MAULéN - El Miedo De Amar Pero Igual Lo Hago
Mehr über Maulén
- Genre:
- Drone / Experimental
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Icons Creating Evil Art
- Release:
- 07.04.2023
- Rostro
- Sirjatan
- Friskväderstorget
- Lo Siento
- El Miedo De Amar Pero Igual Lo Hago
- Cadávres
- El Templo Mayor
Als Debüt schon recht gut gelungen.
Endlich finde ich ausreichend Zeit, mich in Ruhe dem Debüt von MAULÉN zu widmen, dem Soloprojekt von Carlos Ibarra, Gitarrist, Songwriter und Produzent der Death-Metal-Band AGE OF WOE. Ausreichend neugierig war ich aufgrund der beigefügten Promomail auf die Doppel-EP. Maulén ist dabei der Nachname seiner chilenischen Großmutter, die dem indigenen Volk Mapuche angehört, und bedeutet übersetzt "ein nasses Tal".
2019 begann der Künstler, sein zuvor komponiertes Material als Soloalbum umzusetzen. In einer 20 Meter unter der Erde liegenden nasskalten Wasserzisterne im schwedischen Göteborg, wurde in Gesellschaft von Ratten und Spinnen sowie von Toningenieur Carlos Sepulveda, Gitarrist bei PSYCORE, und Schlagzeuger Stefan Johansson von ABROVINCH, innerhalb von vier Tagen die Musik aufgenommen. Diese Wasserzisterne hatte zufällig einen Nachhall von achtzehn Sekunden, was somit auch auf dem Album zu hören ist. Im darauffolgenden Jahr reiste der Musiker in die indische Thar-Wüste, um in Ruhe Texte zu den Liedern zu schreiben. Aufgrund der Pandemie musste er dort mehr Zeit, als ursprünglich beabsichtigt, verbringen, was jedoch wiederum Inspiration für die Texte bot, welche sich mit Themen wie Verlust, Erbe und dem Gefühl der Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit auseinandersetzen. Für erwähnenswert halte ich außerdem, dass die Lyrics in fünf verschiedenen Sprachen in Erscheinung treten. So gibt es spanischen, polnischen, arabischen, persischen und französischen Gesang.
"El Miedo De Amar Pero Igual Lo Hago" ist "die Angst, sich zu verlieben, aber ich tue es trotzdem" - für all diejenigen, die wie ich des Spanischen nicht mächtig sind. Bei allen sieben experimentellen Drone-Tracks ließ sich Carlos Ibarra von anderen unterstützen. So lieh zum Beispiel die polnischstämmige Sängerin und Fotografin Dorota Lukianska, die auch für das Artwork verantwortlich zeichnet, dem Titeltrack ihre Stimme. Damit wäre ich auch schon bei einem meiner Lieblingstitel, auch wenn es leider der Kürzeste ist und in der Mitte des Albums eher als Auflockerung zwischendurch wirkt. Doch die vordergründigen Gitarrenmelodien kommen in Kombination mit den polnischen Spoken Words einfach richtig gut zur Geltung. In 'Sirjatan' ist Lea Amling Alazam von BESVÄRJELSEN zu vernehmen, was ich erfreut zur Kenntnis nehme, auch wenn ich finde, dass ihre Stärken hier nicht voll ausgespielt werden. Ich frage mich, ob ich ihre Beteiligung überhaupt erkannt hätte, wenn ich mich nicht vorab informiert hätte. Das Drumkit steht bei diesem Song im Vordergrund, wohingegen ihre Stimme irgendwie verhallt erscheint und der Text schwer erkennbar ist. Abhilfe schaffen insofern die Lyrics im Booklet - dazu sei noch der Hinweis gestattet, dass diese erstmal über Symbole aufgefunden werden müssen, doch bei erfolgreicher Suche gibt's dann wenigstens noch eine englische Übersetzung als Belohnung. Am Ende des guten Stückes stelle ich fest, dass es eventuell mehr als einen Durchlauf braucht, um es voll würdigen zu können. Man ist geneigt, dieser Idee direkt im Anschluss nachzugehen.
Der sechste Song 'Cadávres' wird von Marie Wefrings sowie der Longtrack 'Rostro' von Behzad Barazandehs Stimme gestützt. Dem Leichentitel fällt es nicht leicht, Zugang zu meinen Gehörgängen zu finden. Der französische Gesang mag für mich irgendwie nicht so recht zum restlichen Klangbild passen. Man gewöhnt sich mit der Zeit zwar halbwegs daran und in das Album fügt sich das Lied auch gut ein, dennoch verbleiben in meinem Kopf Fragezeichen. Beispielsweise: Wäre der Gesang nicht vielleicht angemessener in anderen Genres? Womit ich mich jedenfalls nicht arrangieren kann, ist das schreckliche Synth-Outro. Doch lasst mich nun zum Opener und längsten Stück des Albums kommen. 'Rostro' hat sich gleich zu Beginn die Pole Position gesichert. Mit dem ersten Ton wird Druck aufgebaut; die zweisprachigen Lyrics werden teils gesungen, teils rezitiert. Die an Doom erinnernde getragene, düstere Schwere wird von Letzterem gut ausgewogen durchbrochen, was zumindest mich komplett abholt. Lediglich der kurzzeitige, rein instrumental gehaltene Melodiewechsel in etwa ab der Hälfte wirft mich bei den ersten Durchläufen flüchtig aus der Bahn. Die verbliebenen drei Tracks erfahren Unterstützung von A PARADISE DOT. Von jenen halte ich vorzugsweise 'Lo Siento' für vorstellenswert. Zum einen, weil der Titel männlichen und weiblichen Gesang enthält, und zum anderen, da er eine ähnliche Schwere wie 'Rostro' beinhaltet, auch wenn der Doom- mit einem clubtauglicheren Takt ersetzt wurde, was womöglich den meisten anderen Hörern mehr zusagt.
Wie bereits dargestellt, gefällt mir der Titeltrack trotz dessen Kürze und der Longtrack am meisten, doch auch der zweite und der vierte Song konnten bei Erstkontakt meine Aufmerksamkeit erheischen. Als Debütalbum finde ich die Scheibe bereits recht gut gelungen, trotzdem halte ich das Projekt noch für ausbaufähig. Irgendwo fehlt mir mitunter musikalisch noch der sogenannte rote Faden.
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Susanne Schaarschmidt