MOURN THE LIGHT - Suffer, Then We're Gone
Mehr über Mourn The Light
- Genre:
- Doom / Heavy Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Argonauta Records
- Release:
- 02.07.2021
- When The Fear Subsides
- Bare The Scars
- Take Your Pain Away
- End Of Times (2020 Version)
- Suffer, Then You're Gone
- Refuse To Fall
- Progeny Of Pain
- Wisdom Bestowed
- Blink Of An Eye (Bonus Track)
Visigoth im Stimmbruch nascht an Muttis Tranquilizern!
Neben der vorangegangenen, auf den Punkt gebrachten Kurzbeschreibung des Sounds der mittlerweile fünf Heavy-Doom-Recken MOURN THE LIGHT aus dem US-Bundesstaat Connecticut kommt mir sogleich noch ein schwerwiegender Kritikpunkt in den Sinn: Wie bei vielen Debütalben klingt hier vieles noch experimentell und aneinandergereiht. Diese Wahrnehmung bleibt bei mir auch nach einigen Durchläufen des ersten Vollzeitalbums "Suffer, Then We're Gone" erhalten. Ansonsten: Hell, Yeah! Das 55-minütige Scheibchen findet großen Anklang bei mir! Denn abseits der nun vorab bereits genannten Kritikpunkte machen die Jungs aus New England ganz vieles sehr, sehr richtig auf ihrem ersten vollständig ausgewachsenen Baby! Dessen Sound erfrischt die Ohren warm und kraftstrotzend, bis auf die manchmal etwas zu sehr in den Hintergrund gemischte Stimme gut differenziert und klar ausgepegelt.
Andrew Stachelek trifft mit seiner zeitweilig noch sehr zarten Stimme alle Töne und macht prinzipiell einen guten, der Musik angemessenen Job. Ich würde mir nur manchmal etwas mehr Biss und metallische Rauhheit wünschen, aber das kommt vielleicht noch. Beim Hören fühle ich mich hier immer wie der große Bruder, der mit zwanghaft mitleidigem Empathiezwinkern im Blick lächelnd neben der Bühne steht und nach dem Gig zum Kleinen sagt: "Kopf hoch, wenn der Stimmbruch vorbei ist klingt das alles noch viel geiler!" Der große Kniff aber, den MOURN THE LIGHT bereits drauf hat, und der vielen Bands zunächst nicht gleich gelingt, scheint mir folgender zu sein: Die Truppe bringt berührende, packende Melodien und Riffs zustande, die einen bei aller mitunter holprigen Rohheit und stimmlich brüchigen Bemühung trotzdem mitreißen und begeistern! So geschehen gleich beim ersten Hören des Eingangs-Tracks 'When The Fear Subsides'. Andrew schallert, von Akustikgitarren in Szene gesetzt, verhalten los, bis dann die erste doomig- metallische Gitarrenmelodie startet. Sogleich bemüht sich die Stimme, etwas kratziger zu klingen. Nun ja, kratzen tut sie auch... Hüstel. Aber ich will mich hier nicht nur ständig von der Stimme triggern lassen, passt sie doch grundsätzlich. Der voranpreschende flotte Melodieteil des Songs ist ein schöner Ohrwurm, der sich mit dem ersten Doompart zweimal abwechselt, bevor ein erneuter Akustikpart einen richtig gut gelungenen Instrumental-Teil des Songs einleitet, der vor allem durch herrlich gefühlvoll eingebaute Hammond-Klänge bestechen kann. Wie erwähnt klingt das alles noch sehr aneinandergereiht, man kann dem Song seine Qualitäten aber dennoch nicht absprechen.
'Bare The Scars' an zweiter Stelle hört sich etwas mehr nach dem berühmten "einem Guss" an und besteht in seinem Fundament hauptsächlich aus einem sehr mächtig intonierten Riff, dass den Hörer gleich von Beginn an zwischen den Beinen packt. Hier passt auch die Stimme viel besser, ich assoziiere ein wenig DARK FOREST. Mittlerweile könnte einem etwaigen Käufer auch die Ähnlichkeit mit dem Sound von Visigoth aufgefallen sein, nur dass hier so mancher Part in die Länge gezogen, somit wie auf 33 rpm (rounds per minute), anstatt auf 45 rpm abgespielt klingt und daher etwas zähflüssiger, eben doomiger anheimelt.
