OFF&INIT - Veritas
Mehr über Off&Init
- Genre:
- Alternative / Progressive Rock
- ∅-Note:
- 6.00
- Label:
- Gunn Records / Bellaphon
- Release:
- 31.01.2014
- Zustandsbeschreibung
- Amok
- Am letzten Tag
- WWW
- Blütenstaub
- Du weißt doch
- Krieg
- Sterbendes Tier
- Du bist mein Grab
- Punkt
- Alles
- Wer bist du?
- Der General
- Licht
- Alles wird gut
- Angst
Interessant, aber unausgereift: Prog-Rock-Debüt aus Süddeutschland
Als Musikjournalist ist man gut beraten, die Promo-Beipackzettel einer Neuveröffentlichung mit Vorsicht zu genießen. Im Falle von OFF&INIT aus Singen am Bodensee erlag ich allerdings der Versuchung, mich von der beigelegten Selbstbeschreibung der Band vorab beeinflussen zu lassen: Prog Rock im Stile von TOOL oder DREDGE, gepaart mit Alternative Metal Marke DEFTONES, versehen mit deutschen Texten – wow, hier schien ein echter Geheimtipp auf mich zu warten! Ich kann nicht verhehlen dass ich beim zeitaufwendigen Durchackern des umfangreichen Langspielers jedoch enttäuscht wurde: Von den atmosphärischen Soundwänden und dem schwebend-tragenden Antrieb der DEFTONES keine Spur; ebenso hinkt auch der Vergleich mit TOOL qualitativ doch immens. Progressiv ist "Veritas" in erster Linie aufgrund des Verzichtes auf klassisch strukturierte Songs; die einzelnen Lieder gehen eher als vertonte, metallisch untermalte Gedichte durch. Die Rhythmusfraktion rockt recht abwechslungsreich und Riff-orientiert, während das kernige Soundgewand streckenweise tatsächlich an die Prog-Vorreiter von TOOL erinnert; auch eine entfernte Verwandtschaft zu den Wurzeln des Grunge kann sicherlich nicht abgestritten werden. Die Komplexität und musikalische Tiefe der zum Vergleich zitierten Bands erreicht OFF&INIT jedoch nicht.
Mal abgesehen davon dass also die Selbstbeschreibung der Band etwas irreführend ausfällt, werde ich mit "Veritas" noch aus anderen Gründen nicht warm. 16 Stücke, das ist schon ein sehr umfangreiches Repertoire für einen Langspieler, und dennoch vermag ich auf "Veritas" kaum nennenswerte Abwechslung auszumachen. Der Opener 'Zustandsbeschreibung' stellt uns die Band gleich exemplarisch vor: mittleres Tempo, kantige Gitarren wie man sie von amerikanischen Alternative-Metal-Bands kennt, eine ordentliche Basis an Grundaggression – ganz in Ordnung, doch überspringen will der Funke bei mir nicht. Fast alle Nummern halten sich größtenteils im gleichen Geschwindigkeitsbereich auf und heben sich im Grunde nur lyrisch voneinander ab. Bei über einer Stunde Spielzeit fehlen Überraschungsmomente und große Spannungsbögen fast vollständig, auch wenn die härteren, Nu-Metal-ähnlichen Parts durchaus drücken und an anderen Stellen mit unverzerrten Klängen streckenweise eine schwermütige Atmosphäre aufgebaut wird. Ein weiteres, soundtechnisches Manko betrifft die Vokalarbeit, der es auf "Veritas" nicht gelingen will, eine Führungsrolle einzunehmen: Sänger Rezzos wahlweise wütende oder klagende Stimme findet keinen rechten Platz in den Kompositionen der Süddeutschen und geht viel zu häufig zwischen Gitarren und Schlagzeug unter.
Ich wage zu behaupten, dass "Veritas" in erster Linie am Fehlen eines erfahrenen Produzenten krankt. Viele Bands starten ihre Laufbahn mit durchaus interessanten Einfällen und Konzepten, doch wenn es darum geht, ihre Qualitäten und Ideen auf ein Album herunterzubrechen und durch Komprimierung einen Mehrwert zu erzielen, fehlt schlicht und ergreifend der Überblick eines Außenstehenden sowie das Gespür fürs große Ganze. Dramatischere Momente, mehr kompositorische Abwechslung und ein differenzierter abgestimmtes Soundgewand hätten womöglich Wunder gewirkt. Hier würde ein Produzent sicherlich ansetzen, und hierin besteht auch eine Chance für die weitere Entwicklung der Band. Das selbst produzierte, progressiv gefärbte Alternative-Metal-Debüt von OFF&INIT bietet zwar interessante Ansätze, vermag jedoch nur selten zu fesseln und mitzureißen.
Anspieltipps: Zustandsbeschreibung, Am letzten Tag, Krieg
- Note:
- 6.00
- Redakteur:
- Timon Krause