MALADIE - The Grand Aversion
Mehr über Maladie
- Genre:
- Avantgarde Black Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Apostasy Records
- Release:
- 16.10.2020
- Obtestatio
- Distentio
- Odium
- Detractatio
- Source Doloris
- Fastidium
- Lux Et Umbra
- Murmur
- Seditio
- Aequamentum
- Corona
- Non Omnis Moriar
- Rex Vulnere
- Anastasis
Puh!
Wenn es eine Band gibt, die mich im extremeren Sektor in den letzten Jahren aufs Tiefste beeindruckt hat, dann waren es die Progressive-Black-/Ambient-Metaller von MALADIE. Auf all ihren Werken, sowohl auf ihren "Symptoms"-EPs als auch auf "Plague Within", "Still" und dem letzten Album "Of Harms And Salvation" hat sich das Sextett um Bandkopf Björn Köppler stets weiterentwickelt, sich selbst neu definiert und die musikalischen wie auch textlichen Grenzen ihrer Kunst selbst ausgekundschaftet. Und genau dort liegt der springende Punkt: Es gibt nicht viele Bands, die ihre Musik derart als Kunst verstehen, wie eben MALADIE. Zugegeben, die Werke sind alles andere als easy listening und beanspruchen ein enorm hohes Maß an Aufmerksamkeit und Mind-Opening. Doch im Kern dieser harten Schale verbergen sich die verschiedensten, auch weicheren Emotionen, enorme Aggressionen auf der einen aber auch verletzliche Sensibilität auf der anderen Seite. Und von diesem MALADIE'schen Erfolgsrezept macht auf "The Grand Aversion" Gebrauch.
Wieder ist ein neues Album der Ludwigshafener anders als man denkt. Chaos, blinde Wut und verzweifelter Zorn in Form von vollkommener, schwarzmetallischer Raserei ist nach wie vor an der Tagesordnung. Hier mal ein wenig Death Metal im mittleren Tempo, abartig kalter Black Metal winkt noch immer diabolisch grinsend dem Zuhörer ins Gesicht, wie im Wahn dringen enorm viele Passagen tief in das Seelenheil und die Psyche, metzeln dort alles nieder, was bei drei nicht auf den Bäumen ist und hinterlassen nichts als Schutt und Asche. Doch dann kommen sie: die harmonischen Momente mit Melodie, Einfühlungsvermögen und hochemotionaler Stärke, die das Pflänzchen, das kurz zuvor erst niedergetrampelt wurde, wiederaufrichten und ihm neues Leben einhauchen. Wehmut und Melancholie schwingt zwar recht elegant mit, doch gerade dieser allzu krasse Kontrast aus lebensbejahenden Sonnenstrahlen und den akustischen Ausgeburten der Hölle machen den Reiz dieses Albums, den Reiz dieser Musik, den Reiz dieser Band aus.
Und so darf es auch nicht verwundern, wenn 'Obtestatio' als Opener gleich mit starken Saxophon-Klängen und orientalischem Touch, 'Odium' und 'Fastidium' voller Epik, Emotionen und Drama, 'Lux Et Umbra' dank Orgel- und 'Source Doloris' mit Ska- sowie 'Corona' mit elektronischen Elementen stark beeindrucken und haften bleiben. Und wer sich den erwähnten Kontrast im Detail geben möchte, sollte zunächst die Vertracktheit in Musica mit 'Detractatio' sowie 'Rex Vulnere' und dazwischen dieses wunderschöne, instrumentale 'Non Omnis Moriar' geben. Denn das, was MALADIE hier veranstaltet, ist große Avantgarde-Kunst. Auch der recht vielseitige Gesang, hier in bewährter Form von Déhá und Alexander, passt hervorragend zu den verschiedensten Facetten dieses Albums, dieser Musik, dieser Band. By the way, das enorm geschmackvolle Artwork rundet als das bis dato beste in der Diskografie der Band dieses Epos gebührend ab.
Ich jedenfalls bin nicht überrascht, dass mich die Platte derart überrascht. Denn – Hand aufs Herz – ich habe nichts anderes von MALADIE erwartet. Zu gut kenne ich nun die Werke dieser Schöpfer. Und trotz der immens sperrigen, komplexen Ausrichtung lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen, hinter diese Fassade, hinter dieser vordergründigen Raserei-Black-Metal-Fratze, um neben all den instrumentalen Überraschungen ein klein wenig Sentimentalität, Emotionalität und Verletzlichkeit in seiner reinsten Form zu spüren. Und nach den letzten Tönen des abschließenden, das bisher Gehörte passend zusammenfassende 'Anastasis'-Brechers muss ich das Album wieder einmal sacken lassen, lege mich mit guttuenden Kopfschmerzen auf die Couch und zitiere einen großen Fußballtrainer mit folgenden Worten: Ich habe fertig!
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Marcel Rapp