NORUM, JOHN - Slipped Into Tomorrow
Mehr über Norum, John
- Genre:
- Heavy Rock
- Label:
- Mascot Records/ Rough Trade
- Still In The Game
- Waiting On You
- Blackscape
- Tico's Life
- Nobody Answers
- Loosing My Mind
- Freedom Is My Truth
- Veda
- Songs Of Yesterday
- Killer Without A Cause
- Center Of Balance
Drei Jahre nach dem bärenstarken Album "Worlds Away" beglückte uns Mr. John Norum nicht nur mit einem neuen Album, sondern veröffentlichte dieses auch noch bei den Holländern Mascot Records. Konnte man nämlich die beiden Vorgängeralben nur über den teuren Importweg aus Japan beziehen, gab es "Slipped Into Tomorrow" zumindest eine zeitlang ganz regulär beim Plattenladen um die Ecke.
Die spannendste Frage bei jedem neuen Album von John Norum ist: Wer singt? Im neuen Jahrtausend setzte der Gitarrist komplett auf Eigeninitiative und übernahm den Gesang gleich mit. Dass der Norweger ein ausgezeichneter Sänger ist, hatte er bereits auf dem Debütalbum und als großartiger Backingsänger in den folgenden Jahren bewiesen. Auch auf "Slipped Into Tomorrow" gibt es rein an den technischen Gesangsfähigkeiten nicht viel auszusetzen, sieht man vielleicht mal davon ab, dass er bei den Songs 'Waiting On You' und 'Veda' etwas zu viel OZZY OSBOURNE gehört haben dürfte. Das größte Manko sind jedoch die fehlenden großen Melodien, die Hooklines und Ohrwürmer, die einen Song noch Wochen später im Gedächtnis verweilen lassen. John hat wirklich extrem viel Charme in seiner Stimme, auch singt er sehr leidenschaftlich, gefühlvoll und cool, aber eben immer auf ein und demselben Level.
Dazu kommt, dass er es auch musikalisch nicht ganz geschafft hat, mit allerletzter Konsequenz auf einen Höhepunkt hinzusteuern. Es groovt wie die Hölle, es rollt, schiebt und drückt alles an die Wand, aber eben von der ersten bis zur letzten Sekunde. Da packt er mal die Keule aus ('Still In The Game', 'Songs Of Yesterday'), bietet zahlreiche mächtige Midtempo-Stampfer ('Tico's Life', ''Waiting On You'), rockt groovig durch die Gegend ('Blackscape', 'Loosing My Mind') und setzt sogar noch sein obligatorisches THIN LIZZY/PHIL LYNOTT-Cover obendrauf ('Killer Without A Cause'), und doch hofft man immer auf die erblühende Rose, das sich öffnende Tor in eine andere Welt oder den alles überstrahlenden Farbwechsel. Es rockt, keine Frage, aber die Langzeitwirkung lässt deutlich zu wünschen übrig.
Als Bonus-Song gibt es den "Worlds Away"-Kracher 'Center Of Balance' noch als Liveversion mit Leif Sundin am Gesang zu hören. Reife Leistung. Außerdem sind noch Mats Levén (Backingvocals) und Mats Olausson (Keyboards) als Gastmusiker auf dem Album zu hören, die beide bereits ihre Brötchen bei einem gewissen YNGWIE MALMSTEEN verdient haben. Die Skandinavier scheinen dann doch eine einzige große Familie zu sein.
Soundtechnisch wollte der Norweger gegenüber dem superb produzierten Vorgängeralbum noch einen draufsetzen und versuchte, die Gitarren noch brachialer und noch mächtiger zu produzieren. Meiner Ansicht nach sind diese jedoch vielleicht sogar etwas zu laut geraten, denn die anderen Instrumente, vor allem das Schlagzeug, gehen im Gesamtsound ein wenig unter. Auch ist alles nicht mehr ganz so transparent wie auf "Worlds Away", was der Musik letztendlich eher geschadet hat.
Für alle ambitionierten Gitarristen ist dieses Werk aber uneingeschränkt empfehlenswert, denn John haut nicht nur wieder reihenweise fette Riffs unter das Volk, sondern hat auf diesem Album auch seine bis dato schnellsten und wütendsten Soli verewigt. Hier gibt es ein Skalengewitter nach dem anderen – einfach atemberaubend.
"Slipped Into Tomorrow" ist für mich trotzdem die bis dato schwächste Veröffentlichung aus dem Hause Norum, obwohl ich zugeben muss, dass bei mir in Sachen "John Norum" die Messlatte sehr hoch liegt. Eingefleischte Fans des ehemaligen (und jetzt erneuten) EUROPE-Gitarristen werden dieses Album eh schon besitzen, Liebhaberinnen und Liebhaber der "Ozzmosis"/"Down To Earth"-Phase von OZZY sowie der Solowerke von Saitenhexer ZAKK WYLDE können hier ebenfalls bedenkenlos zugreifen. Softere Gemüter sollten lieber erst einmal ein Ohr riskieren.
Anspieltipps: Tico's Life, Waiting On You
- Redakteur:
- Chris Staubach