MARTYRION - Our Dystopia
Mehr über Martyrion
- Genre:
- Melodic Death Metal
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Boersma Records
- Release:
- 26.08.2016
- Our Dystopia
- I In The End
- Genozenith
- The Calm After The Storm
- What We Leave Behind
- We Are Only Human
- From Reality Into Fear
- The End Of Eternity
- The Uncertain Future Dies Every Day
- When The World Watches
- No Fear No Obedience
- The Storm
- With My Eyes Unaffected (Orchestral Version)
Herkulesaufgabe.
Das Siechtum des melodischen Todesstahls wird dermaßen häufig von uninspirierten Göteborg-Klonen befeuert, dass es mittlerweile schwer fällt, Nachwuchsbands aus dem Melodic-Death-Bereich noch ernst zu nehmen. Es sei daher vorweg gesagt, dass MARTYRION aus Köln beileibe nicht zu den Totengräbern eines sterbenden Genres gehört. Mit "Our Dystopia" bringt der westdeutsche Fünfer vielmehr ein leidenschaftliches Zweitwerk an den Start, das hier und dort allerdings noch mehr Feinschliff und weniger Anlehnung an die schwedischen Vorbilder vertragen hätte.
Mich erinnern die komplexen Songkonstrukte auf "Our Dystopia" sowohl an klassisches Göteborg-Futter wie alte IN FLAMES oder DARK TRANQUILITY, aber auch besonders an die Death-Progger von IN MOURNING - einfach, weil neben den singenden Gitarren besonders die düstere Atmosphäre und ein steter Wechsel aus aggressiven Riffattacken und besinnlichen Interludes im Vordergrund stehen und die Band bewusst auf schmeichlerische Eingängigkeit verzichtet. So darf 'I In The End' das Album mit schneidendem Stahlsaitengeriffe eröffnen, Schreihals David mit einer beißenden, vielleicht etwas zu deutlich an die Skandinavienschiene erinnernden Vokalperformance das raue Feld bestellen, während treibende Rhythmen und sphärische Akustikgitarrenklänge für die ebenso aggressive wie nachdenkliche Stimmung sorgen.
Die Komplexität der dreizehn Tracks sei positiv hervorgehoben, wobei die Eigenproduktion "Our Dystopia" durch die Hilfestellung eines externen Produzenten sicherlich noch stärker ausgefallen wäre. Vieles, was die Kölner anpacken, wirkt noch nicht ganz ausgefeilt; gelegentlich fehlt der Fokus, in welche Richtung die Reise mit MARTYRION gehen könnte. Auch nach mehreren Durchläufen bleibt bei mir eigentlich nur 'The End Of Eternity' hängen - weil dieses Stück die richtige Balance findet, weil David am Mic facettenreich agiert, weil der Song schlicht und ergreifend auf den vielzitierten Punkt kommt.
Auf der Habenseite stehen bei MARTYRION neben intelligenten Kompositionen und der wunderschönen Melodieführung auch das inhaltliche Konzept: Textlich dreht sich alles um die Zeit nach der Apokalypse im Jahr 2153. Live kleidet man sich in martialische Schlachtenuniformen und liefert einen stimmigen Brückenschlag zwischen visueller Inszenierung und zerstörerisch-melancholischen Klängen ab. "Our Dystopia" bleibt davon unbenommen eine etwas zwiespältige Angelegenheit, mit vielen guten Ansätzen, aber Verbesserungspotential in der Ausführung. Im Melodic-Death-Sektor Fuß zu fassen, ist und bleibt über ein Jahrzehnt nach der Blütezeit des Genres eine Herkulesaufgabe.
Anspieltipps: The End Of Eternity, We Are Only Human
- Note:
- 6.50
- Redakteur:
- Timon Krause