MICHALE GRAVES - Illusions Live/Viretta Park
Mehr über Michale Graves
- Genre:
- Akustik Rock
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Screaming Crows Records/Soulfood
- Release:
- 20.02.2009
- Blackbird
- Fiend Club
- Almost Home
- Beware
- Gorch
- Butchershop
- Ophelia
- Shining
- Lucifer I Am
- Wormwood
- Casket
- You Awful Me
- One Million Light Years From Her
- Frost Bite
- Nothing
- Scream
- Crying On Saturday Night
- Blackbird
- The Best Of Me
- A Generation Coming Down
- Locked Away
- The Eternal Haunting
- Viretta Park
Überraschung: Aus dem Horror-Punk-Jackyl wird ein Akustik-Liedermacher-Hyde.
Michale Graves hat eine interessante Wandlung durchlebt. Angefangen bei den Elternschockern THE MISFITS, die eine Karriere auf melodischen Punk-Gassenhauern mit Monster-Image aufbauten – übriggeblieben ist davon nur noch ein aufgepumpter Glenn Danzig, aber das ist eine andere Geschichte – proklamierte er schon vor ein paar Jahren "Punk Rock Is Dead". Zumindest für ihn war das wohl auch so, denn fortan wurden die Klänge ruhiger, bis die Entwicklung in einer Akustik-Tour in den USA zu dem Album "Illusions" seinen Höhepunkt fand.
Größere Schlagzeilen als mit seiner Musik machte der Sänger allerdings durch seine Zugehörigkeit zur "Conservative Punk"-Bewegung und seine im Genre ungewöhnliche Pro-Bush Einstellung, was in Zeiten der politischen Polarisierung in den USA verständlich, aber nichtsdestoweniger schändlich war, da Graves‘ Musik durchaus der Beachtung wert war, und ist. Auf dem vorliegenden Album können wir allerdings politische Ansichten komplett außer Acht lassen und den reduzierten, ehrlichen Rock des Liedermachers genießen. Nur mit einer akustischen Gitarre bewaffnet begab er sich 2008 auf Clubtour und bot ein Potpourri aus seiner gesamten Schaffenszeit zum Besten. Selbst zwei alte MISFITS-Lieder sind auf "Illusions Live/Viretta Park" zu hören, doch in dieser Bearbeitung klingen sie überhaupt nicht mehr nach Punk. Der Rest ist ein Querschnitt aus GOTHAM ROAD, GRAVES und MICHALE GRAVES Veröffentlichungen, wobei naturgemäß sein letztes, mit einigen Texten von Damien Echols versehenes Werk den größten Teil einnehmen darf.
Im Verlauf der Scheibe stellt man fest, dass Herr Graves eine angenehme Stimme hat, die dennoch alles andere als rund und geschliffen klingt. Man kann ihn sich gut vorstellen, auf einem Barhocker in einem kleinen Club, ab und an von seinem Drink schlürfend, wie er auf Zuruf den einen oder anderen Hit aus dem Backkatalog hervorzaubert. Was aber in einem Club in Person gut funktioniert, ist zu Hause im eigenen Sessel nur bedingt nachzuvollziehen. Schön ist es sicher, aber es fehlt die Intensität eines solchen Auftritts. Obendrein stammen die einzelnen Aufnahmen von verschiedenen Konzerten, so dass zwischen den Songs regelmäßig ausgeblendet wird, was der Atmosphäre doch einen deutlichen Dämpfer gibt.
Der zweite Teil der CD enthält dann noch Demo-Aufnahmen, die in Rumänien entstanden sind am Set des Films "Perkins 14", in dem Graves die Hauptrolle spielt. Zwischen den Live-Aufnahmen und den ebenfalls akustischen Demo-Songs besteht kaum ein Bruch, vielleicht abgesehen davon, dass die neuen Songs noch etwas eingängiger sind. Erst gegen Ende erhält die akustische Gitarre etwas Unterstützung, aber sie wird nie in den Hintergrund gedrängt.
Damit bietet das vorliegende Album dreiundzwanzig schöne Liedermacher-Stücke, bei denen man die Vergangenheit des Sängers ausblenden sollte, um die Musik genießen zu können. Denn hat man seine erste Überraschung überwunden, bleibt etwas Schönes, ohne jeden Kitsch - für ruhige Momente, Winterabende und Nachdenklichkeit. Allerdings steht für mich fest, dass diese Lieder wirklich live noch einen intensiveren Eindruck machen dürften. Vielleicht kommt Michale Graves ja mal zu uns? Angesicht zu Angesicht würde er dieses Album sicher locker toppen, da es nur den halben Graves transportiert, nämlich den akustischen. Die Vollbedienung kann er nur in Natura bieten.
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Frank Jaeger