ONWARD - Of Epoch And Inferno
Auch im Soundcheck: Soundcheck 10/2022
Mehr über Onward
- Genre:
- Heavy/Power Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Moribund Records
- Release:
- 28.10.2022
- Vicious Beauty
- Picasso Eyes
- Silhouette
- Ring Around The Rosery
- A New Epoch
- Neptune's Revenge
- Divided We Fall
- Onward We Sail
A Legend Returns - glorreich mit kleineren Kratzern!
Ja, ich gebe es zu: Ich bin ein riesengroßer Fan von "Evermoving" (2001) und "Reawaken" (2002). Eine bessere Kombination als bei ONWARD aus Gitarrengott (= Toby Knapp) und Sangesgott (= Michael Grant) war für mich damals kaum vorstellbar. Rückblickend sage ich heute, dass CRESCENT SHIELD mit Grant/DeLucie sogar noch um Haaresbreite in meiner Gunst vorne liegen, aber das sind Differenzierungen auf allerhöchstem Niveau. Tobi Knapp hatte sich nach seinen Black-/Death-Metal-Anfängen in den 1990ern dem Progressive Metal/Shred-Gitarrensound der David T. Chastain-Gefolgschaft um Michael Harris & Co. zugewandt und einen kongenialen Partner am Mikro gefunden, der leider Gottes viel zu früh verstarb. Zuletzt hatte Tobi 2014 zu Ehren von Grant noch "New Fathoms Down" veröffentlicht - eine Platte, die 2002 aufgenommene Gesangspuren des Meisters enthielt. Ich weiß noch, dass ich den Tränen nahe war, als ich diese Aufnahmen zum ersten Mal hörte. Tobi hat als Solo-Künstler kontinuierlich weiter gemacht und seine Instrumental-Alben veröffentlicht, die mich bei aller spielerischen Klasse doch nie so sonderlich interessiert haben. Es war immer das Spannungsfeld aus Gitarren und Gesang, das ich an ONWARD so großartig fand.
Nun also wagt Mr. Knapp mit ONWARD einen weiteren Anlauf. Und natürlich gibt es für einen Sänger kaum einen undankbareren Job auf dieser Welt als auf einen Michael Grant zu folgen. ATTIKA-Frontmann Robert van War hat sich dieser im Grunde unlösbaren Aufgaben gestellt, und ich möchte hier gleich eine Lanze für ihn brechen. Robert macht auf "Of Epoch And Inferno" einen richtig guten Job. Er versucht gar nicht erst irgendwer oder irgendwas zu sein, was er nun mal nicht ist, sonders drückt dem aktuellen Material einen prägnanten eigenen Stempel auf. Natürlich haben sich die Kompositionen und Arrangements auch dem neuen Bandgefüge angepasst. Tobis wunderbare Gitarrensalven nehmen größeren Raum ein als zuletzt und der Gesang spielt die Rolle, die zu einer klassischen Heavy Metal-Stimme nun mal passt. Das Tempo ist recht hoch, die Griffbrettakrobatik treibt die ziemlich wilden und ungestümen Nummern nach vorne. Natürlich wird ONWARD mit diesem Album nicht alle Kritiker und alten Anhänger zufrieden stellen, aber ich bin heilfroh, dass ich es hören und genießen darf.
Mit 'Vicious Beauty' eröffnet gleich eine ruppige Uptempo-Nummer den Reigen, die aber die typische Knapp-Handschrift trägt und von wunderbaren Soli veredelt ist. 'Picasso Eyes' sorgt für das erste von Robert van War gesetzte Ausrufezeichen; die eindringlichen Gesangslinien gehen unter die Haut. 'Silhouette' kommt dann deutlich melodischer und freundlicher daher, allerdings ohne den ganz großen kompositorischen Aha-Effekt. Bei 'Neptune's Revenge' geht mir die schrille Speed-Gniedelei etwas zu weit, doch 'Divided We Fall' und insbesondere das JUDAS PRIEST huldigende 'Onward We Sail' sorgen für einen glorreichen Abschluss - Das ist nicht mehr ganz die feine Gourmet-Kost der ersten beiden Alben, aber immerhin gibt es hier tolle Power Metal-Brecher mit Wumms und Stil, die einfach nur Spaß machen.
Daher mein Appell und Fazit: Alle Fans der alten Schule setzen bitte ihre Scheuklappen ab und geben diesem neuen ONWARD-Album eine echte Chance. Junge, unvorbelastete Metal-Maniacs, die ein Faible für schneidende Gitarren-Massaker mit Maulsperren-Leads und -Soli haben, hören bitte unbedingt auch rein und lassen sich hoffentlich von Meister Knapp bekehren zum wahren Power-Axt-Glauben. May the Shred be with you!
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Martin van der Laan