MUDVAYNE - All Access To All Things (DVD)
Mehr über Mudvayne
- Genre:
- Nu Metal
- Label:
- Epic
- Release:
- 24.11.2003
- Internal Primates Forever
- -1
- Silenced
- Death Blooms
- Mercy, Serverity
- Cradle
- Nothing To Gein
- World So Cold
- Not Falling
- Dig
"All Access To All Things" heißt das jüngste DVD-Produkt aus dem Hause MUDVAYNE. Es ist die bereits zweite Live-DVD in der noch jungen Bandgeschichte. Erneut präsentiert sich der Vierer aus Peoria/Illinois von seiner besten Seite ... sollte man meinen. Was dabei herum und heraus kam, ist allerdings mehr als fraglich.
Vielleicht haben "die Verantwortlichen" es nach dem krassen visuellen Imagewechsel für nötig gehalten, eine weitere DVD auf den Markt zu werfen. An der Zeit war es dafür jedenfalls ganz sicher noch nicht. Möglicherweise war auch das zwar geniale, aber viel zu wenig beachtete letzte Album "The End Of All Things To Come" dafür der ausschlaggebende Grund. Letztlich entscheidet aber das Resultat über die Notwendigkeit. Und diese DVD ist so notwendig wie "Steal This Album" von SYSTEM OF A DOWN.
Man wird begrüßt von einem Cover voller schicker Bilder auf der Rückseite, doch man klappt die Hülle auf und sieht nicht mehr als schlichtes Weiß und eine CD, die nicht mal den Namen der Band trägt. Man legt sie ein und wird von dem gleichen Intro nicht überrascht, welches sich auch bei einem Besuch der offiziellen Webseite der Band präsentiert, und das man von dort bis zum Erbrechen kennt. Dann endlich das Menü ... eine Katastrophe! Man muss ständig warten, ehe man sieht, was sich hinter den Symbolen verbirgt. Den Anlauf also schon mal versaut, aber es ist ja die Kür, die zählt, also drückt man erst mal auf "Play Movie", was uns eine aufreizende, sterile Frauenstimme auch gleich bestätigt. Dann geht’s los, und man bekommt die volle Packung ... Ernüchterung. Eigentlich ist es absolut logisch, was man sieht. Es hätte einem vorher schon klar sein müssen. Man kriegt das volle Set von MUDVAYNE um die Ohren geprügelt, in glasklaren Bildern, und in tollen Sound … aber in der wohl beschissensten Atmosphäre, die man sich für diese Band nur vorstellen kann! Knaller wie 'Internal Primates Forever' gehen im menschenleeren Raum verloren. Die Sonne des Jahrhundert-Sommers scheint auf Texte über traumatische Kindheit und krankhaften Mordwahn. Es scheint falscher Respekt zu sein, der MUDVAYNE und LINKIN PARK dazu trieb, ausgerechnet aus dem Schatten der Metall-Götter METALLICA heraus Live-Aufnahmen an die eigenen Fans verfüttern zu wollen. Ein Schatten, in den zwangsläufig zu viel Sonne fällt und der die Stimmung schmelzen lässt, weil MUDVAYNE bekanntlich auf der Sanitarium-Tour eröffneten. Von der Setlist sind somit auch nur die neuen Lieder interessant, denn möchte man 'Dig', 'Cradle', 'Nothing To Gein' oder '-1' in ihrer Reinform genießen, greift man doch lieber zur guten alten "L(ive) D(osage)".
Die Leistung der Band ist wie immer erstklassig, daran kann nichts etwas ändern. Auch keine paar hundert gelangweilte METALLICA-Fans. Besonders die klaren Gitarrenklänge von Greg zur Einleitung von 'Cradle' oder 'World So Cold' sowie manch unvermittelte Schrei-Attacke von Chad lassen den Zuschauer ein ums andere Mal die Umgebung vergessen. Aber im Weitwinkel lässt sich nichts verschleiern. Die Zuschauerzahlen verkommen zu dem, was sie im ursprünglichen sind: nur eine Zahl. Eine Statistik, die keinerlei Aussage in Bezug auf Kraft und Intensität des Publikums geben kann. Und letztlich erhascht das Auge des Betrachters doch wieder im Schwenk über die Zuschauer, dass diese "Zuschauer" im wörtlichsten Sinne sind, die "zuschauen" statt erleben, oder ganz und gar weggehen und sich um alles kümmern, nur nicht um das, was auf der Bühne passiert. In eben jenen Momenten wirkt alles sinnlos. Ironischerweise findet sich auf der CD sogar ein Kapitel, in dem Chad selbst sagt, dass das Publikum nur dastand.
Wo wir grade bei Chad Gray sind: Dieser agiert auf dieser Tour leider als schwächstes Glied der Band. Der Gesang lässt schwer zu wünschen übrig. Gut feststellen kann man das, wenn man sich die DVD einfach mal ohne Bild zu Gemüte führt. Zwar muss man ihm zugute halten, dass nicht wie auf der "L(ive) D(osage)" ausgeprägt mit Stimmenverzerrern gearbeitet wurde, aber das ändert auch nichts daran, dass er gehäuft mehr kreischt als schreit.
Im Ganzen betrachtet ist Chads Gesangsleistung also zugegebenermaßen durchwachsen. Wo er an einer Stelle überraschend kraftvoll agiert, versagt seine Stimme an einer anderen und er lässt teilweise Texte weg. Ironischerweise ist er sich selbst der größte Feind, denn wer ihn schlägt, ist der blutverschmierte Chad der "L(ive) D(osage)".
Unterbrochen wird das Konzert, welches übrigens aus den Sanitarium-Shows in San Francisco, Seattle, und Salt Lake City zusammengeschnitten wurde, von größtenteils uninteressanten Videoaufnahmen der Tour. Mit allerlei Kurz-Interviews und "geistreichen" Gesprächen der Band, die scheinbar versucht, irgendwie unterhaltsam zu wirken. Doch ihre Stärken finden sie eher auf statt hinter der Bühne. Desweiteren trifft man in den unzähligen Kapiteln (insgesamt über vierzig) auf zwar wichtige, aber einschläfernde Personen, die halbherzig ihr Statement abgeben. Besonders nervig: Bereits das erste Interview soll pseudo-locker geführt werden, ähnlich wie schon auf der Bonus-DVD zu "The End Of All Things To Come", als sich Matt und Chad beim Essen quasi selbst interviewten. Nur dass es in diesem Fall ihr schwammiger Manager ist, der vom menschlich und natürlich Wirken nicht die geringste Ahnung hat.
Irgendwann nach einer endlos wirkenden Odyssee durch unzählige Statements irgendwelcher Leute gerät man wieder zu dem Geduldsspiel "Hauptmenü". Dort findet man, nach geraumer Zeit, noch Kapitel mit den Namen der Musiker, hinter denen sich nichts verbirgt, was man nicht schon bei "Play Movie" sah. Auch die "Mudcam" ist irgendwie enttäuschend. Zumindest, wenn man wie ich davon ausging, dass diese irgendwie was mit den Fans zu tun haben könnte.
Letztlich findet man noch sowohl das "Making-of" als auch das eigentliche Video zu 'World So Cold'. Aber auch hier Ernüchterung. Ganz nett, dass man das Video mal zu Gesicht bekommt, aber mehr auch nicht. Für jenes mittelmäßige Werk noch ein "Making-of" hinzuzufügen, ist nicht notwendig, um nicht zu sagen: überflüssig.
Das Ganze wirkt lieblos. Vom ersten Moment an, in dem man die Hülle öffnet, bis zum Wiederverschließen und dem Verschwinden im CD-Regal. Aber wer weiß schon, wie viel Entscheidungsfreiheit eine Band dieser Größe hat, wenn das Management im Anfall geistiger Umnachtung eine überflüssige DVD auf den Markt werfen will.
"Schuster bleib bei deinen Leisten!" möchte man den Jungs von MUDVAYNE ans Herz legen. Denn auch wenn sie smart sind, sie sind nun mal nicht MARILYN MANSON oder SLIPKNOT, die einfach nur auf "Aufnahme" drücken, und den Fans Unterhaltung in Form von Kontroversität bieten. Wenn sie ihren Fans eine Show zeigen wollen, dann sollten sie eine aufnehmen, die sie auch vor den eigenen Fans gespielt haben, anstatt sich kleiner zu machen, als sie sind.
Und sie sollten lieber endlich mal wieder ein gutes Video drehen, das es auch wert ist, auf einer DVD zu erscheinen. Seit 'Dig', das jüngst zum zweitbesten Metallvideo des neuen Jahrtausends (so far) gewählt wurde, ist da nämlich Ebbe angesagt. "All Access To All Things" wäre und ist nicht nötig gewesen. Der Fan fügt es der Sammlung bei. Der allgemeine Rocker sollte auf jeden Fall die Finger davon lassen, um keinen falschen Eindruck von einer genialen Band zu bekommen.
- Redakteur:
- Michael Langlotz