OPETH - Pale Communion
Auch im Soundcheck: Soundcheck 08/2014
Mehr über Opeth
- Genre:
- Progressive Rock
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Roadrunner Records (Warner)
- Release:
- 22.08.2014
- Eternal Rains Will Come
- Cusp Of Eternity
- Moon Above, Sun Below
- Elysian Woes
- Goblin
- River
- Voice Of Treason
- Faith In Others
Zu schön, um Metal zu sein.
Wie klingt wohl das nächste OPETH-Album nach "Watershed" (2008) und "Heritage" (2011)? Eine Frage, deren Antwort man nun endlich geben kann. Auch wenn es einem die schwedische Progmetal-Truppe nicht ganz einfach macht. Progmetal? War da was? Zugegeben, das letzte Langeisen war ein Schritt in eine Richtung, dem viele Fans nicht folgen konnten oder wollten. Künstlerisch sicherlich ambitioniert, doch am Ende zu beherrscht und geruhsam. "Pale Communion" tritt jetzt an, um das Jahr 2011 endgültig vergessen zu lassen. Musikalisch gibt es zwar keine krasse Kehrtwende, aber, wenn man so möchte, einen in sich gekehrten Blick nach vorne und hinten zugleich. Folgende Dinge sollten gleich zu Beginn festgehalten werden: Es gibt nach wie vor keine Death-Growls, soft ist das Album trotzdem nicht geworden. Wie das klingt? Nach 100% OPETH!
Es ist bezeichnend, dass vor einigen Wochen ein falsches Cover im Netz die Runde machte, das ursprünglich auf einer Veröffentlichung STEVEN WILSONs zu finden ist. Hier kann man nur sagen, dass sich sowohl OPETH als auch WILSON nach wie vor in die gleiche Richtung entwickeln. Organische Progsounds mit der ähnlich dissonanten Klangsprache und dem Faible für jazziges Schlagwerk prägen die letzten Alben der Brüder im Geiste. Und in exakt diese Kerbe schlägt "Pale Communion". Die ersten Minuten des Openers 'Eternal Rains Will Come' manifestieren diesen Eindruck unverblümt. Es geht zunächst instrumental in eine Klangwelt, deren Alleinherrscher seit vielen Jahren OPETH heißt. Unter tausenden kann man die Schweden heraushören, auch bevor der charismatische Gesang Mikael Åkerfeldts einsetzt. Die sirrenden Leadgitarren, die sich über dem polyrythmisch-treibenden Schlagwerk und dezenten Flächen-Keyboards in den Prog-Olymp spielen, markieren ihr Revier, beherrschen das Gefüge aber nicht uneingeschränkt. Immer öfter spielen sich die Tasten in den Vordergrund. Nicht nur durch feine Melodien, auch durch rhythmische Akzente und tolle Streicher-Sounds.
LED ZEPPELIN, ich hör dir trapsen - und zwar bei vielen der acht Songs. Es schlängelt sich ein dezenter Classic-Rock-Faden durch die gesamte Scheibe, was erfreulich frisch klingt. Geschickte Rhythmusverschiebungen und diese einzigartig kauzigen Gesangslinien prägen das Gesamtbild aber keinen Deut weniger, was in der Summe natürlich zu Lasten des Metals geht, in dessen Ermangelung OPETH auch anno 2014 versucht, die Band beständig weiterzuentwickeln. Intensives Kopfschütteln ist aber dank des ausgeprägten Zählzeit-Faibles immer noch möglich, nicht dass wir uns hier falsch verstehen. Der Härtegrad der Scheibe kommt eben nicht durch Double-Bass und verzerrte Klampfen, sondern durch Kontraste in und zwischen den Songs.
Ähnlich wie bei Wilsons aktuellem Album offenbaren sich Details zumeist erst nach ausgiebiger Tonlektüre, für das Offensichtliche, das Plakative ist sich die Band einfach zu schade. Dabei ist es verständlich, dass dieser Fakt nicht auf ungeteilte Gegenliebe stößt und das Album so schnell unter ferner liefen rangiert. Wer hingegen bereit ist, sich "Pale Communion" ganz hinzugeben, der kann in diesem Werk seine Erfüllung finden. Nach geschätzten 40 Durchläufen ist kein Augenblick der Trauergemeinde langweilig oder gar obsolet geworden. Ich kann es ganz im Gegenteil kaum erwarten, endlich das volle Klangerlebnis auf Vinyl zu genießen und mir dabei das aufwendige Artwork genau anzusehen.
Aufgrund des Artworks hat sich übrigens die Veröffentlich um gute zwei Monate verzögert. Wem ein vermeintliches Detail so wichtig ist, obwohl auch in unserer kleinen Welt immer rigidere Marktmechanismen greifen, der gehört zur Kategorie der Überzeugungstäter. Gemeinsam mit der nachweisbaren Klasse von "Pale Communion" ergibt sich ein so leuchtendes und intensives Kunstwerk, dass eine Bewertung sich nur an der Höchstmarke orientieren kann. Ähnlich wie bei "The Raven That Refused To Sing" bewegen wir uns hier nur einen halben Punkt von der 10 entfernt. In der formen Hoffnung, dass auch die kreativen Köpfe von OPETH sich in Zukunft trauen, wieder einen Schritt weiter zu gehen, innovativ zu bleiben und den Vorgänger ein weiteres Mal in den Schatten zu stellen.
Anspieltipps: Eternal Rains Will Come, Goblin, River, Moon Above Sun Below
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Nils Macher