MESHUGGAH - I (EP)
Mehr über Meshuggah
- Genre:
- Progressive Thrash
- Label:
- Fractured Transmitter / Nuclear Blast
- Release:
- 14.07.2004
- I
Jubel, jubel, freu, freu: Die Wahnsinnigen aus Nordschweden sind wieder da! Zwar "nur" mit einer EP, die einem ordentlich Appetit auf das neue Album "Catch 33" machen soll, aber immerhin. Obwohl die Jungs nur einen einzigen Song auf den Silberling gepackt haben, bringt dieser es auf satte 21 Minuten Spielzeit, was immerhin fast 70 Prozent der durchschnittlichen Länge eines Grindcore-Albums entspricht. Damit erübrigt sich im Weiteren die fast wichtigste Frage bei einer EP, ob diese auch wirklich value for money bietet.
Nun also zur Musik... Musik? Nun, dass sich MESHUGGAH zeitweise durchaus in einem Grenzbereich dessen aufhalten, was man noch guten Gewissens als Musik erachten kann, ist ja hinreichend bekannt und von den meisten Fans auch erwünscht. Der Song beginnt wie so oft mit einem richtig fiesen Instrumentalpart: Vom Schlagzeug hört man ein Geknüppel, das man bei einem Viertel der Geschwindigkeit vielleicht als Tribal-Rhythmus bezeichnen könnte, und der von den Gitarren vorgelegte Rhythmus lädt zum munteren Takte-Raten und Mitzählen ein; nach eineinhalb Minuten dann bricht wirklich die Hölle los mit einer Noise-Orgie, wie sie schon auf "Chaosphere" am Ende von 'Elastic' praktiziert wurde. Nach einem abrupten Break hat der Zuhörer die Aufnahmeprüfung bestanden und darf sich den eigentlichen Song anhören.
Gegenüber dem letzten Album wurde das Tempo wieder angezogen, stellenweise klingt die Chose wie "Chaosphere"-Material mit dem neuen achtsaitigen Gitarrensound; das Schlagzeug bleibt erstaunlich oft straight und stellenweise prügeln Gitarren und Drums auch gemeinsam im Takt auf die Ohren ein, geil! Bei Meister Thorendahls Psycho-Soli, die wie immer nach einer Mischung aus Computerspielgeräuschen und Fingernägeln, die über eine Tafel kratzen, klingen, meint man, der gute Mann wäre noch einen Tick schneller geworden. Über diesem infernalischen Soundgebräu schwebt das ultrabrutale Organ von Jens Kidman, der sich wie immer nach allen Regeln der Kunst die Seele aus dem Leib brüllt.
Knapp acht Minuten vorbei, erste Auszeit, nichts außer Tönen, die klingen, als würde ein Säugling eine Klampfe stimmen und dabei ein Effektgerät benutzen. Gerade wenn man sich von diesem Intermezzo hat einlullen lassen, geht der sonische Terror auch schon wieder weiter, diesmal zwar in etwas gemäßigterem Tempo, dafür schlagen dir die tonnenschweren Riffs aber jetzt regelrecht die Fresse ein, auf einmal klingt alles wieder mehr nach "Nothing". Der Timer zeigt 14 Minuten an, zweite Drittelpause, Zeit zum Durchatmen. Die Band beginnt wieder verhalten, steigert sich langsam und der so fast übergangslos entstehende Midtempo-Part quält einen noch einmal durch ewige Wiederholungen des gleichen Riffs und nach gut 20 Minuten wird man von der finalen Rückkopplung "erlöst".
Mit diesem Song haben MESHUGGAH es meisterhaft verstanden, die Brutalität des "Chaosphere"-Albums mit dem absolut kranken Sound und den Polyrhythmik-Spielereien des Nachfolgers "Nothing" zu verbinden. Das Resultat ist beängstigend gut und einfach nur MESHUGGAH. Kaufempfehlung? Für Leute, die die Band nicht kennen gilt: Erst kennen lernen und dafür eignen sich die Alben sicherlich besser als eine EP mit einem Einundzwanzigminüter als einzigem Song, alle "Meshuggener" (wie die Band ihre Fans nennt) dürfen wie immer blind zugreifen und genüsslich den Verstand verlieren.
Wenn ihr mich jetzt entschuldigt, ich habe mit meinen Ohren noch eine Rechnung zu begleichen ...
Thomas Kötzle
- Redakteur:
- Gastautor