NILE - Vile Nilotic Rites
Mehr über Nile
- Genre:
- Technical Death Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Nuclear Blast
- Release:
- 01.11.2019
- Long Shadows Of Dread
- Oxford Handbook Of Savage Genocidal Warfare
- Vile Nilotic Rites
- Seven Horns Of War
- That Which Is Forbidden
- Snake Pit Mating Frenzy
- Revel In Their Suffering
- Thus Sayeth The Parasites Of The Mind
- Where Is The Wrathful Sky
- The Imperishable Stars Are Sickened
- We Are Cursed
Das Death-Metal-Album des Jahres!
"What Should Not Be Unearthed", das letzte NILE-Album, war eine absolute Macht. Irrsinnig technisch, wahnsinnig schnell, extrem zermaternd, einfach ein 10er-Album. Vier Jahre später liegt nun mit "Vile Nilotic Rites" das nächste Opus vor, das erstmal eine wichtige Zäsur mit sich bringt: Langjähriger Fronter/Gitarrist Dallas Toler-Wade ist nach acht Alben beziehungsweise 21 (!) Jahren nicht mehr in der Runde. Den Posten übernimmt von nun an Brian Kingsland, aber auch am Bass/Gesang ist mit Brad Parris ein neues Gesicht zu finden. Zusammen mit Ur-Mitglied Karl Sanders an Gitarre/Gesang steht NILE mit drei Frontern dar, was schon mal ziemlich cool ist. Dabei übernimmt Brian wie zuvor Dallas den Hauptanteil, und ich muss sagen, dass mir der Wechsel im Leadgesang zwar auffällt, jedoch weder schwer- noch missfällt. Wie sein Vorgänger grunzt Brian nämlich relativ gut verständlich und ausdrucksstark. Zudem trug er bereits vier Songs zum neuen Album bei, Respekt!
Die wichtigste Frage: Wie klingt "Vile Nilotic Rites" nun? Ganz einfach: 100% nach NILE! Und doch weht ein frischer Wind durch die Songs - oder besser gesagt ein Hurrican! Die elf Tracks strotzen nur so vor irrwitziger Geschwindigkeit, wahnsinniger Spielfreude und maximaler Brachialität. Trotz mehrmaligen Durchbrechens der Schallmauer stand und steht NILE aber stets für mehr als blinde Raserei, sondern kombiniert sie mit anspruchsvollem, dynamisch breit aufgestelltem Songwriting. "Vile Nilotic Rites" (die Niloten sind übrigens eine afrikanisches Volksgruppe) treibt diesen Eindruck auf die Spitze und schafft ein extrem komplexes, sperriges, aufregendes und intensives Werk. Zum Nebenbeihören ist es nicht geschaffen, nein, man muss sich den elf Songs, die mitunter die Acht-Minuten-Marke locker streifen, hingeben, was am Stück wirklich Arbeit ist. Nicht, weil es nicht gut wäre, im Gegenteil! Doch es donnern so viele Breaks, Stimmungs- und Rhythmuswechsel auf den Hörer ein, die erstmal verarbeitet werden müssen. Und damit kommen wir zum Mann der Stunde (beziehungsweise des Albums), ohne den nichts laufen würde: Ich spreche natürlich vom Schlagzeug-Monster George Kollias. Sein virtuoses, bis in jedes Detail technisch ausgefeiltes Spiel hob bisher jedes NILE-Album (seit seinem Einstieg 2004) auf eine höhere Stufe - mit "Vile Nilotic Rites" spielt er sich ein Manifest.
Mir fällt aber auch auf, dass sich mir das angesprochene Vorgängeralbum schneller offenbarte. Die neue Platte ist definitiv eine harte Nuss, die sich etwas Zeit lässt, um einem dann mit Anlauf in den Nacken zu springen. Auf dem Weg begegnet man mit 'Long Shadows Of Dread' einem typischen NILE-Song als Opener: Das Riff-Geshredder, das Drumming mit etlichen Rolls, die konfusen Soli, die kräftigen Vocals mit den Textzeilen "The Order Of The Cosmos Is Undone", der kurze Doom-Part, ja, das ist schon ein quasi "Best Of" des Band-Sounds. Weiter geht's mit einem weiteren Trademark der Band: lange Songtitel: Was genau hinter 'Oxford Handbook Of Savage Genocidal Warfare' steckt, kann vermutlich nur die Band beantworten, aber heilige Scheiße, was für ein Gitarren- und Schlagzeug-Gemetzel! Es ist, als würden sich die Instrumente duellieren und alle den ersten Platz im progressiven Highspeed-Death-Metal gewinnen. Der Titeltrack ist die einzige Nummer, die konsequent im Halftime bleibt, sonst aber etwas beliebig erscheint.
Jetzt heißt es aber anschnallen: Mit 'Seven Horns Of War' ertönen die Kriegshörner, die man einst mit "Ithyphallic" angestoßen hat; es braut sich eine gewaltige Nummer zusammen, die ein Meisterwerk für sich ist. 'That Which Is Forbidden' ist ein gemeiner Hirnfick, der den technischen Death-Metal zelebriert, wie es nur NILE kann. 'Snake Pit Mating Frenzy' ist ein etwas über zwei minütiger Geschwindigkeitsrausch deluxe, 'Revel In Their Suffering' zeigt die Amis wiederum sehr abwechslungsreich; sekundenschnelle Breaks und Rhythmuswechsel wohin man hört. Spätestens jetzt stellt sich bei jedem Durchhören eine leichte Überforderung ein. Mit den folkloristischen Klängen von 'Thus Sayeth The Parasites Of The Mind' kann man etwas verschnaufen, bis 'Where Is The Wrathful Sky' hereinbricht und einem Gewitter gleich aus allen Rohren ballert. Ein weiterer progressiver Meilenstein des Todes folgt mit 'The Imperishable Stars Are Sickened' - welch ein Ideenreichtum! 'We Are Cursed' beschließt das Album würdig zwischen fetten Doom- und pfeilschnellen Todesblei-Parts.
Klar ist: "Vile Nilotic Rites" ist ein extrem detailreiches Album geworden, dass Fans trotz relevanter Veränderungen im Line Up blind einpacken können. Es ist zugleich ein sehr herausforderndes Werk, denn in einem irrsinnigen Tempo prallen unglaublich viele Eindrücke auf den Hörer ein, die erstmal verarbeitet werden müssen. NILE vollbringt in der Kombination aus tödlichem Tempo und progressiver Vielfalt eine Leistung, vor der man nur ehrwürdig den Hut ziehen kann.
Ganz klar: Das Death-Metal-Album des Jahres!
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Jakob Ehmke