Yeeehaaaaw!!! Jetzt kommen wir zum DEF LEPPARD Song der Scheibe! Kein Witz: schneller abgespielt, mit mehr Studiofein durchpoliert, und mit noch etwas höher gepitchten, schnittigeren Backing Vocals versehen: nach was klingt 'Take Your Pain' dann zumindest im Refrain? Richtig, nach 'Rocket' von unseren liebsten NWOBHM-Schwanzrock-Posern! Dieser Song klingt sehr verhalten, stellenweise geradezu sediert. Hat man dann während des Vergleichs mit Visigoth noch das entsprechende Tempo im Ohr, klingt das Ganze schon fast etwas nach Hilfe aus Mamas Medizinschrank. Der nächste Song ist bereits auf der ersten EP "Weight Of The World" von MOURN THE LIGHT aus dem Jahr 2018 enthalten. 'End Of Times' ist ein in die Beine gehender Melodie-Stampfer, der trotz wuchtiger Riffigkeit nicht einer gewissen Fröhlichkeit entbehrt. Hier passt die klare Stimme tatsächlich richtig gut zu den Klängen der Band.
Nun folgt der etwas sperrige, mehr als neun Minuten dauernde (Fast-)Titelsong des Tonträgers, 'Suffer, Then You're Gone', der wiederum akustisch und mit getragen entrückter Stimme beginnt. Das Lied erschien mir durch mehrere Parts zunächst etwas komplex und unübersichtlich. Es lohnen sich jedoch einige Durchläufe mit Konzentration auf das musikalische Geschehen, dann eröffnet sich dem Hörer die Dramatik des Songs und die neun Minuten vergehen plötzlich viel spannungsgeladener und schneller. Hier erklingen wie aus dem Nichts sogar böse gekeifte Growls, deren Herkunft sicherlich nicht unbedingt bei unserem Goldkehlchen Andrew zu vermuten ist.
'Refuse To Fall' ist dann wieder ein hitverdächtiger Melodic-Heavy-Doom-Rocker, der sportlich losgaloppiert und live sicherlich großartig klingen wird. Hier fällt erneut eine gewisse künstliche, wenn auch wuchtige Bedächtigkeit an einigen Stellen des Songs auf, etwa so, also ob der Bandleader Dwayne Eldredge seiner Rhythmusabteilung in Personalunion von Schlagzeuger Kyle Hebner und Bill Herrick am Bass drohend mit einer Packung Baldrian-Tabletten gewunken hätte, wenn es zu schnell wurde. Abgesehen davon klingt das Schlagwerk auf dem gesamten Album übrigens durchgängig großartig!
Einen gewissen powermetallischen Drive kann man 'Progeny of Pain' wirklich nicht absprechen, das erneut eine gut ins Ohr gehende Melodie verpasst bekommen hat. Der Song hat durch diese gewisse Spritzigkeit geradezu Single-Qualitäten, nicht zuletzt aufgrund seiner verhältnismäßig kurzen Spielzeit von nur vier Minuten. Der reguläre letzte Song 'Wisdom Bestowed' besticht durch schöne Akustikparts und wirklich tolle, choralartige Backing-Vocals, sogar die Stimme klingt inzwischen metallisch, oder half da einer der beiden Gitarristen? Wie anfangs des Reviews bereits anklang, hat man bei MOURN THE LIGHT im Zuge der Vorbereitungen auf dieses Album übrigens noch den zweiten Gitarristen Kieran Beaty angeheuert, der laut Homepage auch Backing Vocals in seinen Arbeitsvertrag eingetragen bekommen hat.
"Zwei gute Schlüsse zieren besser" mag man sich schelmisch denken, kommt auf diesem Album doch wieder einmal das alte Phänomen zum Tragen, dass der Bonus–Song zuweilen die restlichen Lieder des Albums in Sachen Qualität und der Anerkennung bei den Fans ausstechen könnte. 'Link Of An Eye' ist eine bereits veröffentlichte Single und ebenfalls ein schmissiger Heavy Rocker mit einem pompös bratzenden Riff und visigothischer Melodie-Linie.
Bei diesem Album gehe ich das von mir bereits mehrmals benutzte "Selfmade-Punkte"-Spiel einmal anders herum an: Ich gebe acht Punkte. Wer jedoch findet, dass die von mir genannten Kritikpunkte zu sehr ins Gewicht fallen, zieht für sich bitte noch bis zu zwei halbe Punkte ab. Und um festzustellen, wie viele Punkte die Platte bei euch letztendlich bekäme, müsst ihr sie euch jetzt schnell bestellen! Es gibt auf der Homepage der Band außerdem zwei EPs sowie zwei Singles zu erhaschen.
Danke fürs Lesen!
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Timo Reiser