MICHAEL MONROE - I Live Too Fast To Die Young
Mehr über Michael Monroe
- Genre:
- Rock N' Roll
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Silver Lining Music
- Release:
- 10.06.2022
- Murder In The Summer Of Love
- Young Drunks & Old Alcoholics
- Derelict Palace
- All Fighter
- Everybody's Nobody
- Antisocialite
- Can't Stop Falling Apart
- Pagan Prayer
- No Guilt
- I Live Too Fast To Die Young
- Dearly Departed
Schenkt eure Lesezeit einer Legende: Geiler Typ, geiles Album!
Matti Fagerholm aka MICHAEL MONROE kam mir zum allerersten Mal im Jahr 2005 ins Blickfeld. Genauer gesagt tänzelte er, mit einem roten Saxophon bewaffnet, als Frontman der zum legendärsten aller BYH-Jahrgänge als Überraschungsgast gebuchten finnischen Sleaze-Rock-Gründerväter HANOI ROCKS vor meiner Nase herum!
Die Großartigkeit dieses Moments entsprang leider einem höchst unerfreulichen Umstand. Das Publikum bei meinem Lieblingsfestival benahm sich nach der aufregenden, nervenzehrenden Sturmnacht und dem daraus resultierenden reichlichen Alkoholkonsum gehörig daneben: Die Spekulationen über den geheimen Very Special Guest waren in den Tagen und Wochen vor dem Festival völlig ins Kraut geschossen und viele Besucher erwarteten ernsthaft Manowar, Metallica oder gar AC/DC. Und nun stand plötzlich HANOI ROCKS vor den vielfach herunter geklappten Unterkiefern der BYH–Besucher! Der geschminkte, quietschbunt und teils feminin angezogene, zudem noch Spagat aufs Parkett turnende MICHAEL MONROE kam beim Publikum daher zunächst überhaupt nicht gut an. Die Band und vor allem natürlich er, der alle paar Minuten das Outfit wechselte, wurden ausgebuht, wüst beschimpft und übel mit Bechern beworfen. Ich erinnere mich, dass ich für einige Minuten das Gefühl hatte, die Stimmung könnte kippen; derart aggressiv, unangenehm und zuweilen primitiv hatte ich die Besucher beim BYH noch nicht erlebt, gottlob auch seitdem nie mehr. Gut, das Festival war zum ersten und einzigen Mal ausverkauft und wo viele Menschen zusammenkommen, gibt es eben auch viele Ar***lö**er… .
Die Situation war jedoch so extrem, dass viele andere Bands abgebrochen hätten. LEMMY wäre zum Beispiel definitiv von der Bühne gegangen. Doch was machte dieser völlig wahnsinnige Typ? Er blieb vollkommen souverän und tänzelte in seinen Pumps um die fliegenden Becher herum, spielte dabei Saxophon und lachte die Deppen im Publikum den Steg rauf und runter rennend einfach nur aus! Das war so unglaublich geil anzuschauen, wie eine Szene aus einem Hollywoodfilm: Dieser dürre Kerl mit Haarspraydosen-Explosion auf dem Kopf, in bunter Kleidung und mit zerknittertem, geschminktem Gesicht besaß Eier aus Stahl! Die Band spielte einfach weiter, Song für Song, bis vorne nur noch Fans oder Leute standen, denen das Konzert gefiel. MICHAEL MONROE hat die Unwürdigen somit letzten Endes alle nach hinten gespielt, getanzt, gelächelt und vor der Bühne ging endlich im besten Sinne die Post ab. Seitdem hat er einen Stein bei mir im Brett, wie man so sagt.
Doch nun zum neuen Solo-Album "I Live Too Fast To Die Young": Wie stets, präsentiert der, nach wie vor ausdrucksstark und gut singende Finne mit seiner aus Steve Conte (u. a. NEW YORK DOLLS; Gitarre, Gesang), Rich Jones (Gitarre, Gesang), Karl Rockfist (u. a. STEEL PROPHET; Schlagzeug) sowie Sami Yaffa (ebenfalls HANOI ROCKS; Bass, Gesang, Gitarre) bestehenden, fabelhaften Begleitband eine gut in Ohr und Beine gehende Mischung aus Hard-, Sleaze- und Punkrock. Auffallend ist dieses Mal die soundmäßig prächtige Produktion und der schillernde Abwechslungsreichtum der elf Stücke. Von der fast balladesken ruhigen Nummer ('Antisocialite') über ROLLING STONES–artig groovende Rocker wie 'Can’t Stop Falling Apart' und 'Everybody’s Nobody' bis hin zum richtig flotten, mit harschen Gang-Shouts aufgemotzen Punk-Feger 'Pagan Prayer' flossen sehr viele Spielarten klassischen Hardrocks in das musikalische Repertoire dieses tollen Albums ein. Der u. a. mit Musikern von GUNS'N'ROSES befreundete MICHAEL MONROE hat es übrigens geschafft, SLASH zu einem Gitarrensolo im Titeltrack zu überreden.
'No Guilt' und 'Derelict Palace' sind dabei in meinen Ohren die unscheinbarsten, schlichtesten der Stücke, die man jedoch mit atmosphärisch großen Melodien ausstatten und sehr klangvoll produzieren konnte. Die in der Schnittmenge aus Punk und Sleaze dahin rockenden Nummern wie 'All Fighter', der Titeltrack 'I Live Too Fast To Die Young' oder der Opener 'Murder In The Summer Of Love' hingegen sind genau das richtige Ohrenfutter für die, wie ihr Star, langsam in die Jahre kommenden Fans des finnischen Rocksängers. Mit 'Young Drunks & Old Alcoholics' ist MICHAEL MONROE und seinen Mannen sogar eine Hymne gelungen, die bei keinem ihrer Festivalauftritte mehr im Set fehlen sollte! Die an New Wave-Poprock angelehnte, das Album abschließende Nummer 'Dearly Departed' ist für mich das außergewöhnlichste Stück des Albums, verursacht es mir mit seiner dunklen, aber dennoch positiven Atmosphäre beim Hören jedes Mal einen wohligen, über den Rücken ziehenden Schauer.
Ich freue mich sehr darauf, MICHAEL MONROE am 17. Juni in Zwickau im Vorprogramm von Alice Cooper nach 2016 in Wacken endlich einmal wieder live zu sehen. Bleibt zu hoffen, dass es bis dann noch einige neue Stücke mehr in die Setlist schaffen, für nur eines ist das Album zu gut! Dass ich nicht rechtzeitig zu Beginn (ins Zelt) eingelassen werde, dürfte in der Zwickauer Stadthalle ja wohl kein Problem darstellen… .
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Timo Reiser