OHL - Feindkontakt
Mehr über OHL
- Genre:
- Punk
- Label:
- Bad Dog / Core Tex / Rough Trade
- Release:
- 29.09.2006
- Feind der freien Welt
- Der heilige Krieg
- Die Fahne der Freiheit
- Lichtkegel zerschneiden die Nacht
- Die Invasion
- Kreuzritter
- Niemand
- Heimatlos
- Stolz Deutsch zu sein
- Eure Tage sind gezählt
- Unsere Banner wehen
- Die Achse des Bösen
Eigentlich sind Punk-Bands links, manchmal linksradikal. OHL - Oberste Heeresleitung ausgeschrieben - sind dagegen radikale Demokraten. So extrem, dass sie fast schon George W. Bush die Hand geben könnten. Denn ihre aktuelle CD "Feindkontakt" ist vor allem eines: Eine klare Kampfansage gegen den radikalen Islamismus unserer Zeit. Und gegen Nazis. Und gegen alle anderen Menschen, die in den Augen von OHL die Freiheit des Einzelnen bedrohen.
Die Musik zu solchen eindeutigen Stellungnahmen ist dabei wütend wie kraftvoll. Geboten wird 31 Minuten lang extrem drückender Punk mit deutlichem Hardcore-Einschlag, der zu keiner Sekunde das eingeschlagene Wahnsinnstempo drosselt. Über diesen fulminanten Klangteppich ist die Stimme des charismatischen Sängers Deutscher W. gelegt: Der Typ hat ein markantes Organ, das die Texte klar und rau ins Ohr treibt. Die lyrischen Ergüsse von OHL sind allerdings das Wichtigste bei der Band: Den Islamisten rufen sie dabei entgegen: "Feind der freien Welt, du bist der Feind." Oder: "Es ist euer Prophet, der die Welt bedroht, es sind eure Gebete, in denen das Böse wohnt." Oder: "Wir sind das Gute, die freie Welt, ihr seid das Böse, eure Tage sind gezählt." Und: "Wir müssen fest zusammenstehen im Kampf der Kulturen, für den Erhalt unserer Freiheit, für demokratische Strukturen." Selbst das Bush-Zitat von der Achse des Bösen vertonen sie: "Ihr seid der Feind der freien Welt, ihr seid die Pest, die uns befällt, die Achse des Bösen." Um nicht wegen solcher Aufrufe in die rechtsextreme Ecke gestellt zu werden, haben OHL auch das Stück "Stolz deutsch zu sein" komponiert: "Deine rechten Parolen machen keinen Sinn, denn du bis der Abschaum in unserem System." Zudem schreiben OHL auf ihrer Homepage: "OHL bekämpft jede Form von politischem Extremismus und religiösem Fanatismus. Rechte, linke und religiöse Systeme die sich zur Staatsform erheben, haben nur die Unterdrückung und Manipulation des Volkes zum Ziel und somit die Zerstörung der Freiheit. OHL stellt sich ebenfalls gegen jene blinde und taube Masse von Ignoranten, die die Realität nicht sehen kann oder will". Ach ja, einen Text gegen Christen haben sie bei 'Kreuzritter' auch noch: "Mit dem Kreuz auf der Rüstung und mit Gottes Schwert haben diese Christen die Welt bekehrt". Anti-Alles.
Bei so vielen durchaus angreifbaren Zitaten ist es schwer, diese bereits 1980 in Leverkusen gegründete Band wirklich bewerten zu wollen. Unangepasst sind sie, das steht fest. Aber ist ihre Art, einen Kulturkampf zu sähen, nicht zu einseitig? Trifft dieses extreme Freund-Feind-Denken überhaupt die Realität? Hat nicht gerade der Irak-Krieg gezeigt, dass durch Konfrontation die Probleme noch schlimmer werden und sogar den Zulauf zu radikalen Moslems noch verstärken? Und ist es nicht vielmehr möglich, auch radikalen Islamisten oder Rechtsextremen im Dialog zu begegnen und sie so zum Überdenken ihrer Ansichten über Gott und die Welt zu bewegen? OHL zumindest sind da skeptisch. Ihre Hörer sollten aber mindestens genau so skeptisch sein, die Parolen zumindest nicht unkritisch übernehmen. Das ist dann wiederum das Positive an solch einem Album: Es ist definitiv eine Platte, die Nachdenken provoziert. Und die nicht nur textlich, sondern auch musikalisch in die Fresse schlägt. Ein harscher "Feindkontakt" eben.
Anspieltipps: Die Invasion, Stolz deutsch zu sein, Eure Tage sind gezählt
- Redakteur:
- Henri Kramer