NECROS CHRISTOS - Domedon Doxomedon
Auch im Soundcheck: Soundcheck 05/2018
Mehr über Necros Christos
- Genre:
- Death Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Sepulchral Voice (Soulfood)
- Release:
- 18.05.2018
- Temple I - Zohar Of The Sky
- I Am Christ
- Gate Of Sooun
- Temple II - Cistern Of Bethlehem
- Tombstone Chapel
- Gate Of Damihyron
- Temple III - Helper Of YHVH
- He Doth Mourn In Hell
- Gate Of Aion Tsevaoth
- Temple IV - Oracle Of Men
- Seven Altars Burn In Sin
- Gate Of Arba-Hemon
- Temple V - Bereshit
- Exiled In Transformation
- Gate Of Behet-Myron
- Temple VI - Weight Of Gold
- The Heart Of King Solomon In Sorcery
- Gate Of Sulam
- Temple VII - Alive In Sheol
- The Guilt They Bore
- Gate Of Jehudmijron
- Temple VIII - Smoke In Fire
- Exodos
- Gate Of Dimitrijon
- Temple IX - Redeemer To Zion
- In Meditation On The Death Of Christ
- Gate Of Ea On
Thinking Man's Death Metal.
Im Musikgeschäft sind große Ankündigungen oft weniger Wert als das Papier, auf das man sie drucken könnte. Seien es Abschieds-Tourneen, ambitionierte Konzeptalben oder sonstige Superlative, vor denen auch die Metal-Szene nicht verschont bleibt. Ich erwähne das gleich zu Beginn, damit niemand auf die Idee kommt, bei NECROS CHRISTOS verhielte es sich auch so. "Domedon Doxomedon" geistert bereits einige Jahre durch den Underground und die Erwartungen an das finale Werk dieser außergewöhnlichen Band sind in einschlägigen Kreisen enorm. Schließlich liegt das Qualitätsniveau aller Veröffentlichungen von den Demos über die EPs und Splits bis hin zu den beiden vorherigen Alben verdammt hoch. Ist "Domedon Doxomedon" nun eine Platte so biblischen Ausmaßes, wie es Band und Label seit einigen Wochen promoten?
Hier kann ich ruhigen Gewissens mit einem deutlichen "ja!" antworten. Die quantitativen Merkmale dieses Albums alleine sind schon außergewöhnlich (2 Stunde Spielzeit auf drei Tonträger verteilt), sagen aber für sich stehend natürlich nichts über die Qualität aus. Dem Gros der aktiven Death-Metal-Bands ist die Band ja spätestens seit dem Erscheinen von "Doom of the Occult" enteilt. Die Frage, die sich mir während der ausgiebigen "Lektüre" dieses Albums stellt, ist bloß noch die Frage der Entfernung. Nach einigen Wochen und unzähligen Stunden in der Anlage steht fest, dass diese riesig ausgefallen ist.
Greift man sich "nur" die neun Death-Metal-Nummern heraus, ist jede einzelne schon fantastisch. Das geht vom relativ straighten 'Tombstone Chapel', das als eingängigster Track eine logische Single-Auskopplung darstellt, über das epische und zugleich absolut sinistre 'Seven Altars Burn In Sin' hin zum alles vernichtenden 'In Meditation On The Death Of Christ'. Auch ohne Albumkontext würde ich jedem dieser Songs die volle Punktzahl geben. Es ist Mors Dalos Ra und seinen Mitstreitern gelungen, spieltechnisch und kompositorisch so ausgereift zu agieren, dass die Genre-Grenzen mit jedem Durchlauf weniger wichtig werden. Selbstverständlich ist "Domedon Doxomedon" durch und durch Death Metal, doch wird in fast jedem Song ganz und gar ohne Scheuklappen musiziert. So gelingt es NECROS CHRISTOS scheinbar vollkommen mühelos, METALLICA-Harmonien ans MORBID ANGEL-Revers zu heften. Herauskommt bei solchen Ideen immer ein Song, den es nur bei NECROS CHRISTOS geben kann.
