OCTOBER FILE - A Long Walk On A Short Pier
Mehr über October File
- Genre:
- Emo Punk
- Label:
- Golf / Plastic Head
- Release:
- 06.09.2004
- Overture Of An Underwriter
- Dead Air Transmission
- Enemy In A State
- God Hates America
- Trench
- Survival Song
- Landslide
- South
- Beautiful
- Sleeping Through
- Be The Best You Can Be
OCTOBER FILE klingen rostig: Rostig, bitter, toxisch und grob.
Denn hinter dem auf den ersten Blick etwas mystisch anmutenden, doch letztlich äußerst passend gewählten Coverartwork von "A Long Walk On A Short Pier" verbirgt sich ein roher, sehniger Klumpen Emo-Punk. Nach einer EP namens "How To Lose Friends And Alienate People" ist dies ihr Album-Debüt.
Ein enger, dunkler Gitarrentunnel empfängt uns in 'Overture Of An Underwriter'. Danach geht es gleich brachial zur Sache: Dräuende Bässe, rasende Gitarren, Schlagzeugdickicht und brennender Gesang kleckern nicht, sondern klotzen. 'Dead Air Transmission': Take your shallow ego, and burrrrrn!
Rostiges Saitengeschnarre, ölig dicke Verstärkerbrühe, knurriger Gesang - OCTOBER FILE bringen 'Enemy In A State' struppig und verdreckt zur Geltung. Das ist kein Otto-Katalog-Rock oder Accessoire-Punk, das riecht nach Hausbesetzer-Atmosphäre, Paranoia und Rheumatismus. Langsam, monoton, klumpig und verdammt noch mal ichbezogen. Noch dunkler suppt 'God Hates America' aus den Boxen. Desolate Gitarren, abgegriffen Parolen und fettige Haare. Was tut man nicht alles aus Langeweile und einem diffusen Gefühl des zu kurz gekommen Seins? Ungebührliches Verhalten in der Öffentlichkeit, Drogenkonsum, Aufruf zu sinnloser Gewalt, Straßenkampf, Plünderung und all der abgefuckte, gottverdammte Scheiß sind nur einige Punkte aus der langen Liste von Symptomen unserer Gesellschaft. Doch was mögen die Ursachen sein? God hates America coz of Jerry fuckin' Springer! Aha.
Achterbahn: 'Trench' rasselt, rast, stürzt, strudelt, rotiert, flüchtet und fliegt raus. Eine Talfahrt ins Bodenlose. Punkrock at its meanest. In der Bridge sägen die Gitarren gelangweilt am Hinterkopf rum, this is my demise, und dann brüllt er sich die Lunge aus dem Hals und die Galle gleich mit, während die anderen ihre Instrumente um den Straßenpfosten wickeln. Nein, das ist wirklich keine Vergnügungspfad, dies ist ein Abstieg in die Psychohölle.
Einen ähnlichen Brüllwürfel lösen OCTOBER FILE im 'Survival Song' auf, wo bleierne Bassläufe brodelnd die drahtigen Gitarren hart kochen, wo die Ohren schlackern und die Worte wie Schlacke im Ohr kleben bleiben. Man könnte sich Verbrennungen zuziehen, oder auch Verätzungen, wenn man zu weit aufdreht. So freudlos, wie die Inneninspektion eines Gasofens bei voll aufgedrehtem Hahn.
Wer vom Deprirock immer noch nicht genug hat, kann sich dann noch das mit evaporisierendem Hall belegte 'Landslide' geben. Todessehnsucht in der Stimme, durchhängend pendelnde Gitarren, ausgedürrte, trockene Drums so staksig und spröde wie Streichhölzer, lost in my despair.
'South' dagegen lässt die Hunde der Wut von der Kette, und die kotzen dir dann hemmunglos ins Gesicht. Schön ist das nicht, wohl aber aufwühlend.
'Beautiful' rockt beklommen und aufgeputscht zugleich. Das klingt irgendwie britisch und irgendwie auch nach den Siebzigern. Ja, aber halt nur irgendwie, sonst gäbe es da ja nicht dieses krasse Emogebrüll. Passt aber ausgezeichnet rein.
'Sleeping Through' und bringt nichts wirklich Neues mehr in den Sound ein, aber wer Innovation sucht, sollte sich "A Long Walk On A Short Pier" auch besser nicht zulegen.
Einzig 'Be The Best You Can Be' vergönnt dem Hörer zum Ausklang noch ein paar getragene Momente mit sphärischen Klängen. Doch auch hier herrscht Melancholie vor, und monotone Bässe drägen sich in den Vordergrund.
Dieses Album ist eher was zum Abreagieren. Dafür aber eignet es sich ganz gut. Es ist kompakt, wütend, rotzig, und vermittelt seine geladene Stimmung hervorragend. OCTOBER FILE klingen eigen. Ich prophezeie ihnen keine steile, wohl aber eine lange Karriere. Zu wünschen wäre es ihnen.
Anspieltipps: God Hates America, Trench, Beautiful.
- Redakteur:
- Eike Schmitz