat mit dem neuen Album eingeschlagen wie eine Bombe und zieht mittlerweile immer mehr Aufmerksamkeit auf sich. Davon kann MAGENTA nur träumen. Der kleine Kreis loyaler Fans weiß aber, was er an Christina und ihren Jungs so schätzt. Auch wenn sie über die Jahre ihren Stil ein wenig angepasst haben (gut zu hören zum Beispiel auf dem Vorgänger "Chameleon" von 2011), bleibt das Grundgerüst gleich. Außerdem hat MAGENTA etwas, das vielen anderen Progressive-Rock-Bands fehlt: eine Sängerin. Dieser kleine Unterschied macht sich auf sämtlichen Songs und Alben bemerkbar. Sie klingen spürbar sanfter, angenehmer und weniger direkt.
Auf dem Opener 'The Lizard King', der instrumental in der ersten Minute beinahe nach PORCUPINE TREE klingt, haucht Christina fast orientalische Klänge und das Keyboard liefert sich mit der Gitarre ein tolles Duett. Dazu wechselt die Stimmung von bedrohlich zu melancholisch. Wenn Christina sich der ersten Strophe annimmt, nehmen die Instrumente eine untergeordnete Rolle ein, alles wirkt gedimmt und ihre Stimme passt sich wunderbar dem Gesamtgefüge an. In dem 12-minütigen Werk darf die Gitarre immer wieder kleinere Soli spielen und auch gerne mal im Wechsel mit Christina die Hauptrolle übernehmen. Im letzten Drittel schmeißen die Musiker das vorherige Thema weg und gehen in einen ganz anderen Part über, der ermutigend wirkt und ein Stück frecher klingt. Der Titel "Lizard King" bezieht sich im übrigen auf Jim Morrison von den DOORS, der den Spitznamen Lizard King hatte, da er ein Gedicht schrieb, in dem er sich (als fiktionaler Charakter) der Lizard King nennt.
'Ladyland Blues' (weniger Blues, als der Titel vielleicht suggeriert) beginnt schon wesentlich freundlicher als der Opener und dürfte der erste Anspieltipp sein. Überhaupt könnte er interessierten Hörern einen sehr guten Einstieg ermöglichen, die Melodien sind einfacher gehalten und trotzdem verspielt genug. Der Refrain klingt fast nach einem Singer/Songwriter-Ding und der Songtext ist schon irgendwie kitschig ("Love can heal us, Love can hold us"). Aber das ist nicht negativ gemeint, zwischen diesen Parts erarbeiten sich die Instrumente einige tolle Passagen, vertrackt und an den nötigen Stellen mit einer im Vordergrund stehenden Gitarre, die mit der dosiert eingesetzten Hammond Orgel im Wechsel, ein starkes Solo hinlegt. Darauf folgt ein toller Break, der mehrstimmig erklingt und dann von stampfenden Gitarren abgelöst wird. Dieser Teil bricht immer wieder auf und lässt das Keyboard durchscheinen. Ihr merkt schon, der Sound ist vielfältig und die eingesetzten Instrumente zahlreich.
Und so verhält es sich mit dem gesamten Album. Der Sound ist recht ähnlich, die Refrains oftmals sehr einfach, aber immer, wenn man ein Muster erkannt hat, wird dieses aufgebrochen und etwas Neues entsteht. Nicht selten erinnern die Zwischenparts in ihrer improvisierten Art daher an PHISH. Vermutlich sind die Songs so geschrieben, wie sie gespielt wurden, aber das ändert nichts am Eindruck, dass vieles in einer Jamsession aufgenommen worden zu sein scheint. Dazu kommt Christinas gelegentlich melancholisch-trauriger Gesang, der einen in die entsprechende Stimmung reinzieht und dann sanft anstößt, wenn der dunkle Himmel nach und nach verschwindet und man die Sonne am Horizont sehen kann. Doch noch einmal zu den Songtiteln: Der Lizard King bezieht sich, wie weiter oben geschrieben, auf Jim Morrison. 'Ladyland Blues' ist eine Anspielung auf JIMI HENDRIX und sein "Electric Ladyland" Album, 'Pearl' ist ein gleichnamiges Album von JANIS JOPLIN. Den Rest darf sich jeder Hörer oder Fan selbst erarbeiten oder zusammenreimen.
Fazit? MAGENTA hat mit "The Twenty Seven Club" ein tolles Konzept gewählt. Musikalisch erwartet den Hörer eine Melange aus YES, GENESIS zu Zeiten der Gabriel-Ära, PHISH und PORCUPINE TREE. Wem letzteres zu melancholisch ist, sollte auf jeden Fall in MAGENTA reinhören ('Stoned' oder 'Ladyland Blues'!). Christinas Stimme ist ein echter Vorteil, viele Passagen auf dem Album sind einfach wunderschön. Wenn sie dich zu Beginn manchmal in ihre traurige Stimmung mitnimmt, lässt sie deine Hand dennoch nie los und bringt dich bis zum Happy End. Ja, das mag (wie beschrieben) kitschig sein - wir befinden uns aber immer noch weit vom Pop entfernt. Ich denke, der Vergleich mit früheren YES trifft es ganz gut. Die traumhaften Gitarrensoli ('Stoned'!!) könnten auch von PINK FLOYD stammen. Wie dem auch sei: Alle Progressive- und Classic-Rock-Interessierten, die auch nur eine der erwähnten Bands mögen, sollten mindestens ein Ohr riskieren. Die Erstauflage (Special Edition) kommt übrigens im Pappschuber und beinhaltet zusätzlich eine DVD, auf der das ganze Album in einem 5.1 Surround Mix, das Promo Video zu 'The Lizard King' und ein 107 minütiges (!!!) Making Of zu finden sind. Vor allem das Making Of sticht heraus und bietet Interviews und Studioaufnahmen.
Anspieltipps: Ladyland Blues, Stoned, The Gift
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Dennis Hogrefe