MASTER'S HAMMER - Formulae
Auch im Soundcheck: Soundcheck 12/2016
Mehr über Master's Hammer
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Jihosound Records
- Release:
- 30.05.2016
- Den Nicoty
- Maso Z Kosmu
- Votava
- Shy Gecko
- Arachnid
- Všem Jebne
- Biologické Hodiny
- Phenakistoscope
- DMT
- Podburka
- Durga Chce Pít
- Rurální Dobro
- Ukolébavka
- Aya
Die tschechischen Altmeister agieren weiter genialst fernab jeder Vernunft.
Unser großer Häuptling Peter mag ja so gar nicht verstehen, warum ein solcher wie meinereiner so ganz besonders auf MASTER'S HAMMER abfährt, macht Cheffe auf dem Scheiblein der altschwarzen Tschechenbande doch gar garstige, ihm unglaublich unerträglich anmutende Urstände aus, nebst extravaganter Elemente in all ihrer klabauternder Klangmonstrosität, die mich normalerweise aus dem Zimmer jagen sollten. Ein Stück weit kann ich ihn verstehen, denn üblicherweise stehen weder elektronische Beats, noch Drumloops; weder schräge Synthabfahrten noch sonstige Passagen auf meinem Speiseplan, die weit in den Techno-Bereich abgleiten. Doch des Meisters Nageltreiber bringt den Crossover auf ein ganz neues Niveau. Die Band spielt weniger Musik als vielmehr ein krudes, kreatives und komisches Kammertheater voller verstörender Ideen und finstrer Formeln.
Gibt sich das stoisch hämmernde 'Den Nicoty' zum Einstieg noch recht schwarzmetallisch geprägt und nahe an den Vorgängeralben, durchaus auch dem TORMENTOR-Fan mundend, da geht im Anschluss die Achterbahnfahrt erst richtig los. Als roter Faden dient vor allem die unnachahmlich knurrende, tiefe Stimme Franta Štorms, die stets eindringlich und (so man denn Tschechisch spräche) auch verständlich artikuliert in allerlei Klangkunst eingebettet wird, und in jedem Kontext die bizarre, aber in sich absolut stimmige Atmosphäre trägt. So kommt 'Maso Z Kosmu' mit schwer mantrisch riffenden Gitarren und einem rituellen, tanzbaren EBM-Groove aus den Boxen, während 'Votava' gar in sehr elektronischen Drum'n'Bass-Gefilden wildert und mit hell klingendem Glockenspiel sowie voluminösen Hörnern verstörende Kontrapunkte setzt. Wo mit 'Shy Gecko' eines der zahlreichen Highlights mit einem verschleppten, marternden Hauptriff, Captain-Future-Synths und abgedrehten weiblichen Vocals im Refrain ankommt, da fährt 'Arachnid' wieder die volle, wabernde Drum'n'Bass-Kante. Perkussiv, tribal-artig, lyrikfrei und bassig gibt sich 'Phenakistoscope', und 'DMT' liefert des Meisters Zauberlehrlingen weitere Feinkost mit einschmeichelnden Hooks, während beim ebenso grandiosen 'Podburka' auch mal wieder Super Mario den Nintendo MIDI-Sound beisteuern darf.
Hin und wieder - na ja, ehrlicher Weise könnte man auch sagen "sehr oft" - schrammt die Schleuder knapp an Monty Python vorbei, wenn aus dem Nichts irgendwo her groteske Chöre, Pianoparts, Xylophon- und Saxophon-Passagen ('Biologické Hodiny'), Slideguitar-Intermezzi, Ghostbusters-Sounds oder debile Vokaleinlagen herkommen, die das mantrische Industrial-Metal-Geriffe auflockern; doch nach einigen Durchläufen wirkt das alles schlüssig und überzeugend. Gut, zumindest wirkt es schlüssig, wenn man vom selben Dichtermet trank und von der selben Muse geküsst sich wähnt, wie Franta, Necrocock und Honza - gerade auch, weil weder der Metal im Allgemeinen noch der Black Metal an sich, komplett über Bord gehen; die Band weiß, wo sie her kommt, und in Momenten wie den Blasts bei 'Jazyky' oder beim nach dem Opener zweiten eher klassisch schwarzdoomig orientierten Stück 'Durga Chee Pit' und dem recht epischen 'Ukolébavka' tritt das auch deutlich zu Tage.
Ja, was soll ich mehr sagen? Im Endeffekt ist MASTER'S HAMMER einmal mehr Musik für eine nur sehr überschaubare Zielgruppe, doch die wird auch "Formulae" lieben, wie sie die Vorgängeralben liebte, denn Franta und seine Kollegen verstehen es, wie neben ihnen allenfalls Attila und seine Hunnenhorde, verstörende Black-Metal-Avantgarde zu zelebrieren, die Hand und Fuß hat. Vielleicht nur nicht dort, wo man Hand und Fuß gemeinhin erwartert...
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle