MANIMALISM - Manimalism
Mehr über Manimalism
- Genre:
- Avantgarde Black Prog
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Adversum
- Release:
- 17.11.2014
- Demons In Tuxedos
- Carnal Catering Service
- The Gentleman Is In The Details
- Romance
- The Dandified And The Devilish
- The Crooner
- The Cocktail Party To End Them All
Rausgeputzte Teufel, lachende Gespenster und Messer im Rücken: norwegische Groteske im Stile von VED BUENS ENDE.
Mitte der Neunziger gab es Musik in Norwegen, die sogar für die damals vor allem abseits des Mainstreams boomende Black-Metal-Szene zu bizarr war. Ein Beispiel hierfür ist VED BUENS ENDE, die ich selbst erst sehr viel später kennenlernen durfte, und das nur dank findiger Powermetal.de-Forenbewohner. "Written In Waters" ist bei mir eingeschlagen wie eine Bombe und hat sogar in Stein und Eisen gemeisselte Neunziger-Bestenlisten durcheinander gewürfelt.
Kim Sølve ist auch einer dieser Musiker, für die die Zeit damals einfach noch nicht reif war. Als TAARENES VAAR veröffentlichte er 1996 und 1997 zwei Demos, die aber zu keiner überregionalen Bekanntheit gelangten. Tja, jetzt, anno 2014 ist norwegischer Black Metal kein Schocker mehr, seine Protagonisten feste Bestandteile der Gesamt-Szene und nur einige Unverbesserliche müssen bei den bösen Buben noch den Moralfinger heben. Zeit für den Musik-Liebhaber und Schätze-Sucher also, die letzten verbleibenden Absurditäten aus dieser Ära zu entdecken. Zeit für MANIMALISM und eine Neuauflage der alten Demos plus zusätzlichem Material aus der Folgezeit. Und würde ich VED BUENS ENDE nicht schon kennen, wäre meine Faszination für diese verquere Klangmalerei noch größer. So ist es "nur" ein hocherfreutes "herrlich, dass es so etwas wieder gibt"-Gefühl.
MANIMALISM ist kein Black Metal wie man sich diesen so denkt. Der Gesang ist clean aber bizarr und eigentümlich. Die Gitarren spielen schwarze Akkorde, klingen aber zugleich wärmer und schrulliger. Und die Rhythmen sind hochkomplex, ohne technisch oder gar proggy zu wirken. Black Metal ist MANIMALISM dann aber doch wieder, und zwar weil die Musik in aller Hinsicht kompromisslos dargeboten wird. Das nach Harmonie strebende Ohr wird an allen Ecken und Enden mit kleinen, spitzen Dissonanzen gepiesackt, kaum hat man sich mal an eine Song-Substruktur gewöhnt, wird diese auch schon wieder aufgelöst, aber niemals erleichternd, sondern immer in Richtung noch grösserer Anspannung. Dabei ist das Ganze so herrlich sperrig, skurril und grotesk, das ich komischer Mensch ein Dauergrinsen im Gesicht habe.
Denn das eigentlich Tolle an MANIMALISM ist: man schafft es, zwischen den Tönen eine faszinierende, wahnsinnig dichte und dabei wohlig-schaurige Atmosphäre aufzubauen. Der Gesang, nein, sogar die ganze Musik wirkt wie ein Gespenst, das sich vor sich selbst erschreckt, wenn es sich im Spiegel entdeckt und daraufhin in Gelächter ausbricht. Lachen? Ja, genau, diese Musik hat sogar Humor, so unvorstellbar das bei der Beschreibung auch klingen mag.
Vielleicht kann man die Musik ja besser anhand der Song-Titel beschreiben. 'Carnal Catering Service'? Sehr gerne, aber Achtung, das Essen lebt noch! 'The Gentleman Is In The Details'? Ja, Kopfhörer auf, Ohren gespitzt und ihr werdet viele winzige aber delikate Details finden. 'The Dandyfied And The Devilish'? Jahaaa, und wie: MANIMALISM putzt den Teufel heraus! Nie war er charmanter und dennoch nie unverkennbarer der Teufel. Eine 'Romance' mit ihm gefällig? Ja, immer doch, aber hier empfehle ich extreme Vorsicht. Er kann sich als verführerischer 'Crooner' (das ist ein Begriff für einen Sänger, der seine Kunst oft besonders sentimental und emotional darbietet) zeigen, doch im Moment der grössten Ergriffenheit hast Du das Messer im Rücken. Da lacht das Gespenst dann wieder, diesmal aber über Dich! Und dann das finale 'The Cocktail Party To End Them All'? Tja, so langsam solltet ihr verstehen, warum auch dieser Titel wie Faust aufs Auge passt.
"Manimalism" ist ein wundervolles Album für Liebhaber "kaputter" Musik, ein Ohrenschmaus für Spezialisten, eine fordernde und sehr erfüllende Beschäftigung für Leute, denen Individualität wichtiger ist als Wohlklang. Und für Fans von VED BUENS ENDE. Ein Schmuckstück!
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Thomas Becker