ORANGE THE JUICE - The Messiah Is Back
Mehr über Orange The Juice
- Genre:
- Experimental / Freistil
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Ars Mundi
- Release:
- 06.09.2014
- Romanian Beach
- Summer Sea
- The Message
- A Body Without A Head
- Report
- Blame
- I Was Wrong
ORANGE THE JUICE treibt das Wort "Avantgarde" auf die Spitze!
Ich gebe es unumwunden zu: Was ORANGE THE JUICE hier auf "The Messiah Is Back" bietet, überschreitet meine musikbeschreibenden Fähigkeiten. Und zwar bei Weitem! Und die Musik ist sicher nur für diejenigen interessant, die das totale Chaos suchen. Doch musikalische Grenzenlosigkeit ist ja sozusagen ein Markenzeichen der Jahre 2014/2015 und ich durfte aus allen Stilrichtungen schon viel Horizonterweiterndes hören. Sowas wie ORANGE THE JUICE kam mir allerdings noch nicht unter.
Schon die Verpackung der CD ist reichlich ungewöhnlich. Die Hülle sieht aus wie eine originelle Einladung zu einer Hochzeit und eingepackt ist sie in eine pyramid-förmige rot-weiße Box. Dazu liegen an das Design angepasst verpackte Süßigkeiten bei.
Ganz schöne Plombenzieher muss ich sagen, doch das passt zur Musik. Neben der klassischen Rockbesetzung gehören jede Menge Blechbläser (Trompete, Tuba...) zum Line-Up des verrückten polnischen Ensembles. Und gleich beim ersten Track 'Romanian Beach' geht es in die Vollen: Auf ein noisiges Gitarrenriff folgt ein fetzig-funkiger Achtziger-Jahre-Fernsehserien-Part mit Bläsern, was aber schnell etwas mehr 'laid back' klingt, mit fluffigem Bass und jazzy Clean-Gitarren. Alle zwanzig Sekunden ändert sich der Takt und der Stil, scheinbar zusammenhanglos reiht die Band einen obskuren Part an den anderen. Jeder für sich ist extrem cool vorgetragen und birgt interessante Ideen, doch alle Regeln des Songwritings sind hier komplett über Bord geworfen. Zumal immer wieder noisige Eruptionen, geschrieene Vocals, hysterisches Gelächter und andere abseitige Geräusche mit eingestreut werden. 'Anstrengend' ist gelinde gesagt eine Untertreibung.
Aber es gibt Leute, die haben Bock auf so etwas und zu denen zähle ich mich. Und ich habe Freude daran, das Album ganz durchzuhören, und das gleich mehrmals. Alles ist sagenhaft gut eingespielt und aufgenommen, man fühlt sich, als wäre man mittendrin statt nur dabei bei dieser Freakshow. Und mit offenem Ohr spürt man die Genialität von einem Song wie beispielsweise 'Report': im Grunde lebt der Song von einem völlig abgepfiffenen Dialog zwischen Gitarre und Saxophon, der immer wieder durch eine Lautsprecher-Durchsage "please report to the main (train? play?) station" unterbrochen wird. Irgendwann verliert diese Stimme jedoch die Geduld und tickt völlig aus, die Instrumente verlieren sich in Dissonanzen und fügen sich in den Weiten des Weltalls wieder zusammen. Zu was? Ich kann es nicht sagen.
ORANGE THE JUICE treibt die Avantgarde auf die Spitze, Kreativität und Ideenreichtum dieser Band scheinen grenzenlos, dabei aber völlig ungebunden und ungebündelt Doch Kritik wie "das ist ja völlig strukturlos" und "wo ist hier der Song?" prallt von der Musik ab wie Wasser von Teflon. Darum geht es nämlich nicht. Worum es dann geht, darf der Hörer aber gerne selber herausfinden. Eine Erklärung ist jenseits von Worten.
Und eigentlich auch jenseits von Noten. Man kann auf das Album 0,5 und 10 Punkte geben und beides wäre verständlich. In Anbetracht, dass man das Album wirklich nur anhören kann, wenn man explizit Lust auf so etwas Obskures hat, ist die Höchstnote hier ausser Reichweite. Und leider ist 'I Was Wrong' auch kein einundzwanzig-minütiges alles zermalmendes Mega-Epos. Nach fünf Minuten kommt erst einmal eine zeitlang nichts und danach nur noch spacige Effekt-Spielereien, die man nicht unbedingt öfter als einmal hören muss. Alles andere dürfte für die (sicher sehr kleine) Zielgruppe jedoch ein Ohrenschmaus sein!
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Thomas Becker