MANEGARM - Nattväsen
Auch im Soundcheck: Soundcheck 12/2009
Mehr über Manegarm
- Genre:
- Pagan Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Regain / Soulfood Music
- Release:
- 19.11.2009
- Mina Fäders Hall
- Nattsjäl, Drömsjäl
- Bergagasten
- I Den Svartaste Jord
- Hraesvelg
- Vetrarmegin
- Draugen
- Nattväsen
- Delling
Aus welchen Gründen auch immer sie bisher nicht dort standen, jetzt tun sie es: An der Spitze des Pagan Metal!
Warum MÅNEGARM zum ersten Mal im neuen Jahrtausend keines ihrer typischen Kris-Verwimp-Artworks gewählt haben, das weiß ich nicht, aber ich kann mutmaßen, dass das schlichte, aber sehr symbolträchtige Cover des neuen Albums schlicht und ergreifend noch kraftvoller wirken soll, als die Fantasy- und Mittelalter-Romantik der tollen Bilder der Vorgängeralben. Das neue Cover stellt dem nordischen Drachen-Ornament eine Kombination der Runen Madr (M) und Gebo (G) zur Seite, die nicht nur die Anfangsbuchstaben der beiden Teilwörter des Bandnamens symbolisieren, sondern auch die den Runen zugewiesenen Werte wie Bodenständigkeit und Opferbereitschaft; Stärke und Ausgeglichenheit als Individuum und als Gruppe.
Das heißt, die fünf Schweden geben sich selbstbewusst und zielstrebig, und das zu Recht, denn wenn sie dieser Tage im vierzehnten Jahr ihres Bestehens - wenn man die EP und die Demo-Sammlung mitzählt - bereits ihr achtes Album auf die heidnische Menschheit loslassen, dann können sie mit Stolz auf eine Historie ohne Bauchlandungen zurück blicken. Doch nicht nur das: Was sie mit "Nattväsen" im Gepäck haben, ist ein bärenstarkes Statement, das MÅNEGARM - ein bisschen Gerechtigkeit voraus gesetzt - in der Pagan-Szene ganz nach vorne bringen sollte.
Nach einem kurzen Intro a cappella mit leichtem Joik-Anklang geht das Album mit 'Mina Fäders Hall' gleich richtig in die Vollen: Die Gitarren braten mächtig und scharfkantig, die Melodien sind flott und natürlich recht folkloristisch, umschiffen aber selbst im ausgedehnten Mittelstück mit Maultrommeln und Geigen gekonnt die Klippen des flachen Schunkelsounds vieler Genrekollegen. Die Sehnsucht des sterbenden alten Mannes nach der goldenen Halle der Väter ist eine mitreißende Kombination aus grimmigem Black Metal eingedenk der geschlagenen Schlachten und erhaben-triumphalen Passagen, die im Inneren das Bild von den sich öffnenden Pforten zeichnen.
Auch das folgende 'Nattsjäl, Drömsjäl' zeigt auf, warum es aus meiner Sicht sehr verwunderlich ist, dass die Schweden nicht noch bekannter sind. Was sie nun im fünfzehnten Jahr zelebrieren ist eine wirklich originelle Mixtur aus Elementen des paganen Black Metals, der schwedischen Folklore, des ebenfalls typisch schwedischen Vikingarock-Genres und traditioneller Metalklänge. So haben wir bei dieser Hymne an die bleiche Königen der Alpträume Riffs der Marke RUNNING WILD, tanzbare Leads aus dem nordischen Folk und Shouts und Grooves, die auch bei Fans von ULTIMA THULE und MIDGARDS SÖNER gut ankommen sollten.
'I Den Svarteste Jord' verbindet die schwedischen Violinen-Melodien Janne Liljekvists mit thrashigen Riffs und einer mitreißenden Dynamik, während ein gewisser "Orgasmatron"-Drive, wie man ihn von SATYRICONs Black'n'Roll kennt, den Hörer auch beim großartigen Smasher 'Bergagasten' unwillkürlich zum Headbangen zwingt. Hier zeigt sich auch schön die passende Kombination der garstig keifenden Black-Metal-Vocals und des recht tiefen, natürlichen Klargesangs, der einen gewissen Hang zum Grölen nicht verhehlen kann, aber trotzdem seine Wirkung nicht verfehlt. Wer, wie ein werter Kollege, an Kevin Russell oder das Letzte Einhorn denken muss, der liegt in einigen seltenen Passagen nicht ganz falsch, aber ich finde es trotzdem toll, was Erik Grawsjö hier aus seinen Stimmbändern holt.
Der Siebenminüter 'I Den Svarteste Jord' lebt von den ausgedehnten Violinen-Arrangements, den flotten Leadmelodien und dem Klargesang, der hier eine durchaus traditionell-metallische Note hat. Eiskalt und geheimnisvoll wie der hohe Norden, in welchem der riesenhafte Adler mit seinen Schwingen den Nordwind anfacht, ist das ihm gewidmete kurze Instrumental 'Hraesvelg', das den folgenden, epischsten Moment des Albums nicht hätte besser einleiten können: 'Vetrarmegin' entfacht den Blizzard und erweckt den melodischen Black Metal der Mittneunziger zum Leben, indem er MÅNEGARMs ureigenen Stil mit dramatischem, geradlinigem Black/Viking-Sound der Marke KAMPFAR oder frühe ENSLAVED verbindet.
Das abschließend Trio mit der garstigen Seegeist-Hymne 'Draugen', dem hymnischen Titelstück, bei welchem Janne auch mal zur Flöte greifen darf, und dem von der Hoffnung auf einen neue Zeit kündenden Abschluss mit dem akustisch dominierten 'Delling' lässt keinerlei Verschleißerscheinungen erkennen und präsentiert MÅNEGARM, fast beängstigend stark, so dass ich nicht umhin kann, die Scheibe wirklich jedem Pagan-Metal-Fan ans Herz zu legen. Mir war bereits beim ersten Hören der Scheibe klar, dass ich sofort auch sämtliche bestehenden Lücken im Backprogramm der Band zu schließen habe, und das passiert mir heute nicht mehr allzu oft. Seither ist "Nattväsen" noch um ein Vielfaches gewachsen, so dass ihr meines Erachtens nichts falsch machen könnt, wenn ihr hier zugreift und mit den Wölfen heult!
Anspieltipps: Vetrarmegin, Mina Fäders Hall, Bergagasten
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle