OCTAVIA SPERATI - Winter Enclosure
Mehr über Octavia Sperati
- Genre:
- Gothic / Doom Metal
- Label:
- Candlelight / Plastic Head
- Release:
- 09.05.2005
- Intro
- Lifelines Of Depths
- Soundless
- Icebound
- Hymn
- Hunting Eye
- Future Is
- Below Zero
- Wasted On The Living
- Without Air (Before)
- Without Air (After)
Fünf Norwegerinnen gründen eine düstere Metalband und vertonen idyllische Winterlandschaften mit melancholischen, epischen und verträumten Stimmungen sowie einer gediegenen, leicht doomigen Heaviness und dezenten gotischen Anleihen. So oder ähnlich könnte man das Debüt von OCTAVIA in einem Satz umschreiben, der dann allerdings auch gleich die böse Frage aufwerfen wird, ob es sich dabei denn um ein gecastetes Industrieprodukt handelt. Düstermetal mit Frauengesang ist ja auf den einschlägig bekannten Musiksendern derzeit recht angesagt, und wenn dann das Label in der Bandinfo ankündigt, dass man plane, für die Scheibe zwei Videos zu produzieren, ist das schon irgendwie verdächtig. Aber erstens ist ja Candlelight nicht gerade als das Kommerzlabel schlechthin bekannt, und außerdem finde ich, dass wir den Musikerinnen Unrecht täten, wenn wir sie mit den selben Vorurteilen konfrontieren würden, mit denen seit den RUNAWAYS jede weiblich dominierte Rockband zu kämpfen hatte.
Die Bergenerinnen machen nämlich ihre Sache musikalisch gar nicht schlecht und gehen erfreulich unkitschig an die Sache heran. Ein gewisser Touch von Gothic ist zwar vorhanden, aber Sängerin Silje Wergeland verzichtet zum Glück auf jegliche Art von überzogenem Geträller. Ihr sehr klarer Gesang bewegt sich meist in mittleren bis gemäßigt hohen Stimmlagen und kommt manchmal recht erdig und rockig, dann aber auch wieder ein wenig fragil rüber, was in der hier vorgetragenen Mischung perfekt harmoniert. Wer sich mir als Vergleich aufdrängt, ist ganz eindeutig Anneke van Giersbergen von THE GATHERING, und deren Meisterwerk "Mandylion" ist vielleicht auch der beste stilistische Vergleich für die Musik von OCTAVIA, deren Debüt natürlich auch zahlreiche andere Elemente enthält und sicher auch nicht ganz so überragend ist wie das niederländische Referenzwerk, aber dennoch überzeugend und auch fesselnd sein kann. Der Stilmix enthält auch Keyboards, die allerdings entweder in der Art eines Pianos oder aber rein atmosphärisch eingesetzt werden und keinen schwülstigen Orchesterbombast absondern, der ja heutzutage sehr verbreitet ist.
Zwei herausragende Stücke der Scheibe sind für mich der sehr ausladende, atmosphärische Opener 'Lifelines Of Depths', der am stärksten die Luft von THE GATHERING atmet, und das sehr doomige 'Icebound' mit seinen sehr schönen Gesangslinien. Auch das vom sehr schönen Piano- und Gesangsintro 'Hymn' eingeleitete 'Hunting Eye' ist sehr intensiv, weil das zarte Klavierspiel genug Raum für die Gitarren lässt. Daneben wissen auch das entspannt aber heavy rockende 'Soundless' und das emotionale 'Future Is' zu gefallen, das im zweiten Part teilweise richtig schnell und heavy wird. Mit rhythmisch-perkussiven Elementen bringt 'Below Zero' einen neuen Aspekt ein und erhält durch einen etwas psychedelischen Einschub in der Mitte und den folgenden schweren, doomigen Abschnitt weitere Facetten. 'Wasting On The Living' hat ein wenig vom finnischen Düsterrock, und der zweiteilige Abschluss 'Without Air' beginnt sehr ruhig und melancholisch mit fragiler Kopfstimme und Bass, welcher im Hauptteil zunächst vom Klavier abgelöst wird, bevor der Song abrupt richtig laut und heavy wird, so dass "Winter Encloser" auch zum Schluss mit einem der Highlights aufwarten kann.
Auch wenn die Mädels natürlich keinen reinrassigen Doom Metal spielen, glaube ich, dass sie ihre Anhänger eher in der Doomszene finden werden als unter Fans von NIGHTWISH und Konsorten. Ihre Musik ist schlichter, direkter und natürlicher, und vor allem wird die Heaviness nicht durch theatralischen Bombast überlagert. Kurz gesagt: OCTAVIA rocken sehr ordentlich, und ich finde, dass aufgeschlossene Doomlegionäre der Band genauso eine Chance geben sollten wie Anhänger von THE GATHERING.
Anspieltipps: Lifelines Of Depths, Icebound, Without Air
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle