NIDINGR - The High Heat Licks Against Heaven
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/2017
Mehr über Nidingr
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Indie Recordings / Plastic Head / Soulfood
- Release:
- 10.02.2017
- Hangaguð
- Surtr
- The Ballad Of Hamther
- On Dead Body Shore
- Gleipnir
- Sol Taker
- Ash Yggdrasil
- Heimdalargaldr
- Valkyries Assemble
- Naglfar Is Loosed
Erhabene, meisterliche schwarzmetallische Nordlandmystik.
Obwohl es NIDINGR auch schon eine halbe Ewigkeit gibt, ist die Band bislang doch nicht so richtig in den Fokus der Aufmerksamkeit geraten, was den norwegischen Black Metal angeht. Dass Bandleader Teloch mittlerweile auch bei MAYHEM in die Saiten greift, dürfte das Interesse an der Truppe aus Borre deutlich gesteigert haben, doch auch musikalisch gibt es Grund genug, sein Augenmerk auf NIDINGR zu richten. War schon das Vorgängerwerk "The Great Deceiver" ein beachtliches Stück technisch anspruchsvollen und doch eingängigen Black Metals, so zieht das Quartett auf "The High Heat Licks Against Heaven" nochmal einige Register mehr.
Das Album befasst sich lyrisch-konzeptionell sehr intensiv mit der dunklen Seite der nordischen Mythologie und trägt dazu passend auch ein wirklich faszinierendes Artwork mit großartiger Symbolik. Wer nun allerdings denkt, dass mythologische Themen möglicherweise im eher avantgardistisch-progressiv orientierten Klangbild, dem durchaus verschachtelten Songwriting und der komplexen Kompositionsweise der Band etwas deplatziert wirken könnten, der sieht sich getäuscht, denn NIDINGR gelingt es mit einer atemberaubenden Leichtigkeit die Epik der Nordlandmystik mit einer wilden instrumentalen Abfahrt sowie starken und von Frontmann Cpt. Estrella Grasa sehr verständlich und vielseitig dargebotenen Vocals zu verbinden.
Das Album ist mit Songhighlights gespickt und hat keinerlei nennenswerte Durchhänger, denn schon der sich selbstredend um Odins Runenlied drehende Opener 'Hangagud' ist eine rasende Abfahrt mit Riffing in der besten MYSTICUM-Tradition, indes natürlich mit dem organischen, echten Schlagzeug Øyvind Myrvolls und eine Break in eine lässige grooverockende Passage zum Ende hin. Programmatisch passend packt 'Surtr' dem noch eine Schippe drauf, und man sieht vor dem inneren Auge förmlich wie das flammende Schwert Bifröst zerschlägt und der Weltenbrand lodert.
Doch NIDINGR ist keineswegs auf die Raserei festgelegt, so ist 'The Ballad Of Hamther' zwar wahrlich keine Ballade, aber doch ein etwas schleppeneres, groovenderes Stück, immer noch in gehobenem Tempo, doch heavier, zermalmender dreht sich hier alles um das düstere "Hamthesmål", ein uraltes Gedicht aus dem Codex Regius. 'On Dead Body Shore' ist verhältnismäßig straight und eingängig, bevor sich 'Gleipnir' - der magische Faden, der den Fenriswolf bindet - sehr ätherisch und schwebend präsentiert, mit ambienten Elementen garniert und mit einigen Drum'n'Bass-Loops. So ist das Stück streckenweise nicht unähnlich etwa dem entsprechenden Zwischenspiel auf MAYHEMs "Grand Declaration Of War", hat jedoch zudem auch schwerst marternde Schwarzdoom-Passagen zu bieten.
Auf diese Weise reiht sich Treffer an Treffer, bis das Album im schleppenden, doomigen 'Ash Yggdrasil' kulminiert, einer absoluten Perle, bei welcher der singende Kapitän sowohl dunklen, beschwörenden Klargesang darbietet, der im zweiten Vers von herrlichen, fragilen Chören flankiert wird, als auch seinen im Übrigen vorherrschenden knurrenden, aggressiven Gesang. Auf der instrumentalen Seite finden wir einen schleppenden Beat, ätherische bis monolithische Gitarrenriffs, die sicherlich allen Fans von MAYHEM gut munden dürften, ebenso aber auch Anhängern von SATYRICONs "Volcano". Intensiver hörte ich selten jemanden den Weltenbaum besingen.
Da die Scheibe auch zum Ende hin nicht nachlassen will und im finalen 'Naglfar Is Loosed' letztlich Heimdallr ins Horn stößt, alle Leinen gekappt werden und das finstere Schiff zu den Klängen einer fast schon sludgigen Schwarzdoomhymne, der auch ein wenig wundervoller elegischer Lichtalbengesang angediehen ist, in See sticht, bleibt man als Hörer mit offenem Mund zurück und preist NIDINGR für ein erhabenes, sehr ergreifendes Werk, das nordische Mythen so finster, so klischeefrei und doch so packend inszeniert, wie dies nicht allzu oft geschieht.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle