NEURAXIS - Truth Imagery Passage
Mehr über Neuraxis
- Genre:
- Death Metal
- Label:
- Earache Records / SPV
- Release:
- 11.07.2005
- ... Of Divinity
- Impulse
- Fractionized
- Xenobiotic
- Reflections
- Imagery
- Memento
- Structures
- Mutiny
- Essence
- Neurasthenic
- Truth Beyond Recognition
- Intro
- A Temporal Calamity
- Oscilliated To Intelligence
- Cyberwar
- Inqusition On Mortality
- Lid To Your Soul
- Reasons Of Being
- Atmospheric Holocaust
- Psycho-Waves
- A Drift ...
- Driftwood
- The Drop
- Unite
- Virtuosity
- The Art Of Sadness
- Link
- Blind The Vision That Shatters
- To Pacify
- The Drop
- Forlorn
- In Silence
- ... Of Divinity (live)
Die "Wahrheit dahinter", der erste Teil dieser Doppel-CD, dauert 40 Minuten und kommt aus Montréal in Kanada. Sie präsentiert sich als technisch anspruchsvoller und dennoch unverkrampfter Death Metal mit komplexen, intensiv wirkenden Songstrukturen.
Kreischige Blastparts wechseln bei '… Of Divinity' mit Gitarrengefrickel sowie kurzem Groove-Gegrunze. Sofort wird deutlich, dass zeitgemäßer Death Metal es nicht zwingend nötig hat, sich beim Hardcore metalcorig anzubiedern.
Die erstaunliche Stimmvarianz um Sänger Ian Campbell erklärt ein Blick ins Booklet: 'Impulse' zum Beispiel machen auch Lenzig, Zak und Jawsh von CEPHALIC CARNAGE, Steve von DESPISED ICON und Youri von UNHUMAN als Backgroundsänger zu dem, was es ist.
Lenzig und Steve sind auch bei 'Fractionized' wieder mit mächtigen Growls dabei, inmitten der Gitarren zwischen tiefem Schwingen im Midtempo und Blastparts. Auch wenn sich der Songtitel 'Fractionized' auf die Lebensumstände zwischen eng gesteckten intellektuellen und ethischen Grenzen bezieht, könnte damit die umrissene, mindestens dreiteilige Songstruktur gemeint sein.
Markerschütternde Schreie bilden das ear candy bei 'Xenobiotic' ebenso wie die zwei gleichermaßen fähigen Gitarristen Steven Henry und Robin Milley. Während der Blastparts nimmt die jeweilige Lead-Gitarre in Tempo und Melodie nämlich kurz Reißaus. Dies übersteht das musikalische Gefüge dennoch als untrennbare Einheit, ebenso wie den Zwischenteil mit harten Breaks im folgenden 'Reflections'.
'Imagery' wurde wohl zum Verschnaufen weitgehend im groovigen Midtempo gestaltet, was der musikalischen Komplexität allerdings keinerlei Abbruch tut. Selbst Tommy McKinnans double bass wird hier zum Strukturieren eingesetzt, selbstredend nicht zum stumpfen Durchprügeln. Der Songtext enttarnt menschliche Erinnerungen als neurobiologische Abläufe, die chemisch gesteuert werden, nur ein weiteres Beispiel für die insgesamt kritische und dabei angenehm reflektierende Weltsicht, die die Kanadier mit ihren Lyrics zum Besten geben.
NEURAXIS stehen aber nicht als Klugscheißer da, denn auch sie ergeben sich nichtsdestotrotz der Erinnerung: 'Memento', ein gut einminütiges Instrumental auf Basis einer warmen Akustik-Gitarre, zu der eine E-Gitarre immer wieder kurz kalt, aber melancholisch dazukommt, scheint in der Vergangenheit geradezu zu wühlen.
Besonders bei 'Structures' fällt auf, dass trotz wenig linearem Songwriting und Texten, die ihrer eigenen Logik folgen, die Intonation sinntragend dargebracht wird.
Auch die Breaks folgen einem übergeordneten Muster, wie etwa bei 'Essence'.
Eine kleine Grind-Überraschung bietet – kurz und schmerzlos – 'Neurasthenic'.
