MALIGNANCY - ...Discontinued
Mehr über Malignancy
- Genre:
- Brutal Death Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Willowtip Records
- Release:
- 14.06.2024
- Existential Dread
- Binary Paradigm
- Irradiated Miscreation
- Purity Of Purpose
- Ancillary Biorhythms
- Haunted Symmetry
- Decomposing Divinity
- Oppositional Defiance
- Biological Absurdity
Technisch ausgeklügelt bis ins kleinste Detail und dabei noch mächtiger als auf den Vorgängern! Referenzwerk!
Wenn man sich bisher im Death Metal etwas auskennt und auch im Untergrund über die Zeit einige Schätze kennengelernt hat, dürfte einem der Name MALIGNANCY geläufig sein. Für alle anderen kurz ein Überblick: Die 1992 unter dem Namen CARCINOGEN gegründete Band benannte sich im selben Jahr zu MALIGNANCY um und brachte 1999 das Debütalbum "Intrauterine Cannibalism" heraus, das man mit Fug und Recht zu den absoluten Klassikern des brutalen Death Metals zählen kann. An dieser Stelle darf nicht unerwähnt bleiben, dass vor dem Debüt einige Demos veröffentlicht wurden, die 2001 in der kultigen Compilation "Ignorance Is Bliss" zusammengefasst wurden. Acht Jahre nach dem Debüt stand dann der Zweitling "Inhuman Grotesqueries" in den Läden, wobei die Jungs hier sogar noch abgefahrener, sperriger und technischer zu Werke gehen. War "Intrauterine Cannibalism" noch von einem einzigartigen, zwischendurch fast tanzbaren Groove gekennzeichnet, der sich dem Hörer schnell offenbart und ihn so durch das Album führt, zeigt man auf dem Nachfolger, was an technischen Fähigkeiten in jedem einzelnen Mitglied steckt.
Dieser Weg wurde auch auf dem 2012er-Album "Eugenics" fortgesetzt, das die makellose Diskographie der Amerikaner um ein Album reicher machte, während 2019 eine Neueinspielung zu Ehren des 20. Jubiläums des Debüts folgte, die das Material wunderbar in einen zeitgenössischen Sound überträgt. Doch zwischen diesen Albenveröffentlichungen war die Band nicht etwa faul, sondern veröffentlichte daneben auch einige sehr hörenswerte EPs wie "Motivated By Hunger" (2000) oder "Malignant Future" (2016).
Im Jahre 2024 dürfen wir nun das insgesamt vierte Album von MALIGNANCY in den Händen halten, begutachten, mit den Ohren abtasten oder hineintauchen. Das Artwork ist dabei wieder einmal ganz große Klasse geworden, nimmt gekonnt Bezug zum Debüt und bestärkt den insgesamt guten ersten Eindruck, den "...Discontinued" auf den Hörer macht. Musikalisch geht es mit 'Existential Dread' ohne Intro oder Vorwarnung sofort mit einer ganz bestimmten Art des Brutal Death Metals los, die MALIGNANCY wie wenig andere in absoluter Perfektion beherrscht. Es ist eine sehr hektisch-wirkende Art, da die Songs mit gefühlt Tausenden von Breaks und Tempowechseln angefüllt sind, während dies alles in einer Geschwindigkeit passiert, die ungeübte Ohren wohl zunächst verschreckt zurück lassen wird. MALIGNANCY ist allerdings keine Band, die vornehmlich aufgrund ihres hohen Tempos brutal ist, sondern eher dadurch beeindruckt, dass innerhalb der wenigen Minuten eines Songs so viel passiert, dass dies erschlagend wirken kann. Doch bei den Amerikanern findet diese Art von Songwriting nie zum Selbstzweck statt; auch im ersten Song mündet dieses Break-Inferno in ein paar ziemlich starke Groove-Parts, die auch im weiteren Verlauf des Albums einen ersten Anker bieten können.
In der Folge merkt man bei 'Binary Paradigm' und 'Irradiated Miscreation', dass die Band diese Art von Songwriting mit höchster Überzeugung durchzieht, dabei ein großes Maß an Abwechslung an den Tag legt und hier meist nicht einmal richtige Blastbeats braucht, um schnell und brachial zu klingen. Mit 'Purity Of Purpose', das auch als Single im Vorfeld veröffentlicht wurde, hört man dann den ersten waschechten Hit, der sich dank recht epischer Vocal-Hooks und ziemlich prägnanten Riffs als eines der vielen Highlights des Albums herausstellt. Nehmt beim Hören das Textblatt zur Hand! Wenn Bandgründer Danny Nelson den mächtigen Refrain intoniert, dann können gegen diese Genialität zurzeit nur wenige Bands ankommen.
An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass Danny Nelson seine Growls besonders tief und düster akzentuiert, dabei aber die Verständlichkeit nie außen vor lässt. Selbst beim ersten Hören lassen sich hier schon viele Fetzen aufschnappen, was in einem Genre, das oft an unverständlichen, uninspiriert-klingenden Vocals krankt, ein echter Pluspunkt ist. Darauf reißt das Sample zu Beginn von 'Ancillary Biorhythms' einen etwas aus dem Fluss des Albums heraus, gibt aber einen guten Einblick in das Konzept der Lyrics, während der eigentliche Song im Anschluss schnell Fahrt aufnimmt und mit spannenden Melodien und richtig toller Bassarbeit punkten kann. Insgesamt hat der Bass im Sound eine präsente Rolle bekommen und darf hin und wieder anhand von komplexen Läufen zeigen, dass auf "...Discontinued" alles bis ins kleinste Detail durchdacht ist. Lasse Lammert muss an dieser Stelle auch genannt werden, da er der Band einen wunderbaren Sound gezaubert hat, der zwar zeitgemäß ist, aber zu jedem Zeitpunkt die Menschen, die hier die Instrumente eingespielt haben, spürbar macht und jedem einzelnen Protagonisten die richtigen Rollen zuteilt.
Das anschließende 'Haunted Symmetry' ist dann mit Sicherheit eine der eingängigsten Nummern, die sich auf diesem Album findet. Die Gitarrenmelodien ziehen sich sogar über ein paar mehr Takte, sind schneller greifbar, während auch im Bereich der Stimme wieder superbe Hooks kreiert wurden, die einen mitreißen und nicht mehr loslassen. Nachdem auch 'Decomposing Divinity' mit grandiosen, eingängigen Riffs und einem tonnenschweren Groove überzeugen kann, lassen die Jungs in 'Oppositional Defiance' Referenzen an das eigene Debüt aufblitzen. Der jazzig-lässige Groove, der Songs wie 'Rotten Seed' oder 'Internal Corruption' einst zu Untergrund-Klassikern gemacht hat, findet sich hier wieder und dürfte jeden einzelnen Fan in Ekstase versetzen! Als Abschluss wird bei 'Biological Absurdity' ein letztes Mal auf Höchstgeschwindigkeiten gesetzt, die dem Song eine angenehm aggressive Note verleihen, was durch die flinken Riffs nur noch verstärkt wird, womit man auch hier gekonnt an den grandiosen Rausschmeißer 'The Breach' vom Vorgängeralbum erinnert.
Das aktuelle Album von MALIGNANCY ist nichts, was man sich nebenbei mal anmachen sollte, wenn man wirklich vor hat, in die Welten dieser Truppe einzusteigen. Die Art des Death Metals, die hier geboten wird, ist sperrig, hektisch und eben durch und durch brutal. Es bedarf durchaus mehrerer Durch- oder Anläufe, um "...Discontinued" so richtig erfassen zu können. Dass sich dies auf jeden Fall lohnt, lässt sich diesen euphorischen Worten vermutlich entnehmen. Denn auch wenn das gebotene Material zunächst wirr und strukturlos wirkt, so hat es MALIGNANCY im Kern wieder einmal geschäfft, durchdachte Songs zu schreiben, die letztendlich doch mit einer einzigartigen Eingängigkeit mitreißen können und nicht nur mich mit mächtigen Ohrwürmern zurückgelassen haben.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Kenneth Thiessen