NILE - The Underworld Awaits Us All
Mehr über Nile
- Genre:
- Death Metal
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Napalm Records
- Release:
- 23.08.2024
- Stelae Of Vultures
- Chapter For Not Being Hung Upside Down On A Stake In The Underworld And Made To Eat Feces By The Four Apes
- To Strike With Secret Fang
- Naqada II Enter The Golden Age
- The Pentagrammathion Of Nephren-Ka
- Overlords Of The Black Earth
- Under The Curse Of The One God
- Doctrine Of Last Things
- True Gods Of The Desert
- The Underworld Awaits us All
- Lament For The Destruction Of Time
Genial oder überfrachtet? Beides!
Ok, NILE. Nicht schlecht. Wirklich gar nicht schlecht. Ihr habt meine Aufmerksamkeit. Ein neues Album der Ägytologen-Deather war schon immer eine Herausforderung, mit dem 10. Opus "The Underworld Awaits Us All" kredenzen uns die Amis eine wirklich harte Nuss.
Sicher, NILE war noch nie eine Band, die mit Eingängigkeit überzeugte, aber anno 2024 bereiten die Herren ein herausforderndes Elf-Gänge-Kopfzerbrecher-Menü und das trotz erneut leicht veränderter Mannschaft: Nebst Karl Sanders (Gitarre, Gesang) und George Kollias (Drums) ist weiterhin Brian Kingsland an Gesang und Gitarre dabei. Neu an Bord und noch nicht am Songwriting beteiligt, sind Zach Jeter (u.a. DOOMSDAY REVIVAL) an Gitarre Nummer drei und Gesang, sowie Dan Vadim Von (MORBID ANGEL) am Bass.
"The Underworld Awaits Us All" ist einerseits total vertrackt und progressiv, aber nicht minder extrem und brutal. Es gibt wenig durchgehende Grooves, markante Riffs, wiederkehrende Refrains oder einen anderen roten Faden, an dem man sich über die musikalischen Fallen der Katakomben hinweg und entlang der verworrenen Labyrinthe entlang hangeln könnte, das einzige, was beständig ist, sind die stetigen Takt- und Rhythmuswechsel. Ich muss zugeben, dass ich nach den ersten Durchläufen etwas ernüchtert war. Ein Song, vor allem von NILE, muss nicht gleich nachvollziehbar oder eingängig sein, aber ich möchte dann umso mehr erkennen, dass es sich nicht um eine scheinbar wahllose Aneinanderreihung von Knüppelparts handelt. Diesen etwas unkoordinierten Eindruck vermittelt mir "The Underworld Awaits Us All" jedoch auch nach intensiver Rotation teilweise.
So ziehen der Opener 'Stelae Of Vultures' (mit überzogenem Gefrickel) und die erste Single mit dem längst legendären Namen 'Chapter For Not Being Hung Upside Down On A Stake In The Underworld And Made To Eat Feces By The Four Apes' (angeblich wird hier das 181. Kapitel des ägyptischen Totenbuchs vertont), aber auch 'Under The Curse Of The One God' und der fast neunminütigen Titeltrack, leider zu einem Ohr rein und zum anderem raus. Ebenso hinterlässt das rein instrumentale Schlusslicht 'Lament For Destruction Of Time' eher Fragezeichen, klingt es doch lediglich wie ein Gerüst eines noch nicht fertigen Songs.
Dem gegenüber steht der unfassbar böse Highspeed-Tornado 'To Strike With Secret Fang', der in gerade mal zwei Minuten alles abreißt. Das erste Mal spitzen sich die Ohren beim Track 'Naqada II Enter The Golden Age', wenn ungefähr ab Minute 3:50 die Gitarren ausklingen, Kollias einen simplen, aber mitreißenden Groove spielt, das Gitarren-Trio ein fettes thrasiges Riff aus dem Ärmel schüttelt und auf einmal kurze sakrale Chöre eingeworfen werden, die auch auf folgenden Songs immer wieder mal kurz erklingen und für die nötige Abwechslung sorgen. Mein Favorit hört auf den Namen 'True Gods Of The Desert', der mit einer satten Portion Groove, fettem Riffing und düstereren Atmosphäre überzeugt und dabei klug arrangiert und schlüssig ist. Ähnlich gelungen ist 'Overlords Of The Black Earth', das mit viel Spielwitz und einem NILE-typischen Doom-Part aufwartet.
Apropos Doom: Der "schleppendste" Song ist 'Doctrine Of Last Things', was an und für sich ja eine feine Sache wäre, aber es wird ein weiteres Kapitel aufgeschlagen, über das man reden kann und vielleicht auch mein größtes "Problem" mit dem Album deutlich macht. Zu viele Sänger verderben die NILE-Suppe, konkret: es gibt eindeutig zu viele gutturale Gesänge, mal tiefer, mal etwas mittiger, häufig abwechselnd, immer in hoher Frequenz. Und zwischendurch besagte Chöre. Mir hat es deutlich besser gefallen, als Dallas Toler-Wade bis zu seinem Ausstieg 2017 quasi als "Hauptsänger" klar auszumachen war und Sanders ihn ab und zu mit seinen tiefen Growls unterstützte. "The Underworld Awaits Us All" ist meines Erachtens ziemlich überfrachtet mit der sehr progressiven, beziehungsweise verspielten Ausrichtung und den gleichzeitig fast konkurrierenden Gesängen.
Es ist nicht so, dass ich keine Zielgruppe wäre, ich mag fast alle NILE-Alben (mein Favorit "What Should Not Be Unearthed" läuft gerade beim Schreiben dieses Reviews) und bin großer Verehrer von Kollias' Schlagzeugspiel. Aber ich muss mir, glaube ich, langsam eingestehen, dass ich mit "The Underworld Awaits Us All" nicht viel anfangen kann. Zumindest nicht auf Albumlänge. Ich ziehe meinen Hut vor dem spielerischen Können, vor allem, was Kollias wieder vom Stapel lässt, ist abartig unmenschlich! Dafür, dass NILE seit 30 Jahren das Zepter für extremen, technischen Death Metal hochhält, gebührt den Herren viel Respekt, zumal man der Musik und einem Karl Sanders, der gerade 61 Jahre wurde, keine Ermüdungserscheinungen anhört. Dennoch finde ich, zumindest aktuell, keinen vollen Zugang zu dem Album, darum ist meine Note definitiv kein finale Bewertung.
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Jakob Ehmke