'Truth Beyond Recognition' gibt sich zum Abschluss versöhnlich melodiös, nicht ohne dass die Leadgitarre bisweilen aus den Bögen hervorstechen würde.
Dass NEURAXIS keine unqualifizierten Aushilfsgitarristen angehören, bestätigt spätestens das unbenannte Outro, welches eine klassisch gespielte Akustikgitarre bestreitet.
Jetzt habt ihr die Wahl zwischen anschließendem Videomaterial und einem Griff in die Mottenkiste, in der es überhaupt nicht muffig, sondern nach frisch erlegtem Aas duftet: Anhand der 1997 erschienenen "Imagery" sowie der 2001 erschienene "Passage Into Forlorn", die sich im Fall der aktuellen "Truth Imagery Passage" auf CD 2 wiederfinden, kann interessanterweise der musikalische Weg von NEURAXIS nachvollzogen werden. Die möglicherweise bereits getroffene Kaufentscheidung gilt es hernach keineswegs zu revidieren, auch wenn beide Re-Releases ungehobelter als "Truth Beyond" lospoltern.
Beginnend mit "Imagery" rumpelt der zweite Song, 'Oscillated To Intelligence', bereits mit räudigen Goregrind-Grunzern und Kreischern los. 'Cyberwar' experimentiert mit den bei 'Xenobiotic' so eloquent umgesetzten Ausreißversuchen der Gitarre.
Growls, raues Gurgeln und belegtes Kreischen, Breaks und Tempowechsel: All diese Elemente, die auf Chaos hindeuten, ordnen sich bei 'Lid To Your Soul' dennoch geradezu spürbar einem bang-kompatiblem Rhythmus unter.
Den ersten Kritikpunkt inmitten all dieser ernsthaften Lobhudelei bietet 'Atmospheric Holocaust': Die bass drum klingt wie gegeneinander klackende Playmobil-Männchen. Die Enttäuschung hält sich jedoch in überschaubaren Grenzen, denn mit dem richtig schönen 'Psycho-Waves' folgen Death-Metal-Growls über einem komplex melodischem Gitarrenteppich, zwischen denen auch morbide Kreischer nicht fehlen.
Mit keinesfalls belanglosem Oldschool Death Metal geht der Parforceritt weiter: 'Driftwood' imponiert mit hektischen Gitarren-Melodiebögen und wütenden Growls in zwei Stimmlagen. So landet der Zuhörer schließlich beim endgültig grindigen 'The Drop': Durchgegröle und wer zuerst fertig ist, hat gewonnen.
Darauf geht es vier Jahre vorwärts zu "Passage Into Forlorn" von 2001: Im Grind-Stil geht es lediglich beim ersten Hinhören weiter, doch das rasende Tempo von 'Unite' weist eine zerhackte Melodie und kurze Akustik-Gitarren-Einsprengsel auf.
Wirklich erwähnenswert ist weiterhin 'The Art Of Sadness', brachialer Bombast, bei dem das Ohr in jeder Sekunde etwas Neues zu entdecken hat; es bleibt nicht lange beim doublebassunterlegten Midtempo-Flirren. Ansonsten haben NEURAXIS sich offenbar bereits zu Beginn dieses Jahrtausends dem technischen Death Metal verschrieben, wie vor allem 'Link' und 'To Pacify' deutlich machen.
Freunde eben dieses Genres, denen es Spaß macht, in eine Veröffentlichung einzutauchen und auch beim x-ten Hören Neues zu entdecken, wie es etwa bei NILE der Fall ist, sollten auch NEURAXIS goutieren.
Beim Bonusmaterial, 'In Silence' von 1999 und einem 2003er Livemitschnitt aus Kanada von '... Of Divinity' wird klar, dass die Jungs dringend mal auf hiesigen Bühnen vorbeischauen müssen: Alors, venez, s'il vous plaît, messieurs! Leider ist von derartigen Plänen nichts bekannt.
Anspieltipps: ... Of Divinity, Imagery, Neurasthenic, Truth Beyond Recognition
- Redakteur:
- Gretha Breuer