NIKA RIOTS, THE - Derelict
Mehr über Nika Riots, The
- Genre:
- Hardcore / Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Mas-Kina Recordings
- Release:
- 29.04.2022
- Dereliction Beat
- Inertia
- Perseverance
- Homage To The Mute
- NikaNikaNika
- Like Swans
- Crime Tapes And Weltschmerz
- Above The Law
- Shake Colosseum
- Become The Hammer
- I Buried Someone Yesterday
Die perfekte Mischung aus... allem?!
Bands, die einen Spagat zwischen mehreren gegensätzlichen Sparten versuchen, gibt es zuhauf, zumeist wohlwollend von der Kritik begleitet, bei den Fans hingegen eher anerkennend abgenickt. Am Ende fühlt sich die Hörerschaft in ihren jeweiligen Lieblingsschubladen eben doch am wohlsten. Genre-Crossover sind und bleiben also gewagte Unterfangen, doch THE NIKA RIOTS aus Norwegen gelingt die Ausnahme von der Regel: Diese Mischung ist schlicht und einfach zu gut, um wahr zu sein.
Was machen die Skandinavier besser als zahlreiche andere ambitionierte Truppen? Ganz einfach: Über ihrem abwechslungsreichen und aufgekratzten Debütalbum steht in riesigen Lettern Hardcore – und all die Beimischungen und Querverweise bereichern den sehr authentischen Sound des Fünfers zwar in vielerlei Hinsicht, die Core-Vorherrschaft wird jedoch nie in Frage gestellt. "Derelict" bietet besagte Straßenkämpfermucke allerdings mit jeder Menge Metal-, Alternative-, Crust-, Postcore-, bisweilen auch Grind- und Death'n'Roll-Anteilen, und das jeweils in beinahe perfekter Ausgewogenheit. Der starke Ersteindruck der Erstlings-EP "Set Fire" wird also mehr als bestätigt, womit meine Erwartungen von 2018 tatsächlich übertroffen werden. Für Hardcore-Verhältnisse sind die elf Songs eher lang und ungewöhnlich komplex, doch auch hier hebt sich THE NIKA RIOTS erfolgreich von starken Konkurrenten wie BAILER ab: Man verzettelt sich nie, Langeweile bleibt aus, an jeder Ecke lauern immer neue Überraschungen und Finten.
Dabei eröffnet 'Dereliction Beat' das Album verhältnismäßig getragen und nachdenklich; ein hymnischer Chorus setzt sich direkt im Gehörgang fest, simples Punk-Riffing und gewitzte Überleitungen von einem zum nächsten Part machen Lust auf mehr. Und "mehr" heißt in diesem Fall 'Inertia': Hier wird vom ersten Moment an heftig geknüppelt, ehe ein brutal moshbarer Groove-Metal-Kehrvers die Szenerie betritt – EKTOMORF lässt grüßen! Als Hauptchorus gibt es aber auch hier wieder eingängige Melodien, die einen gelungenen Kontrast zur Attacke zuvor bilden. Anschließend wird bei 'Perseverance' lässig Betonkriegermusik mit Ska-Tanzeinlagen kombiniert und in einem Punkrock-Refrain vermählt, was an sich schon mächtig Laune macht - den Oberhammer bilden aber die Tempowechsel des Songs, vor allem am Ende, als der punkige Groove von mächtigem Headbang-Gemetal abgelöst wird.
THE NIKA RIOTS besticht jedoch nicht nur durch Abwechslungsreichtum und intelligentes Songwriting, sondern auch mit der Fähigkeit zu großen Melodien, bisweilen sogar Epik. 'Homage To The Mute' oder 'Above The Law' mit GREEN DAY-mäßigen Stadionchorussen und dramatischen Choreinlagen, 'Like Swans' als aufgekratzte Rock-Hymne und 'I Buried Someone Yesterday' als beinahe tragischer, grimmiger Abschluss. Sowohl diverse Irrsinnspassagen als auch die gelegentliche Radiotauglichkeit erinnern an Großtaten von SYSTEM OF A DOWN. Daneben bleibt außerdem noch Zeit für spaßige Grind-Einlagen bei 'NikaNikaNika' oder das herrlich tanzbare 'Shake Colosseum'. Nochmal eine andere Richtung schlägt 'Crime Tapes And Weltschmerz' mit knallharten DEFTONES-Riffs aus der "Adrenaline"-Phase ein.
Auch nach zig Durchläufen lassen sich auf "Derelict" noch neue Details entdecken – für Hardcore-Verhältnisse sind die Norweger also schon fast konkurrenzlos vielfältig unterwegs. Der heisere Schreigesang mag nicht jedermanns Fall sein, doch davon abgesehen gibt es in Sachen Hardcore/Metal mit THE NIKA RIOTS ab sofort eine neue Referenz; das ebenfalls bockstarke SPILL YOUR GUTS-Debüt "The Wrath It Takes" wird auf die Plätze verwiesen.
Anspieltipps: Inertia, Perseverance, Shake Colosseum
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Timon Krause