NICK CAVE AND THE BAD SEEDS - Push The Sky Away
Mehr über Nick Cave And The Bad Seeds
- Genre:
- Post Punk/Rock/Alternative
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Bad Seed ltd. / Rough Trade
- Release:
- 15.02.2013
- We No Who U R
- Wide Lovely Eyes
- Water's Edge
- Jubilee Street
- Mermaids
- We Real Cool
- Finishing Jubilee Street
- Higgs Bosom Blues
- Push The Sky Away
Von wegen das erste Alterswerk!
Wenn Künstler wie NICK CAVE nach gut fünf Jahren ein neues Album herausbringen, stürzt sich bekanntlich alles und jeder auf das Teil, um seinen Senf abzugeben. Wir natürlich auch, aber plötzlich sind in diversen Medien Kritiken darüber zu finden, die sonst nicht wirklich viel mit dem Künstler am Hut haben und eben auch im Gespräch bleiben müssen. Das ist NICK CAVE ebenfalls bewusst. Und so lässt er auch gleich allen mitteilen, dass er für Interviews nicht zur Verfügung steht. Wer solange im Geschäft ist, kennt die Spielchen und sicher hatte er darauf einfach keine Lust. Aber dieses Statement hat etwas. Wahrscheinlich ist es ihm total egal, was andere zu seiner Musik sagen, denn Angst haben, dass er zerrissen wird, braucht er auf gar keinen Fall.
Nüchtern betrachtet steckt auf den ersten Blick mit neun Songs und einer Dauer von gut 40 Minuten gar nicht so viel NICK CAVE drin. Doch was sind schon schnöde Zahlen, denn mit "Push The Sky Away" ist ihm ein Geniestreich gelungen, der mit dem Vorgängeralbum "Dig!!! Lazarus, Dig!!!" (2008) nicht allzu viel gemeinsam hat. Von der lauten und polterigen Phase, die sich im besagten Album zeigte und im GRINDERMAN-Projekt mündete, ist nichts mehr zu verspüren. Ob es am Alter des Künstlers liegt oder nicht, die Songs wirken allesamt gereifter und erdiger. Der Sänger scheint mit sich selber im Einklang zu sein. Die berühmten Ego-Trips sind Vergangenheit und das merkt man sehr stark. Wer nun aber denkt, dass es damit langweilig wird, der irrt gewaltig. Mister Cave kann immer noch gnadenlos melancholisch den Hörer mit seinen Gesang verführen und man klebt unweigerlich an seinen Lippen. Damit das auch von Anfang an klappt und der Hörer animiert wird, sich dem Werk zu widmen, erscheint seine Ehefrau Susie Bick nackt auf dem Cover. Cave, natürlich im schnieken Anzug, weist ihr den Weg. Man munkelt es wäre der Weg aus dem gemeinsamen Schlafzimmer…
Aber wie dem auch sei, der Sänger kann mit Worten genauso den Weg weisen. Oft schwingt eine Prise Ironie mit und er nimmt sich selbst nicht mehr ganz so ernst. Das wäre früher undenkbar gewesen. Doch passt es zu ihm und 'We No Woh U R' eröffnet das Album, was gleich ein bandtypischer Song und ein perfekter Einstand ist. Bereits hier merkt man die große Stärke des Albums. Weniger ist manchmal mehr, um dennoch eine geniale Stimmung erzeugen zu können. Der weibliche Hintergrundgesang tut sein übriges dazu. Das Album wurde in einem alten Herrenhaus in Südfrankreich aufgenommen. Während dieser Zeit wohnte die Band gemeinsam dort und das erklärt wohl diese allgegenwärtige Harmonie zwischen den Bad Seeds und dem Sänger.
Dagegen präsentiert sich 'Waters's Edge' etwas verstörender und hier kommt der "alte Cave" ganz gut durch. Trotz seiner lieblichen Melodie ist 'Jubilee Street' alles andere als leichte Kost. Im dazugehörigen Video zieht Cave nachts durch diese Straße, die vom Rotlichtmilieu geprägt ist. Ein Higgs-Boson ist ein nach Peter Higgs benanntes hypothetisches Elementarteilchen. Warum nicht daraus einen Blues machen? Nick Cave kann das wunderbar, denn schließlich sucht der Sänger selbst gern im Netz nach kuriosen Dingen. Im 'Higgs Boson Blues' wird eine abstruse Story erzählt. Eigentlich will er ja nach Genf, etwas über besagtes Elementarteilchen lernen, doch dann sieht er Robert Johnson mit dem Teufel und zu allem Überfluss treibt am Ende Miley Cyrus in einem Swimming Pool. Da ist das eigene Kopfkino gefragt!
Ja, so ist NICK CAVE, immer den Schalk im Nacken. Doch es bedarf eines genauen hinhören beziehungsweise hinsehen. Selten ist bei ihm sofort alles sichtbar. Aber genau das ist es, was ihn und seine Bad Seeds all die Jahre ausgemacht hat. Manche meinen, es sei sein erstes Alterswerk. Davon ist textlich wenig zu spüren. Gut, musikalisch geht es wesentlich ruhiger zu, aber das auf das Alter zu schieben ist verwegen. Der Reiz liegt vielmehr im Kontrast zwischen beschaulicher Musik und abstrusen Texten. Aber dafür muss man eben genau hinhören.
Anspieltipps: We No Who U R, Jubilee Street, Higgs Boson Blues
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Swen Reuter