MUSE - Absolution
Mehr über Muse
- Genre:
- Rock
- Label:
- Motor (Universal)
- Release:
- 22.09.2003
- Intro
- Apocalypse Please
- Time Is Running Out
- Sing For Absolution
- Stockholm Syndrome
- Falling Away With You
- Interlude
- Hysteria
- Blackout
- Butterflies & Hurricanes
- The Small Print
- Endlessly
- Thoughts Of A Dying Atheist
- Ruled By Secrecy
Die immerwährende Frage, mit der die richtig guten Bands mindestens einmal in ihrer Karriere zu kämpfen haben: Was kommt nach dem Meisterwerk?
Manche, wie viele der traditionellen Metal-Bands, aber auch zum Beispiel in diesem Jahr die DEFTONES, ignorieren die Frage einfach, lassen sie unbeantwortet und machen mit dem Blick nach vorne gerichtet einfach so weiter, wie es bisher funktionierte und scheitern am Album 'danach'.
Why change a winning concept? Weil es notwendig wird, nachdem man den Geniestreich geschafft hat, ganz einfach deswegen. Andere haben diese Probleme gar nicht: MARILYN MANSON, RADIOHEAD oder auch die neuen METALLICA machen sowieso ständig innovative und neue Platten, wechseln die Subgenres im Rock wie andere Leute die Schuhe und laufen so erst gar nicht Gefahr in die ungünstige Position zu kommen, ihr aktuelles Werk mit dem Vorgänger messen lassen zu müssen.
MUSE sind in einer extrem schwierigen Ausgangslage: War das Debüt "Showbiz" noch ein recht guter Klon der alten RADIOHEAD-Sachen, so wurde mit "Origin of Symmetry" plötzlich ein Quantensprung erzielt, den man nicht leugnen kann: Die drei jungen Engländer waren auf einmal die Alice im Wunderland des Rock: Tonnen von bittersüßen Melodien, spannende Gitarrenarbeit, viele Pianos, innovative Instrumentierung und ein Matthew Bellamy, der seine Stimme in Höhen trieb, bei denen man ständig Angst hatte, dass seine Stimmbänder im nächsten Moment zerreißen würden.
Was also tun? MUSE wollen weitergehen, wollen ihren Kunst-Alternative-Rock in noch schwindelerregendere Höhen treiben und gehen dabei auf immer schmalerem Grat. Die Gefahr der Übertreibung, der Selbstparodie, des Absturzes, der Lächerlichkeit lauert hinter jeder der Tausenden von Windungen und Ecken von "Absolution" und schnappt manchmal aus gefährlicher Nähe zu, während MUSE scheinbar völlig unbeeindruckt davon 14 Stücke spielen, die mit ebenso scheinbarer, erstaunlicher Natürlichkeit aus der Wundertüte des schrankenlosen Rockmagiers Matthew Bellamy hervorgezaubert werden.
Da gibt es selbstverständlich ein Klavier-Intro, das in das mit herz-zerreißender Stimme vorgetragene 'Apocalypse Please' überleitet, das irgendwie so klingt, als ob RADIOHEAD und OASIS gezwungen worden wären, zusammen einen Gitarren-vs-Piano-Song zu schreiben; da gibt es sowieso Keyboards und elektronische Spielereien und Synthies und Tasteninstrumente und Bassläufe und Gitarren in Masse, alles bis zum Überlaufen.
Die aktuelle Single 'Time is Running Out' swingt mit einer verzerrten Bassline vor sich hin bis zum überdramatischen "Uhuhuhuhuhuuuuuuu"-Overkill-Finish mit Gitarren-Feedback, das großartige High-Tempo-Stück 'Stockholm Syndrome' ist ein mitreißender MUSE-Song im besten Sinne, wie er auch auf "Origin of Symmetry" gepasst hätte und 'Falling Away With You' fliegt im Anschluss leicht wie ein Schmetterling oder der Song, den JJ72 nie geschafft haben, durch die Gehörgänge und weiß zu verzaubern.
Es mag zwar auf den ersten Blick höchst anmutig oder auch elegant wirken, über die Strecke von 14 ziemlich spannenden Tracks auf derart dünnem Eis zu tanzen, könnte aber auch leicht zum Absturz führen. Jetzt bloß nicht den Boden unter den Füßen verlieren, Mr. Bellamy.
Eigentlich höchste Zeit für einen kontrollierten Neustart auf festem Boden und ohne den ganzen Bombast. Trotzdem: Diesesmal drücken wir noch ein Auge zu und erfreuen uns an einer Platte, die zwar kein zweites "Origin of Symmetry" ist, aber trotzdem klingt wie eine große Einkaufstüte voller Süßigkeiten aus dem Kunst-Rock-Laden und besser ist als vieles, das man sonst so geboten bekommt von englischen Rockbands.
Anspieltipps: Stockholm Syndrome; Hysteria; The Small Print
- Redakteur:
- Sebastian Baumer