OSI - Office Of Strategic Influence
Mehr über OSI
- Genre:
- Prog
- Label:
- Inside Out
- The New Math (What He Said)
- OSI
- When You're Ready
- Horseshoes And B-52's
- Head
- Hello, Helicopter!
- shutDOWN
- Dirt From A Holy Place
- Memory Daydreams Lapses
- Standby (Looks Like Rain)
Das Office Of Strategic Influence ist nicht nur eine kurz nach dem 11.9.2001 gegründete US-Behörde, die das weltweite Ansehen der USA mit Gerüchten und (Falsch-) Information ins rechte Licht rücken soll, sondern seit neuestem auch der Zusammenschluß dreier Musiker, die uns schon mit ihren sonstigen Veröffentlichungen in den Wahnsinn treiben. „Uns“, das sind in diesem speziellen Fall in erster Linie Freunde sogenannter `progressiver` Musik.
Können wir doch auf diesem Album ergründen, wie es klingt, wenn der introvertierte Gitarrist von FATES WARNING, Jim Matheos, mit dem extrovertierten Schlagwerker von DREAM THEATER, Mike Portnoy, sowie dem ehemaligen DT Keyboarder, Kevin Moore, zusammen musizieren. Als Gast hat man sich wohl einen der besten Bassisten mit an Bord geholt: Sean Malone, der uns unter anderem mit CYNIC und GORDION KNOT in Verzückungen versetzt hat.
Wer nun aber erwartet, OSI, so das Bandkürzel, würden wie eine Schnittmenge aus DT und FW mit mehr Keyboards und einer weniger theatralischen Stimme klingen, der wird von diesem Album genauso überrascht sein wie jemand, der endlose Soloeskapaden der einzelnen Musiker erwartet.
Wenn man aber in Augenschein nimmt, daß vor allem Kevin Moores Anteil an den Songs, nicht allein weil er den Gesangspart übernimmt, ziemlich groß ist, so verwundert es nur noch wenig, wenn OSI wie eine fein durchdachte Fortsetzung des ersten CHROMA KEY-Albums klingt.
Überall wimmelt es von Samplings, gesprochenen Kurzpassagen, spacigen Soundcollagen und anderen teils sehr düster klingenden Soundexperimenten. Aber keine Angst, trotz alledem ist es eine Platte, die anspruchsvollste, atmosphärisch dichte und gleichzeitig auch beinahe eingängige Songs zutage fördert.
Jim erschlägt den Hörer im Titelsong mit einer dermaßen aggressiven Metalaxt, daß ich mich fragte, wer da denn klampft. So ein brachiales Riffing hat der Meister schon seit Ewigkeiten nicht mehr vom Stapel gelassen. Und auch der Sound der Sechssaitigen erinnert in ihren harten Momenten ein wenig an den der letzten DT-Scheibe. Ich verweise hier nur einmal auf die darauf befindliche Eröffnungsnummer „The Glass Prison“. Alles klar?
Ebenso erstaunlich ist die beinahe untergeordnete Rolle des Mike Portnoy, der hier eher mit locker-leichten Percussion-Elementen als mit Dampfhammer und Acht-Arm-Akrobatik aufzufallen versteht. Hört nur mal das fast beruhigende „Hello Helicopter“, bei dem uns Sean dann auch nochmal kurz den Chapman Stick vorführt. Mit so einer Nummer hätte hier wohl keiner gerechnet.
Die ganze Platte lebt von dem einlullend-melancholischen Grundgefühl, das Kevin Moore mit seinen verschwörerischen Klängen wie ein Netz um die rockigen Songgerüste herumgewebt hat. Dabei erreichen OSI gelegentlich die Schwerelosigkeit und lassen nicht selten Vergleiche zu PINK FLOYD in den Sinn kommen. Hört doch nur „Dirt From A Holy Place“. Das ist Bombast pur, ohne aber zu erdrücken. Hört euch das mal auf Kopfhörer an. Man fragt sich teilweise, wieviele Gitarristen man hört und ob man es nicht eventuell mit einem Orchester zu tun hat. Und auch diese übereinandergelegten Keyboard- und Orgelsequenzen, mal melodieführend, mal rhythmisch pulsierend, klingen einfach zerschmelzend grandios.
Wäre diese Platte in einem anderen Jahrzehnt erschienen, so könnte man teils gar von Kiffer-Musik reden, so relaxed geht es stellenweise zu.
Selbst eine heftigere Nummer wie das straighte „Head“ hat eine hypnotisierende Wirkung, da man hier einzelne Passagen mit minimaler Veränderung sehr häufig wiederholt. Extrem spannend so etwas – und auch wirklich progressiv.
Ein weiteres exquisites Beispiel für einen ausgefallenen Song bietet „Memory Daydream Lapses“. Portnoy swingt hier mit Latino-Feel durch ein komplexes Songmonster, welches Moore mit zirpenden Sequenzen und dauerhaftem Pulsieren unterlegt.
Absolutes Sahnehäubchen ist aber der über zehnminütige Metalgigant „ShutDOWN“, bei dem wir Steven Wilson von PORCUPINE TREE als Gastsänger hören dürfen. Völlig ruhig eingeleitet, mutiert diese Nummer nach einigen Minuten zum Uptempo-Metaller allererster Kajüte. Allein das Übergangsriff von Matheos ist die Höchstnote wert! Gottgleich!
Ich denke, OSI ist ein Album, ein Projekt, über das es wieder einmal geteilte Meinungen geben wird. Die Frickelfraktion wird den selbstdarstellerischen Aspekt vermissen, während Freunde von DT beispielsweise die Härte missen werden und FW-Anhänger werden vergeblich nach Epik suchen. Lediglich Fans von Kevin Moores` erstem Alleingang nach DT werden hier glücklich dreinschauen.
Aber auch allen anderen sei geraten, diesen Tonträger in sich aufzunehmen, ihm die nötige Zeit zu geben zu reifen.
Ich für meinen Teil kann nur sagen, daß ich es toll finde, daß OSI nicht nach ihren Stammbands klingen. Welchen Sinn würde sonst dieses Projekt auch ergeben?
In Hoffnung darauf, daß nach der Erkenntnis, daß dieses Album RIESENGROSS ist, der eine oder andere auch noch das Debut von CHROMA KEY auf seinen Einkaufszettel schreibt, verbleibe ich mit verzücktem Gesichtsausdruck und dem Wissen, daß es einen Progolymp geben muß.
P.S.: Ich empfehle übrigens dringend die Anschaffung der limitierten Erstauflage, die, wie schon im Falle TRANSATLANTIC, im schönen Buchcover und mit drei exquisiten Boni daherkommt.
Anspieltips: „OSI“, „shutDOWN“, „Hello Helicopter“, „Dirt From A Holy Place“
- Redakteur:
- Holger Andrae