Zu einem großen Teil trägt der charismatische Gesang dazu bei, nie zu weit vom Signature-Sound entfernt zu sein. Nimmt man beispielsweise das Schlagzeugspiel oder die Gitarrenarbeit für sich, bewegen sich diese nämlich oft jenseits von Death Metal, wie ihn 99% der anderen Bands spielen. Bei Songs wie 'The Heart Of King Solomon In Sorcery' spürt man ähnliches Grenzgängertum wie OPETH, 'Exodos' schleppt sich gewaltiger und zäher als viele Funeral-Doom-Truppen es klingen lassen und 'I Am Christ' beschert dem Hörer nebst amtlicher Rübenschüttelei so viele vertrackte Breaks und rhythmische Feinheiten, dass es auch Proggern unter den Fingernägeln kribbelt.
Sind wir jetzt am Ende der Lobeshymnen angelangt? Natürlich nicht. Denn die volle Komplexität, ja die eigentliche Klasse eines jeden NECROS CHRISTOS-Albums liegt in seinem Charakter als Gesamtwerk. Dazu tragen die Zwischenspiele im nicht unerheblichen Ausmaß bei, da sie sowohl den Ohren immer wieder Verschnaufpausen gewähren, als auch den Spannungsbogen des Doppelalbums prägen. Im Vergleich zum Vorgänger fallen diese aber bewusst kürzer aus, um die ohnehin schon enormen Ausmaße des Albums nicht völlig zu sprengen. Auch wenn man nicht ständig die Zeit hat, zwei Stunden konzentriert am Stück Musik zu hören: Hier sollte man sie investieren. Gerade am Anfang hat mich "Domedon Doxomedon" so ein einen Malstrom der Begeisterung gerissen, der beinahe unverschämt kurzweilig ausfällt. Und machen wir uns nichts vor: Unter fünf, sechs Durchläufen fällt die Orientierung selbst bei der konsequenten Aufreihung von Temple-Song-Gate schwer. Dafür macht es umso mehr Spaß, sich intensiv den Texten und dem Artwork zu widmen, das man dank der Promo-Dateien ja schon erahnen kann.
Zum inhaltlichen Teil von "Domedon Doxomedon" könnte man ohne Schwierigkeiten etliche weitere Absätze schreiben, was den Rahmen dieser Besprechung aber endgültig sprengen würde. Ich erwähne deshalb lediglich, dass einem interessierten Zuhörer stundenlanges Beschäftigen mit den Ideen und dem Konzept dieser endzeitlichen Angelegenheit bevorstehen, so man denn möchte. Auch in Zeiten von Google und Wikipedia offenbart hier nämlich nicht jede Textzeile gleich ihr Innerstes, nur weil man fähig war, hebräische Wörter von einer Maschine übersetzen zu lassen. Die ausgiebige Auseinandersetzung mit den Texten, man darf getrost von Exegese sprechen, ergänzt meiner Meinung nach auf Verstandesebene die absolute Qualität, die die Sinnesebene in Form der Musik eben bietet. Wer sich an dieser Stelle mehr für die inhaltliche Dimension interessiert, wird sich in den nächsten Tagen mit einem ausgiebigen Interview an dieser Stelle fortbilden können.
Fazit: "Domedon Doxomedon" kann aufgrund des zeitgeschichtlichen Kontexts natürlich kein stilprägendes Album mehr werden, dafür ist schon zu viel Wasser den Styx heruntergeflossen. Die alle Genre-Grenzen sprengende Musikalität und vom Tiefgang erzeugte Dunkelheit suchen aber über die volle Distanz Ihresgleichen. Dem Sog und der Vielschichtigkeit kann man sich schlichtweg nicht entziehen, ob man der Spiritualität von NECROS CHRISTOS nun etwas abgewinnen kann oder nicht. Dieses Album sticht nicht nur aus der aktuellen Veröffentlichungsflut hervor wie ein Fels in der Brandung des Zeitgeistes, es hat auch neben den großen Konzeptalben dieser Welt einen Platz. Ein künftiger Klassiker, so viel ist sicher!
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Nils Macher