NACHTBLUT - Todschick
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/25
Mehr über Nachtblut
- Genre:
- Dark Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Napalm Records
- Release:
- 21.02.2025
- Von Hass Getrieben
- Todschick
- Nachtgeweiht
- Das Leben Der Anderen
- Manchmal Kommen Sie Wieder
- Mein Ist Die Hölle
- Götterstille
- Kinder Des Zorns
- Stirb Langsam
- Schneller Sls Der Tod
Todschicke Melodien mit unwiderstehlicher musikalischer Untermalung.
Wer die sterbenslustige Vampir-Sitcom "What We Do In The Shadows" kennt weiß, dass es Energievampire gibt. Diese ernähren sich von Lebensenergie und sollen zwar selten sein, dennoch scheint sich eine besondere Unterart dieser speziellen Gattung im Laufe der Jahre geballt in der Powermetal.de-Redaktion zusammengefunden zu haben. Ich spreche hier vom, scheinbar von mir entdeckten "Punktevampir", welcher harmlosen, wunderbar musizierenden Dark-Metal-Bands Bewertungspunkte vorenthält und sich an der Entrüstung von Musikern, Managements und Fans labt. Ja, Colin Robinson wäre stolz auf Nils, Tobias und Walter, doch seht selbst im kommenden Februar-Soundcheck!
Aber genug gescherzt: Ihr bemerkt schon an meiner Einleitung, dass ich da ganz anderer Meinung bin, was das neue Album "Todschick" der Osnabrücker Dark-Metal-Band NACHTBLUT betrifft. Meine Halsschlagader konnten die vier Musikvampire tatsächlich überaus erfolgreich anzapfen. Da ich in letzter Zeit selbst sehr kritisch gegenüber moderneren Ausprägungen unserer geliebten Metalmusik war, was sich unter anderem auch in der einen oder anderen Punktevergabe niederschlug, ist die Zahl, die unter diesem Review steht für mich selbst eine große Überraschung!
Bereits beim ersten Durchlauf nahmen mich diverse Bestandteile der Musik auf "Todschick" regelrecht gefangen und zogen mich in ihren Bann. Angefangen bei den sehr ausgetüftelten, geschmackvollen symphonischen Keyboardsounds, über das dezent eingesetzte RAMMSTEIN-Pathos, bis hin zu den meist überhaupt nicht plumpen Texten, die viele bei so einer Band eventuell erwarten, passte hier sehr vieles schon beim ersten Song 'Von Hass getrieben' für mich. Weiter geht es mit dem Titeltrack 'Todschick', der ultrapoppige Rhythmik in modernem metallischem Gewand mit einem, bei NACHTBLUT morbiden, Sprachwitz, und einer gewissen Leichtigkeit verbindet, was das Ganze etwas an Johann Hölzels aka FALCOs Pop-Meisterwerke erinnern lässt.
Zwei Hits bereits gesaugt, doch es geht gerade so weiter: 'Nachtgeweiht' ist für mich die Hymne der Scheibe schlechthin, auch wenn die tief brummelnden Chorstimmen in der Bridge vor dem Refrain fast etwas deplatziert wirken. Spätestens, als das blackmetallische Kreischen im CRADLE OF FILTH-Style einsetzt, ist es um mich geschehen, die Fangzähne sind abermals erfolgreich in meinem Hals gelandet. Was für ein geiler Ohrwurm, die Wände der Clubs werden Risse bekommen vom Geschrei des Publikums bei der Livedarbietung dieses Liedes! 'Das Leben der anderen' hat einen sozialkritischen Text, der Songverlauf ist sehr dynamisch, eine gelungene, tanzflächenfüllende Clubhymne mit hypnotisierendem Refrain. Der nächste Song besticht durch den für mich besten Text der Scheibe. Elektrosounds leiten 'Manchmal kommen sie wieder' ein und lassen die verschlüsselten, aber dennoch inhaltlich gut verständlichen Lyrics über das, was deutschland-, ja europaweit derzeit politisch abgeht unter die Haut gehen. Als Beispiel hier die Zeilen des gekreischten Refrains: "Herrschaft und Ruhm, und tausendjährige Reiche, wir drehen uns im Kreis, es ist immer das Gleiche".
Etwas rockiger wird es mit 'Mein ist die Hölle'. Ich persönlich muss dabei an alte Alben von LACRIMOSA denken. Eine coole, heftige, aber klangvolle und tanzbare Nummer, erneut ein blutsaugender Ohrwurm. Der Beginn von 'Götterstille' kommt wieder symphonisch unterlegt daher, das Riff und die Sprachrhythmik knallen geradezu ins Hirn, genau wie die stellenweise verwendeten Blastbeats. Noch etwas schneller wird es in 'Kinder des Zorns'. Die metallische Atmosphäre ist dieselbe, die sphärischen Keyboards können abermals verzaubern, erinnern gar an typische Gruselfilmmusik. Eine weitere Besonderheit ist der Band mit dem nächsten Song gelungen: Sie verwendet ganz platt Shanty-Sounds, schreibt ein Trinklied und begeistert mich, MICH, der ich so etwas eigentlich absolut abgeschmackt und überflüssig finde, allen ernstes damit. 'Stirb langsam' ist aber auch einfach eine saucoole Nummer! Hufgetrappel und an Ennio Morricones bekannteste Melodien angelehnte Westernmusik leiten 'Schneller als der Tod' ein. So skurril sich das anhört, aber NACHTBLUT hat hiermit den Prototypen-Song für Western-Dark-Metal geschaffen, und er funktioniert verblüffend gut! In der Tat seltsam anzuhören, aber dennoch frisch und kreativ im Klangbild!
Neun Punkte vergebe ich, weil ich noch ein bissel "Luft nach oben" sehe und weil ich bisher keine andere Musik von NACHTBLUT kenne. Hat eigentlich jemand alle Filme zu den Songtiteln gesehen?
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Timo Reiser