NILE - Annihilation Of The Wicked
Mehr über Nile
- Genre:
- Death Metal
- Label:
- Relapse/SPV
- Release:
- 23.05.2005
- Dusk Falls Upon The Temple Of The Serpent On The Mount Of Sunrise
- Cast Down The Heretic
- Sacrifice Unto Sebek
- User-Maat-Re
- The Burning Pits Of The Duat
- Chapter Of Obeisance Before Giving Breath To The Inert One In The Pres
- Lashed To The Slave Stick
- Spawn Of Uamenti
- Annihilation Of The Wicked
- Von Unaussprechlichen Kulten
NILE werden ja gerne in den siebten Himmel und höher gelobt. Auch ich habe eine hohe Meinung von dieser Band, die nun aber enttäuscht wird.
Am musikalischen Können der Band will ich nicht zweifeln. Selber habe ich live erleben dürfen, wie flitzeflink und hingebungsvoll Herr Sanders und sein Kollege Dallas ihre Instrumente bedienen. Ich erinnere mich, damals schier weggeblasen worden zu sein, als man die "In Their Darkened Shrines" livehaftig machte. Im Übrigen war ich von diesem Werk extrem begeistert, weil es eine schwer zu erfassende Düsterheit und ursprüngliche Mystik transportierte, die man heutzutage auf nur noch sehr wenigen Death-Metal-Veröffentlichungen findet. Als Paradebeispiel dafür muss einfach immer wieder "Altars of Madness" herhalten. Ich war damals sehr glücklich, dass sich mit NILE eventuell eine Band gefunden hatte, die wirklich versucht, musikalisch und thematisch extrem tief zu gehen, so tief, dass man als Hörer wirklich mitgerissen wird und die dunklen Kräfte der Vergangenheit, deren Überlieferung in diesem Falle am Nil ihren Ursprung nimmt, wahrhaftig fühlen kann.
Voller Erwartung musste ich nach dem ersten Hördurchlauf nun enttäuscht feststellen, dass "Annihilation Of The Wicked" diese mediale Fähigkeit der Überlieferung ägyptischer Mystik und Magie nicht mehr besitzt. Meiner Meinung nach ist das Album oberflächlich geraten und bietet wenig Neues, abgesehen von den wohl sorgfältig recherchierten Themen, die in den einzelnen Songs behandelt werden. Vorrangig geht es da, wie nicht anders zu erwarten, um die scheinbar unanfechtbare Macht der alten Götter Ägyptens. Hervorsticht, wie der Albumtitel es bereits vorgibt, die Bestrafung und Ausschaltung der "Bösen", "Unrechten", "Unangenehmen", also ausgerechnet jener, die sich dem Willen der Götter widersetzen. Wenigstens das abschließende "Von unaussprechlichen Kulten" handelt von den unbezwingbaren chtonischen Kräften, welche die Schöpfung wieder ins Chaos stürzen werden, vom Doomsday, vom Ende der Menschheit.
Musikalisch gibt man natürlich erst mal Vollgas, die Doublebass kickt unermüdlich, die Gitarren sind zweifellos schnell gespielt. Das macht aber noch lange keinen Unterschied zu unzähligen aus spieltechnischer Sicht hochwertigen Veröffentlichungen in diesem Genre. Gut spielen können die meisten. Sicherlich kann man die von Sanders bereits auf seinem Solotrip "Saurian Meditation" ausgereizte Baglama Saz als das i-Tüpfelchen sehen, welches "Annihilation Of The Wicked" parallel zu der ägyptischen Thematik besonders macht. Aber solche "Besonderheiten" können auch arg gekünstelt wirken, wenn man insgesamt den Eindruck gewinnt, dass die Musik nur übereifrig zusammengestückelt ist und der innere Faden, die goldene oder schwarze Essenz fehlt, welche den Hörer wirklich bannen könnte.
Nach dem ersten konzentrierten Hören muss ich also feststellen, dass mir "Annihilation Of The Wicked" außer solch neuen Erkenntnissen z. B. darüber, wie ein "slavestick" genanntes Folterinstrument genau aussah, nicht viel gibt. Zum Teil sind die Erklärungen zu den Songtexten länger als die Songtexte selber. Allerdings wollte ich gute Musik hören und keine literarischen Studien betreiben.
Ich komme zu dem Fazit: Wenn ich wirklich energiegeladenen Death Metal mit viel Abwechslung, ausgefeilten, originellen Riffs und gigantischer Stimme hören will, inklusive eines tollen Sanders-Solos (nicht wie bei den "Songs von Annihilation Of The Wicked" teilweise abrupt endend), dann höre ich mir "Demigod" von BEHEMOTH an. Dort hängt jetzt die Messlatte. Andere Bands seien gerne aufgefordert, sich etwas Besseres einfallen zu lassen. NILE ist mit ihrem neuen Album leider nichts gelungen, was dem das Wasser reichen könnte.
Nun habe ich mir diese CD aber nun einmal gekauft und werde sie auch bis zum Erbrechen hören. Ich stelle gerade bei einem weiteren Anlauf fest, dass das bewährte Mittel des Lauterhörens auch bei NILE hilft. Die Musik ist ja wirklich nicht schlecht und mein Review soll auf keinen Fall zum Ausdruck bringen, dass man sich dieses Album nicht anhören kann! Nur bleibt es dabei: Meine mehr als positiven Vorerwartungen wurden nicht erfüllt.
- Redakteur:
- Wiebke Rost