MY VICTIM - 13
Auch im Soundcheck: Soundcheck 10/2009
Mehr über My Victim
- Genre:
- Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Eigenproduktion
- Release:
- 09.09.2009
- Time Wasted
- Lights
- Days Gone
- For Randy
- Hopeless
- Burning Life
- Heroes Of Enemies
- No End
- M.V.T.Z.M.
- This Bitter Pill
- Rise And Fall
- Ashes To Ashes
- Wake
- Into Eternity
Moderner Heavy Rock aus der Bay Area, der nur nicht aufgrund des superben Gesanges alle Nackenhaare auf Hab-Acht-Stellung bringt. Neuzeitlicher Oldschool-Thrash.
Wie lange habe ich darauf gewartet? MY VICTIM, enstanden aus der Asche der Bay-Area-Thrasher ASSASSIN, haben bereits Ende der 80er-Jahre ein paar exzellente Demotapes veröffentlicht, die im damaligen Underground wie eine Bombe eingeschlagen sind. Melodisch, manchmal mit FAITH-NO-MORE-Melodien ausgestattete Metalsongs, die neben den doppelläufigen Gitarrenläufen vor allem von der unfassbar charismatischen Stimme eines Torre Carstensen lebten. Leider hat es die Band damals nicht gebacken bekommen, ein Album zu veröffentlichen und beging dann den strategischen Fehler, sich in BAD PRESS umzubenennen. Anno 1996 kam dann unter eben jenem Banner ein unbetiteltes Werk heraus, auf welchem ein paar der bereits abgöttisch geliebten Demotitel, so wie ebenso starkes neues Material verbraten wurde. Bis heute ein Klassiker in meiner Sammlung, den ich andauernd auspacke. Leider folgte auch danach nichts und die Band versank in einem schwarzen Loch. Vor einiger Zeit tauchte Torre dann allerdings im Line-Up der aktuellen WARNING SF Besetzung auf, spielte mit diesen den tollen Rundling "Aftermath" ein und turnte sogar auf einer norddeutschen Scheunenbühne herum. Großartig.
"Was erzählt der olle Zausel da wieder für ellenlangen Bockmist?!", wird der eine oder andere jetzt sicherlich denken, ich will was über das Album wissen (Allerdings! :-) - PK). Eingespielt in Triobesetzung, mit Sänger Torre am Bass und an der zweiten Klampfe, rocken MY VICTIM uns vierzehn neue Kompositionen um die Ohren, die man danach nicht mehr waschen muss. Denn sie werden frei sein, die Ohren, frei geblasen von den druckvollen Rhythmen und den schweren Riffs, die uns die sympathischen Jungs von der sonnigen Küste auf "13" servieren.
Egal, welchen Song dieser höchst kurzweiligen Scheibe man anwählt, man wird von den Emotionen beinahe erschlagen. Torre hat von seinen gesanglichen Qualitäten nichts, aber auch gar nichts verloren, sondern intoniert noch intensiver als vor 20 Jahren seine wohl durchdachten Weisheiten ins Mikrophon.
Dass die musikalische Ausrichtung dabei nichts mit Bay-Area-Thrash an der Mütze hat, stört bei der gebotenen Qualität nicht die Bohne. Die Truppe hat damals schon keinen Thrash gespielt, sondern sich von THIN LIZZY, MERCYFUL FATE und FAITH NO MORE zu Höchstleistungen inspirieren lassen. Heuer klingt die Angelegenheit dann noch eine Spur rockiger, aber das haben ja zum Beispiel die Kollegen von DEATH ANGEL auch in ihre aktuellen Meisterwerke integriert. Dies als unterschwellige Warnung an alle, die eine lupenreine Metalscheibe erwarten.
Klar, die meisten Songs werden von harschen Gitarren voran getrieben, aber diese sind zumeist offen und wuchtig. An manchen Stellen fragt man sich aufgrund der enormen Dichte, wie viele Klampfen man da hört. Und damit man nicht erschlagen wird, gibt es immer wieder schöne Harmonien zwischendurch, die unter die Haut gehen. Auch die extrem gelungenen mehrstimmigen Gesangsmelodien faszinieren immer wieder aufs Neue. Dazu kommt die originelle Art der Melodieführung von Mister Carstensen, die mich völlig begeistert. Er phrasiert völlig entgegen der Erwartung des Hörers und bringt so sehr viel Leben und Farbe in die eh schon so vielseitigen Kompositionen. Komplett aus dem Häuschen bin ich dann natürlich, wenn es akustisch untermalte Melancholie gibt. Ich verweise nur auf das Randy Rhoads gewidmete 'For Randy'. Gänsehaut im Fließband. Meterdick.
Aber auch wenn MY VICTIM auf die imaginäre Geschwindikeits-Tube drücken, fehlt es nicht an Emotionen. So brettert 'M.V.T.Z.M.' im Leerlauf den Mount Rushmore abwärts, während uns der Fahrtwind die Locken sortiert. Will Storckson setzt hier einmal mehr mit seinem Solo einen melodischen Kontrapunkt zum recht derben Rahmenprogramm.
Und dass es nicht immer geradeaus gehen muss, zeigt man in 'Rise And Fall', einer höchst abwechslungsreichen Nummer, die mit zunehmender Spielzeit immer mehr Fahrt aufnimmt und sich schlussendlich in einem fantastischen Breitwandchor entlädt. Ein kurzer Longtrack, wie ein Freund es nennen würde. Wo ich gerade so schön am schwärmen bin: Hatte ich 'Ashes To Ashes' schon erwähnt? Nein? Okay, dann lasse ich das jetzt auch und befehle einfach da jetzt(!) reinzuhören.
Und wer noch nicht überzeugt ist, dem muss ich mit dem Überbonus ans Leder. 'Into Eternity' ist ein Song für die Ewigkeit. Torre brüllt sich hier die Lungenflügel melodisch blutig, während die Krawallbrüder im Hintergrund ein paar Ghettos mit ihrer Dynamik niederschmettern. Und die Explosion in der Mitte der Nummer, die in ein weiteres grandioses Solo übergeht ist so gekonnt in den Song integriert, dass ich meinen imaginären Hut ziehe.
Ihr habt es wohl alle verstanden: Diese Band gilt es zu unterstützen, auch wenn sie die alten Klassiker nicht mit aufs Album gepackt hat. Vielleicht spielen sie aber welche davon, wenn sie auf deutschen Bühnen stehen werden. Dazu solltet ihr nun dieses Kleinod ordern und einer Band unter die Arme greifen, der schon seit Jahren etwas mehr Beachtung zusteht. Musik mit Seele.
Anspieltipps: For Randy; Ashes To Ashes; Into Eternity; Wake Me; Rise And Fall; Time Wwasted
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Holger Andrae