MAYHEM - De Mysteriis Dom. Sathanas
Mehr über Mayhem
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Deathlike Silence / Voices Of Wonder
- Release:
- 24.05.1994
- Funeral Fog
- Freezing Moon
- Cursed In Eternity
- Pagan Fears
- Life Eternal
- From The Dark Past
- Buried By Time And Dust
- De Mysteriis Dom. Sathanas
Ein Album wie der Tod, wie es grimmiger und morbider nicht sein könnte.
Heute, wo ich dieses Album seit bald zwanzig Jahren in Ehren halte, fällt es mir nicht ganz leicht, darüber eine Rezension zu schreiben. Einerseits fürchte ich, Raben nach Norwegen zu tragen, denn wer kennt es nicht? Allein der Titel ist Donnerhall und lässt seit Generationen die Black-Metal-Anhänger in Ehrfurcht erstarren. Andererseits ist es schwer, ein Album zu besprechen, das einen schon so lange begleitet hat, ohne darüber ins Schwärmen zu geraten. Doch was ist verkehrt an Schwärmerei, gerade wenn es um Musik geht, die von solchem Einfluss und solcher morbider Urgewalt ist, wie dieses Werk der Urväter des norwegischen Black Metals?
Unternehmen wir eine kleine Zeitreise: Wir schreiben den 24.05.1994 und haben es vor uns liegen: "De Mysteriis Dom. Sathanas" - das lange angekündigte, ewig erwartete und doch so oft verschobene erste vollständige Studioalbum der Legende MAYHEM. Wer hätte es denn erahnen können, dass dieses Album wirklich jemals erscheinen würde? So viel war passiert, in den vergangenen drei Jahren. Erst nahm sich Sänger Dead das Leben, danach verließ Bassist Necrobutcher die Band. Euronymous, der das Album lange Zeit angekündigt hatte, und Hellhammer mussten Session-Musiker um sich scharen, um ihr Manifest zu realisieren, doch das Unterfangen gestaltete sich schwierig.
Occultus kam und ging, Blackthorn kam und ging, letztlich sollten es neben Euronymous und Hellhammer also der ungarische Kultsänger Attila Csihar (TORMENTOR) und Count Grishnackh (BURZUM) sein, die Gesang und Bass übernahmen, und das Album Ende 1992 bis Anfang 1993 im Grieghallen in Bergen unter Pyttens Regie einspielten. Dennoch sollte es nicht erscheinen. Es brannten die Kirchen, und am 10.08.1993 starb Euronymous durch die Hand des Bassisten der Scheibe, und mit ihm - so schien es - starb auch MAYHEM. Nicht zu träumen hätte ich gewagt, "De Mysteriis Dom. Sathanas" jemals hören zu dürfen, und doch geschah es, denn Hellhammer wollte nicht aufgeben.
So begab es sich, dass ich im Mai 1994 nach Jahren des Wartens dann doch noch in den Genuss dieses Albums kam. Wer mag es mir verdenken, dass nach all den unwirklichen und verstörenden Geschehnissen der vergangenen Jahre, die wir aus sicherer Entfernung schockiert und doch irgendwie fasziniert verfolgt hatten, dieses Album nicht wie von Menschen gemachte Musik wirkte. "De Mysteriis Dom. Sathanas" ist ein Album wie der Tod; ein Album wie es grimmiger und morbider nicht sein könnte. Programmatisch und dramaturgisch perfekt gewählt beginnt es mit 'Funeral Fog', einem Stück, das Attila wie auf den Leib geschneidert ist. Die knurrende, beschwörende, finstere Stimme des Charakterkopfes aus dem Lande der Hunnen, lässt die dichte Atmosphäre greifbar werden, der Nebel, der die Gräber der gefallenen MAYHEM-Musiker umweht, steigt klamm und kalt an Beinen und Armen hoch, so dass uns das Album eine Gänsehaut beschert, wie es nur ganz wenige Werke der Geschichte vermögen.
Auch wenn "Freezing Moon" immerdar Deads Trademark-Song bleiben wird, so ist auch dieses Stück in der Version mit Attila unglaublich intensiv. Manisch, getrieben, hypnotisch heult Attila den Mond an, und der Hörer folgt ihm gebannt, verzaubert, besessen. Gleich ob in den schleppenden Passagen oder in den blastenden Ausbrüchen, dieses Stück geht unter die Haut und es fährt dir in die Seele, es weckt den Werwolf in dir. Ganz gleich, ob wir das klirrend dahin rasende 'Cursed In Eternity', das vom Hass erfüllte, rhythmisch voran treibende 'Pagan Fears', oder das doomige, hintergründige und von mephistophelischer Verführung durchzogene 'Life Eternal' mit seinem gigantischen Euronymous-Solo anspielen. Völlig egal, ob das fanatische, mitreißende, messerscharf geriffte 'From The Dark Past', das erneut infernalisch schnelle, dabei aber stets melodische 'Buried By Time And Dust', oder zu guter Letzt das titelgebende, mobide und doch so erhabene Teufelsopus mit seinen klar, dunkel und klagend gesungenen satanischen Cantaten erklingt, die Attilas Knurren flankieren: Hier ist jedes Stück für sich genommen bereits eine Legende des Black Metals, und jedes ist erfüllt von Hellhammers großartigem Drumming, der charakteristischen Saitenarbeit der Antipoden Vikernes und Aarseth, von einem archaischen, kompromisslosen Sound, wie ihn nur Pytten erschaffen konnte, und natürlich von Attilas völlig unvergleichlicher Stimme.
Wenn wir dieses Album nun im historischen Kontext sehen und bewerten wollen, dann bleibt selbst unter Außerachtlassung der subjektiven Affektion schlicht und ergreifend nur die Feststellung, dass es eines der wichtigsten Werke der Geschichte des Metals allgemein, und ein grundlegendes Manifest des Black-Metal-Genres ist. Dessen schiere Bedeutung für die Entwicklung dieses Musikstils wird aber in meiner Wahrnehmung gleichwohl noch von seiner musikalischen Brillanz, seiner wahnhaften Atmosphäre und seiner unvergleichlichen Charakterstärke übertroffen. Besser und ergreifender kann Musik nicht sein.
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle